Welches Land ist wie stark vom Virus betroffen? Was unternehmen Regierungen im Kampf gegen Sars-CoV-2? Die wichtigsten Daten und Fakten zum Coronavirus.
Alle Zahlen und Grafiken zum Coronavirus in der Schweiz finden Sie hier.
Die grosse Impfaktion gegen das Coronavirus ist Mitte Dezember angelaufen, immer mehr Länder verabreichen nun eines der Vakzine. Russland hat als erstes Land der Welt den selbst entwickelten Impfstoff «Sputnik V» verabreicht. Am 8. Dezember wurde in Grossbritannien die erste Person mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech geimpft, auf den nun auch viele andere Länder setzen. In China kommen die Mittel des Staatsunternehmens Sinopharm (CNBG) und des privaten Herstellers Sinovac zum Einsatz.
Inzwischen wurden weltweit schon über 40 Millionen Corona-Impfungen durchgeführt. Allerdings muss in der Regel zweimal geimpft werden. Die Zahl der verabreichten Impfdosen unterscheidet sich also von der Zahl der geimpften Personen.
Über 20 Millionen der weltweit verabreichten Impfdosen entfallen auf die USA und China. In Israel wurden bereits über zwei Millionen Impfungen durchgeführt. Grossbritannien hat bereits über vier Millionen Impfdosen verabreicht.
Betrachtet man die Zahl der Impfungen relativ zur Grösse der Bevölkerung, haben Israel und einige Golfstaaten pro Kopf bisher die meisten Impfdosen verabreicht. In Deutschland wurde Anfang des Jahres viel über einen angeblich verpatzten Impfstart diskutiert. Im Vergleich zu Dänemark und Italien und einigen anderen EU-Ländern fällt Deutschland inzwischen tatsächlich zurück.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Europa war im Herbst stark angestiegen und hatte Anfang November ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nordamerika und Europa haben weiterhin mit Abstand die meisten Neuinfektionen.
Vorsichtig optimistisch stimmende Zahlen kommen aus Irland und Grossbritannien. Eine neue und ansteckendere Virusvariante hatte sich dort im Dezember stark ausgebreitet und offenbar zu höheren Infektionsraten geführt. Die Zahlen in Irland und Grossbritannien haben Politiker und Politikerinnen in anderen Ländern alarmiert, in der Schweiz und in Deutschland wurden deshalb die Einschränkungen verschärft. Nun scheint der Anstieg der Neuinfektionen aber vorerst gestoppt. In den vergangenen Tagen ist die Zahl der täglich neu bestätigten Fälle in beiden Ländern stark gesunken. Ähnliches ist auch für Südafrika zu beobachten, wo ebenfalls eine Mutation grassiert. Die Lockdown-Massnahmen funktionieren also auch bei mutierten Virusvarianten.
Dennoch bleiben Irland und Grossbritannien im europäischen Vergleich weiterhin besonders stark betroffen.
Die meisten Neuinfektionen pro Kopf gibt es gegenwärtig allerdings in Portugal und Tschechien, gefolgt von Spanien.
In Spanien sind die Zahlen zuletzt wieder stark gestiegen - das Land verzeichnet gar neue Rekorde bei den Fallzahlen. Frankreich und Italien stehen im europäischen Vergleich derzeit besser da.
Tschechien war bereits im Herbst stark von der Pandemie betroffen, nun sind die Zahlen in den vergangenen Wochen wieder stark angestiegen. Tschechien meldete wieder so viele neue Fälle wie in der bereits sehr starken Welle im Herbst. Seit ein paar Tagen sinkt die Zahl der Neuinfektionen aber wieder.
Bei den oben genannten Werten handelt es sich immer nur um durch Tests bestätigte Neuinfektionen. Die tatsächliche Zahl der Infizierten dürfte in allen Ländern weit höher liegen, da eine Infektion mit dem Coronavirus teilweise ohne Symptome verläuft, sich die Infizierten nicht testen lassen und die Fälle so nicht entdeckt werden.
Auch beschränkte Testkapazitäten können die Zahl der unentdeckten Fälle weiter erhöhen. Gegenüber der ersten Welle haben viele europäische Länder die Testkapazitäten zwar stark erhöht, doch die Positivitätsraten liegen häufig weit über der 5-Prozent-Marke, welche von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen wird. Hohe Positivitätsraten weisen darauf hin, dass der Anteil unentdeckter Fälle besonders hoch ist.
