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Wahlen in der Slowakei: Ein mögliches Problem für viele in der EU – und für die Ukraine

Wahlen in der SlowakeiEin mögliches Problem für viele in der EU – und für die Ukraine

Die prorussische Partei von Robert Fico schneidet deutlich besser ab als vorhergesagt. Gegen den dreimaligen Ministerpräsidenten wurde zuletzt ermittelt, nun muss er keine Sorge mehr vor Strafverfolgung haben.

Robert Fico (Mitte) feiert den Wahlsieg zusammen mit weiteren Mitgliedern seiner Partei Smer-SD in deren Hauptquartier in Bratislava.

Robert Fico (Mitte) feiert den Wahlsieg zusammen mit weiteren Mitgliedern seiner Partei Smer-SD in deren Hauptquartier in Bratislava.

Foto: Tomas Benedikovic (AFP)

Robert Fico ist zurück, der dreimalige Ministerpräsident kann in der Slowakei eine neue Regierung bilden: prorussisch, antidemokratisch. Mit knapp 23 Prozent schneidet seine Partei Smer-SD deutlich besser ab, als in allen Umfragen vorausgesagt. Mit der linkspopulistischen Partei von Ex-Premier Peter Pellegrini und der rechtsextremen Partei SNS kommt Fico auf eine Mehrheit von 79 von 150 Sitzen im slowakischen Nationalrat.

«Ich wünschte, es würde bedeuten, dass er seinen Sieg nur nutzt, um seine Straffreiheit zu erlangen, und nicht, um all die Drohungen wahrzumachen, die er die ganze Zeit ausgesprochen hat», schreibt am frühen Morgen ein Kommentator der slowakischen Tageszeitung Denník N.

Robert Fico hatte in seinen bisherigen Jahren als Regierungschef ein korruptes Netzwerk aus Vertrauen, Zuträgern, Mitarbeitern in Ministerien, Gerichten, Polizeidienststellen, Banken und Ämtern aufgebaut. Gegen etwa 200 Menschen in seinem Umfeld und auch gegen ihn selbst wurde ermittelt, wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung kam er im Frühjahr 2022 kurzzeitig in Untersuchungshaft, zu einer Anklage kam es nicht. Und wird es nun vorerst auch nicht mehr kommen.

Er will der Ukraine «keine einzige Patrone» mehr schicken

Für die europäischen Nachbarn und die Nato-Partner sowie für das Nachbarland Ukraine aber dürfte entscheidend sein, dass Robert Fico vor der Wahl angekündigt hatte, der Ukraine «keine einzige Patrone mehr» zu schicken, sollte er in die Regierung kommen. Sein potenzieller Koalitionspartner Pellegrini hatte sich zuletzt ebenfalls anti-ukrainisch geäussert und mit der Partei SNS holt sich Fico prorussische Verschwörungserzähler und Desinformatoren in die Regierung.

In Ungarn hatte Ministerpräsident Viktor Orbán schon im Wahlkampf Robert Fico zu seinem Favoriten erklärt. Nicht erfreut aber dürfte die proeuropäische Mitte-Rechts-Regierung von Petr Fiala in Prag sein. Auch die rechtsnationalistische PiS-Regierung in Warschau, die selbst am 15. Oktober zur Wahl steht, kann mit solchen Partnern im Verbund der vier Visegrád-Staaten wenig anfangen. Auch wenn die PiS zuletzt selbst sehr unfreundliche Töne gegenüber Kiew anschlug, wäre eine prorussische Regierung für sie ein Problem. Auch mit Ungarn hat sich Polen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine entzweit, obwohl der Politikstil der Regierungen sich ähnelt.

Erfolg für die liberale, proeuropäische Partei

Eine halbe Million Wählerinnen und Wähler aber haben sich für die liberale, proeuropäische Partei Progresívne Slovensko – Fortschrittliche Slowakei (PS) entschieden. Die Partei kommt auf knapp 18 Prozent und ist damit die zweitstärkste. Es ist das beste Ergebnis, das je eine liberale Partei in der Slowakei erreicht hat. Die Partei hatte angekündigt, die Gesundheitsversorgung entscheidend zu verbessern, wollte Krankenhäuser bauen. Hatte sich Klimaschutz und die eingetragene Lebenspartnerschaft für alle ins Programm geschrieben. Klar steht sie zu ihren Pflichten in EU und Nato und für die weitere Unterstützung der Ukraine.

«Wir haben genug von der Vergangenheit und dem Chaos», lautete ihr Wahlslogan, «Wählen wir die Zukunft». Die Partei wollte auch erreichen, dass weniger junge Menschen das Land verlassen – und dass andere zurückkehren. Etwa 20 Prozent der Schulabgänger gehen ins Ausland, von diesen kehrten etwa 60 Prozent nicht zurück, hiess es auf einer Pressekonferenz der PS.

Theoretisch könnte auch die PS eine Regierung bilden – ohne Ficos Partei – die sogar eine etwas grössere Mehrheit hätte. Doch es wäre eine äusserst komplizierte Koalition, in der auch Pellegrini mitarbeiten müsste und der hatte schon im Wahlkampf eindeutige Präferenzen für Fico geäussert.

Zudem hatte Präsidentin Zuzana Čaputová angekündigt, dem Wahlgewinner den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, so sei es üblich. Es wird ein schwerer Termin für die Präsidentin. Fico attackiert und beschimpft die Präsidentin seit Jahren persönlich, bezeichnet sie als Agentin der USA und noch deutlich schlimmeres. Die Präsidentin geht rechtlich gegen die Diffamierungen vor. Fico wird vermutlich kein Problem haben, seine potenziellen Partner zu einer Koalitionsvereinbarung zu bringen. Dann muss Čaputová Fico zum Premier ernennen.

Viktoria Großmann ist seit 2015 Redaktorin bei der «Süddeutschen Zeitung» und schreibt seither auch für die Tamedia. Mehr Infos

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