Zürcher StänderatswahlkampfMoser oder Rutz? Die Mitte will sich nicht entscheiden
Die Delegierten der Mitte haben Stimmfreigabe beschlossen. Sie unterstützen im zweiten Wahlgang weder Tiana Moser (GLP) noch Gregor Rutz (SVP). Es hätte durchaus anders kommen können.
Co-Präsidentin Nicole Barandun hat die Mitte-Delegiertenversammlung zum Thema Ständeratswahlen moderiert.
Foto: Ennio Leanza (Keystone)
Soll Die Mitte nach dem Rückzug ihres Kandidaten Philipp Kutter im zweiten Wahlgang GLP-Kandidatin Tiana Moser oder SVP-Kandidat Gregor Rutz unterstützen? Die Frage war für die Delegierten der Mitte am Mittwochabend gar nicht so einfach zu beantworten.
Einerseits hatten sich Die Mitte und die GLP vor diesen Wahlen auf nationaler Ebene stark angenähert – das gemeinsame Schlagwort lautet «dritter Pol». Nicht nur in Zürich hatten die beiden Parteien zudem eine Listenverbindung beschlossen. Gleichzeitig duellieren sich im Nachbarkanton Aargau für den zweiten Ständeratssitz SVP-Mann Benjamin Giezendanner und Mitte-Frau Marianne Binder, wobei Letztere auf die Unterstützung der GLP zählt. Die Zürcher Grünliberalen könnten also auf Gegenrecht pochen.
Anderseits hat die Zürcher Mitte-Regierungsrätin Silvia Steiner schon mehrfach von der Unterstützung der SVP (und der FDP) profitiert. Bei den kantonalen Wahlen ist Die Mitte im bürgerlichen Ticket eingebunden.
Zünglein an der Waage
Wie sich die Mitte-Delegierten entscheiden, ist wichtig, weil die Mitte-Wählenden am 19. November das Zünglein an der Waage sein könnten. Das Moser-Lager besteht voraussichtlich aus GLP, SP, Grünen sowie EVP und verfügt über einen Wähleranteil von gut 46 Prozent. Das Rutz-Lager SVP, FDP, EDU kommt auf etwas mehr als 41 Prozent der Wählerstimmen.
Nun haben sich die rund 90 Delegierten mit deutlichem Mehr für eine Stimmfreigabe entschieden. Das war auch der Antrag des Präsidiums gewesen, wie Mitte-Co-Präsidentin Nicole Barandun am Telefon berichtet – die Versammlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, damit sich die Delegierten ungezwungen äussern können.
«Wir sind weder links noch rechts.»
Nicole Barandun, Co-Präsidentin Die Mitte
Die Jungen hätten eher für Moser gesprochen, die älteren Mitglieder eher zugunsten von Rutz, berichtet Barandun. Die Frauenfrage sei aber kein Thema gewesen. Diskutiert worden sei vor allem, ob eine Stimmfreigabe die richtige Parole sei.
Den Ausschlag habe das Argument gegeben, dass sich ein Lagerwahlkampf abzeichne – und da wolle Die Mitte nicht mitmachen. «Hätten wir uns für eine Kandidatur entschieden, wären wir einem Lager zugeordnet worden», sagt Barandun. «Und das wollten wir nicht.» Die Mitte habe darauf hingearbeitet, einen dritten Pol zu bilden: «Wir sind weder links noch rechts», sagt die Co-Präsidentin.
Moser näher an Mitte als Rutz
Dabei hätten die Mitte-Delegierten durchaus Anhaltspunkte gehabt für einen Entscheid.
Zieht man die Panaschierstatistik der aktuellen Wahl zurate, zeigt sich eine grössere Nähe zwischen der Mitte und der GLP als zwischen der Mitte und der SVP. So haben die Mitte-Wählenden der GLP 23’600 zusätzliche Stimmen beschert. Die SVP erhielt nur 12’300 Zusatzstimmen, also etwa halb so viele.
Vergleicht man die persönlichen Mitte-Panaschierstimmen zugunsten von Moser und Rutz auf den Wahlzetteln für den Nationalrat, ist der Unterschied noch grösser. Tiana Moser erhielt 4200 Stimmen, Gregor Rutz bloss 1600.
Fastzwillinge Jositsch und Moser
Auch die Smartvote-Profile der einzelnen Kandidierenden zeigen ein eindeutiges Bild. Während das Profil von Tiana Moser recht grosse Übereinstimmungen mit jenem von Philipp Kutter aufweist, unterscheidet sich die Smart-Spider von Gregor Rutz stark von jener Kutters.
Am ähnlichsten sind sich gleichwohl die Smartvote-Profile von Tiana Moser und dem bereits im ersten Wahlgang gewählten Daniel Jositsch (SP).
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