Switzerland
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«Es ist nicht entschuldbar»: BFS-Direktor erklärt das Zahlendebakel

Das Verteidigungsdepartement von Bundesrätin Viola Amherd muss sich erneut auf die Suche nach dem obersten Schweizer Sicherheitschef machen. Der designierte Staatssekretär Jean-Daniel Ruch hat sich entschieden, die Funktion nicht anzutreten.

Nach dem peinlichen Rechenfehler am Wahlsonntag geben sich die Verantwortlichen zerknirscht und geloben Besserung. Doch der Vorfall wirft kein gutes Licht auf das Bundesamt für Statistik.

Reto Wattenhofer / ch media

Der Direktor des BFS, Georges-Simon Ulrich, kurz vor Beginn einer Pressekonferenz des Bundesamtes fuer Statistik BFS, am Mittwoch, 25. Oktober 2023 in Bern. Im Nachgang zu den Eidgenoessischen Parlame ...

Georges-Simon Ulrich und sein Bundesamt haben kurzzeitig den Durchblick verloren.Bild: keystone

Seit zehn Jahren steht Georges-Simon Ulrich an der Spitze des Bundesamtes für Statistik (BFS). Doch selten dürfte ihm ein öffentlicher Auftritt schwerer gefallen sein wie jener, zu dem er die Journalisten am Mittwochmittag kurzfristig eingeladen hatte. Nüchtern als «Korrektur bei den publizierten nationalen Parteistärken 2023» angekündigt, geht der Tag wohl als die grösste Panne in der Geschichte der Statistikbehörde ein.

«Es ist nicht entschuldbar», sagte ein sichtlich zerknirschter Ulrich vor den Medien in Bern. Der BFS-Direktor informierte darüber, dass seinem Amt am Wahlsonntag ein Fehler unterlaufen sei - mit gravierenden Folgen. Seit Sonntag hiess es stets, die Mitte habe die FDP in der Wählergunst überholt.

Doch das ist Schnee von gestern. Bei einer Kontrolle zeigte sich, dass die Berechnung der Wähleranteile der Parteien fehlerhaft war. Konkret wies das BFS für die Mitte, FDP und SVP zu hohe Werte aus. Dagegen waren die Parteistärken von GLP, Grünen und SP zu tief (vgl. Tabelle). Als Reaktion hat der zuständige Bundesrat, Alain Berset, eine Administrativuntersuchung eingeleitet.

Fehler erst am Dienstagnachmittag entdeckt

Wie konnte der Fehler überhaupt geschehen? Laut Ulrich ist die Ursache eine fehlerhafte Programmierung, die benutzt wurde, um die kantonalen Wahldaten der beiden Appenzell und Glarus ins eigene System zu speisen. Diese Kantone liefern ihre Daten in einem anderen Format als der Rest der Schweiz. Das hatte zur Folge, dass die dort abgegebenen Stimmen für die Parteien mehrfach gezählt wurden - teilweise bis zu fünfmal.

«Wir bedauern den Fehler und nehmen den Vorfall sehr ernst», betonte Ulrich. Umso mehr erstaunt es, dass das BFS den Fehler erst am Dienstagnachmittag bemerkte und - angesichts der Tragweite - ein weiterer Tag verstrich, bis Bersets Innendepartement (EDI) aktiv die Öffentlichkeit informierte.

Auf Nachfrage rechtfertigte sich die zuständige BFS-Sektionschefin Madeleine Schneider mit der hohen Arbeitslast. Am Montag sei das Amt mit «vielen Fragen und Medienanfragen konfrontiert gewesen». Deswegen habe die standardmässige Überprüfung der Daten erst am Dienstag stattgefunden. Man hätte vielleicht mehr Personal aufbieten sollen, zeigte sich BFS-Chef Ulrich selbstkritisch. «Im Nachhinein ist man immer schlauer.»

Neues System wurde zu wenig getestet

Ein weiteres Rätsel bleibt, warum niemand vor oder am Wahlsonntag den Programmierfehler bemerkt hat. Erstmals kam nämlich ein neues System zum Einsatz, um die Wahlergebnisse zu berechnen. Davor wurde es noch nie verwendet. Schneider räumte ein, dass das System im Vorfeld wohl zu wenig getestet worden sei. Eine doppelte Kontrolle gebe es am Wahltag nur bei den Gewählten.

Allerdings erschwert auch die föderale Struktur die Arbeit der Statistiker. Die Kantone schicken ihre Daten nicht alle im selben Format. Darum muss das Amt sein System jeweils daran anpassen. «Wir würden die Programme gerne standardisieren», sagte Schneider. Ironischerweise haben die Statistiker den Fehler entdeckt, als sie die Daten mit dem alten System überprüften.

Bleibt die Frage nach der Glaubwürdigkeit der obersten Statistikbehörde des Landes. Amtsleiter Ulrich hofft, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Arbeit der Statistiker nicht erschüttert sei. «Wir haben einen Fehler festgestellt und haben dies kommuniziert», so Ulrich. Das sei nicht erfreulich. Und wenn es nun Spott gebe, dann müsse sein Bundesamt wohl damit leben können.

Welche Lehren zieht das BFS aus dem Fall? Ulrich kündigte an, künftig mehr Kontrollpersonal am Wahltag einzusetzen. Für personelle Konsequenzen sei es hingegen noch nicht zu früh. Erst müssten die Ergebnisse der Administrativuntersuchung abgewartet werden. (aargauerzeitung.ch)