Für den Vergleich der nordischen Länder heisst das beispielsweise, dass in Dänemark, wo die Testhäufigkeit hoch und die Positivitätsrate tief ist, mehr Fälle entdeckt werden als in Schweden, das pro Kopf weniger testet und wo die Positivitätsrate bei 20 Prozent liegt. Das Virus dürfte in Schweden darum weit verbreiteter sein, als es der Vergleich der Neuinfektionen zeigt.
Die mit Abstand meisten Tests pro Kopf werden jedoch aktuell in Österreich durchgeführt. Dort wird zurzeit ein Massentest auf Basis von Schnelltests durchgeführt, bei dem symptomlose Personen getestet werden. Bereits im Dezember wurde ein solcher durchgeführt, doch Österreich weist offenbar erst seit kurzem PCR- und Antigentests zusammen aus. In der Schweiz werden beide Typen ebenfalls gemeinsam ausgewiesen, international gibt es allerdings keine einheitliche Regelung. Deshalb ist ein Ländervergleich auch erschwert. Vergleicht man die Schweiz mit Österreich fällt insbesondere der grosse Unterschied in den Positivitätsraten auf (Österreich kleiner als 0,5%, Schweiz 12%). In der Schweiz dürfte also der Anteil der unentdeckten Fälle sehr viel höher sein.
Je nachdem, wie viele Menschen sich am Massentest beteiligen, könnte der Massentest als Vorbild für andere Länder dienen. In der Schweiz wird derzeit lokal ab und zu zum Instrument des Massentests gegriffen, aber landesweit kam es bisher nicht zum Einsatz. Namhafte Epidemiologen und Ökonomen fordern jedoch schon seit längerem, regelmässig einen grossen Teil der Bevölkerung zu testen.
Die Zahl der Todesfälle ist ein zuverlässigerer Indikator für die Stärke der Betroffenheit durch das Virus, da diese Zahlen nicht durch Unterschiede in der Testhäufigkeit verzerrt werden. In vielen europäischen Ländern ist in der zweiten Welle die Zahl der täglich neu verzeichneten Todesfälle wieder stark angestiegen. In Deutschland und Österreich liegt die Zahl der neuen Todesfälle derzeit deutlich über den Zahlen während der ersten Welle. In Frankreich und Spanien wurde dieser Höhepunkt nicht überschritten. Während Italien, Österreich und die Schweiz derzeit konstant hohe oder gar fallende Todeszahlen melden, steigen in Grossbritannien und auch Deutschland die Todeszahlen stark an.
Doch auch die Zahl der Todesfälle ist kein perfekter Indikator in dieser Pandemie: Zum einen sind die Todeszahlen gegenüber den Infektionszahlen einige Wochen verzögert, zum anderen kann sich die Definition, welche Todesfälle einen Zusammenhang mit Covid-19 aufweisen, von Land zu Land unterscheiden.
Bei weltweiter Betrachtung stehen Israel und Portugal an der Spitze der Länder mit den meisten Neuinfektionen pro Kopf. Unter den am stärksten betroffenen Ländern finden sich auch Tschechien, Spanien und der Libanon.
Im Nahen Osten hat sich die Lage in Israel erneut verschärft. Inzwischen wurde das Niveau der Fallzahlen vom Herbst weit überschritten, es gilt ein dritter Lockdown. Das Land setzt daher auch grosse Hoffnungen in die Impfungen, bei denen Israel pro Kopf weltweit an der Spitze liegt.
In den USA gibt es gegenwärtig wieder mehr neue tägliche Fälle als in der EU. In den vergangenen Wochen verzeichneten die USA mit 250 000 neuen Fällen pro Tag neue Rekorde bei der Zahl der Neuinfektionen. Seit ein paar Tagen ist wieder ein Abwärtstrend erkennbar. Aber noch ist unklar, ob es dieses Mal langfristig zu einer Reduktion der Fälle kommen wird. Die USA sind zudem weiterhin das Land, in dem seit Beginn der Pandemie absolut die meisten Infektionen verzeichnet wurden.
Auch in Lateinamerika scheint sich die Lage wieder zu verschärfen: Praktisch in allen bereits stark betroffenen Ländern steigen die Fallzahlen wieder stark an.
Die Länder Asiens verzeichnen pro Kopf weitaus weniger Infektionen als Länder anderer Kontinente. In Indien gab es jedoch über einen sehr langen Zeitraum steigende Fallzahlen – dort scheint sich die erste Welle über mehrere Monate hinweg ausgebreitet zu haben. Seit Ende des Sommers sind die Neuinfektionen in Indien aber wieder gesunken. Ein Wachstum der Fallzahlen lässt sich derzeit in Indonesien beobachten.
Auch weltweit gibt es bei den durchgeführten Tests grosse Unterschiede. Während in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Dänemark, Israel und auch Zypern sehr viele Tests gemessen an der Bevölkerungsgrösse durchgeführt werden, ist dies in Mexiko nicht der Fall. Das Land hat darum mit sehr hohen Positivitätsraten zu kämpfen, es dürfte dort besonders viele unentdeckte Fälle geben.
Ein Vergleich der weltweiten Todesfallzahlen zeigt, dass sie in zahlreichen Ländern derzeit wieder stark ansteigen.
Insgesamt haben sich laut der Johns-Hopkins-Universität bereits mehr als 96 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Es sind fast alle Länder der Welt von der Pandemie betroffen.
Betrachtet man sämtliche Coronavirus-Infektionen seit Beginn der Pandemie, so zeigt sich, dass insbesondere osteuropäische Länder, die USA, Länder im Kaukasus, Israel und Kleinstaaten im Nahen Osten pro Kopf sehr stark betroffen sind. Auch die Schweiz ist in der Liste der 20 Länder mit den meisten Corona-Fällen relativ weit vorne und gilt damit als sehr stark betroffenes Land.
Belgien, das in der Infektions-Rangliste weit vorne landet, weist bei den Todesfällen pro Kopf den mit Abstand höchsten Wert auf. Weltweit gilt aber ebenfalls: Selbst die Todesfallzahlen sind nicht eins zu eins vergleichbar, weil etwa Belgien auch Todesfälle in Altersheimen ohne positiven Corona-Test zählt und sich die Definitionen, was als Corona-Todesfall gilt, auch sonst unterscheiden können.
In vielen Ländern Europas und der Welt hat das Virus im vergangenen Jahr also deutliche Spuren hinterlassen. Auch in den kommenden Monaten dürfte Covid-19 weiterhin zahlreiche Menschenleben fordern. Hoffnung machen die Fortschritte bei der Entwicklung, Zulassung und Verteilung erster Impfstoffe. Doch bis die Pandemie so eingedämmt werden kann, dürfte es noch einige Zeit dauern.
Alle Zahlen rund um das Coronavirus in der Schweiz finden Sie hier.
Eine Analyse von Nikolai Thelitz, Alexandra Kohler, Barnaby Skinner, Jonas Oesch, Balz Rittmeyer, Joana Kelén, Anja Lemcke, Julia Monn, Christian Kleeb, Dominik Batz, Kaspar Manz, Florian Seliger und Eike Hoppmann.
Hinweis: Um sich über die Gefahren, die mit dem Coronavirus einhergehen, wie auch über aktuelle Massnahmen in der Schweiz zu informieren, besuchen Sie die Informationswebsite des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Weitere Informationen auf Englisch erhalten Sie auf der Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die NZZ hat alle Artikel zum Coronavirus hier zusammengestellt. Alles zu den Symptomen und Tipps für den Alltag finden Sie hier.
Methodikhinweis: Für diesen internationalen Vergleiche verwenden wir die Zahlen der Johns-Hopkins-Universität (JHU). Die Forscher der JHU erheben die Infiziertenzahlen aus verschiedenen Quellen, darunter jene von den Gesundheitsministerien, aber auch mittels inoffizieller und schneller Quellen wie Online-Nachrichtendiensten, und lassen sie jeweils von offiziellen Stellen bestätigen (im Detail hier erklärt). Die Grafiken werden wöchentlich aktualisiert.
Alle Zahlen, die wir zeigen, beziehen sich nur auf die bestätigten Coronavirus-Infektionen in den jeweiligen Ländern. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der effektiven Corona-Infizierten überall höher liegt. Die Wissenschafter sind darauf angewiesen, dass die Regierungsstellen korrekte Angaben machen, was nicht immer sichergestellt ist. Zudem können national oder regional unterschiedliche Vorgehensweisen und eine variierende Häufigkeit von Tests einen Einfluss auf die Vergleichbarkeit der Fallzahlen haben. Die Zahlen der JHU weisen zum Teil kleine Lücken und Korrekturen auf. Mehr dazu, wie die NZZ Daten zum Coronavirus verwendet, lesen Sie hier.