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Finanzierung von Wohneigentum: Saron erstmals teurer als Festhypotheken: Sollen Hausbesitzer wechseln?

Finanzierung von WohneigentumSaron erstmals teurer als Festhypotheken: Sollen Hausbesitzer wechseln?

Für Eigentümerinnen mag es verlockend klingen, aufgrund der aktuellen Zinssätze von einer Saron- auf eine Festhypothek zu wechseln. Warum das ein Fehler wäre.

Die Zinssätze für Festhypotheken sind auch wegen der Unruhen in Nahost in den vergangenen Tagen gesunken.

Die Zinssätze für Festhypotheken sind auch wegen der Unruhen in Nahost in den vergangenen Tagen gesunken.

Foto: Urs Jaudas («Tages-Anzeiger»)

Warum liegt der Saron über den Festhypotheken?

Zum ersten Mal seit ihrer Einführung kosten Saron-Hypotheken mehr als mehrjährige Festhypotheken. Im Gegensatz zu Festhypotheken wird der Zinssatz der Geldmarkthypothek Saron fortlaufend angepasst. Ausschlaggebend ist dabei der Leitzins der Nationalbank. Dass der Saron jetzt teurer ist, zeigen Durchschnittswerte, die das Vergleichsportal Moneyland erhoben und am Mittwoch veröffentlicht hat.

Da für längerfristig ausgeliehenes Geld grundsätzlich höhere Zinsen verrechnet werden, mag diese Zinsentwicklung auf den ersten Blick überraschen. Doch auch schon vor der Einführung des Saron, der bis Ende 2021 umgesetzt sein musste, gab es immer wieder vergleichbare Situationen.

Der Saron verharrt seit Juni auf hohem Niveau. In den vergangenen Tagen sind die Zinssätze für Festhypotheken so tief gefallen, dass sie derzeit günstiger sind.

Als Grund nennt Alexander Koch, Konjunkturanalyst bei der Raiffeisen-Gruppe, die Unruhen in Nahost: «Die Schweiz gilt vermehrt als sicherer Hafen, was zu einer weiteren Aufwertung des Schweizer Frankens führt.» Deshalb erwarten die Märkte, dass die Nationalbank dem mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik schneller als bisher erwartet entgegenwirkt und die Leitzinsen senkt. Das widerspiegelt sich insbesondere in den Zinssätzen für zwei- bis fünfjährige Festhypotheken, die seither gesunken sind.

Sollten Wohneigentümer jetzt auf Festhypotheken wechseln?

Nein. Es wäre falsch, aufgrund einer kurzfristigen Zinsentwicklung die Strategie zu ändern. Adrian Wenger, Hypothekenexperte beim VZ Vermögenszentrum, warnt gar ausdrücklich vor einem solchen Schritt.

Dabei zieht er einen Vergleich zur Immobilienkrise in den USA vor rund 20 Jahren, deren Auswirkungen bis in die Schweiz zu spüren waren. Damals habe es reihenweise Kundinnen und Kunden gegeben, die in der Hoffnung auf ein gutes Geschäft auf langjährige Festhypotheken gewechselt hätten. «Die mussten anschliessend jahrelang hohe Zinsen aussitzen, weil die Rückkehr zu den bald schon wieder günstigeren Geldmarkthypotheken nicht mehr möglich war.»

Erfahrungen aus der Vergangenheit würden zeigen, dass Geldmarkthypotheken wie der Saron jeweils nur für kurze Zeit teurer seien als Festhypotheken, sagt Wenger. Denn eine Notenbank könne sich in aller Regel dem Druck der Märkte nicht lange entziehen. Wenger rät deshalb Konsumentinnen und Konsumenten, verlockenden Angeboten zu widerstehen: «Das momentan teurere Modell ist längerfristig attraktiver.»

Wohneigentümer sollten ein weiteres Kriterium berücksichtigen: Festhypotheken bieten mehr Planungssicherheit: Auf Jahre hinaus lässt sich berechnen, wie stark die Wohneigentumsfinanzierung das Haushaltsbudget belastet. Bei der Saron-Hypothek, die fortlaufend dem Markt angepasst wird, ist das nicht möglich.

Wie entwickelt sich der Saron?

Konjunkturanalyst Alexander Koch geht nicht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank den Leitzins auf Jahressicht bereits wieder senkt. Entsprechend rechnet er damit, dass die Zinssätze für Saron-Hypotheken vorläufig auf hohem Niveau bleiben. Er räumt aber ein, dass sich die aufgrund des starken Frankens erwartete Leitzinssenkung ab Mitte 2024 derzeit in den Marktzahlen widerspiegelt.

In diesem Punkt vertritt Adrian Wenger vom VZ Vermögenszentrum wie angedeutet eine andere Meinung: Nach seiner Einschätzung deutet die flache Zinskurve auf eine raschere Zinssenkung hin.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick in die Vergangenheit: Während rund drei Jahrzehnten sind die Zinssätze, abgesehen von einigen erheblichen Schwankungen, kontinuierlich gesunken. Bei sinkenden Sätzen waren die Geldmarkthypotheken gegenüber langfristigen Festhypotheken klar im Vorteil. Denn bei einer Festhypothek wurde die Zinssenkung bis Ende der Vertragslaufzeit nicht an die Wohneigentümer weitergegeben. Diese Phase ist jetzt vorbei.

Wie weiter bei den Zinsen für Festhypotheken?

Wenn sich geopolitische Konflikte verschärfen, dürften laut Koch die Zinssätze für zwei- bis fünfjährige Festhypotheken weiter sinken. Auch eine Abschwächung der Wirtschaft in China oder den USA könnte diesen Trend verstärken.

Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Zinssätze für Festhypotheken auf Erwartungen und nicht auf Fakten basieren. Erwartungen können sich als falsch herausstellen. In diesem Fall käme es zu einer raschen Korrektur. Im Gegensatz dazu basiert der Saron auf der Geldmarktpolitik der Nationalbank und nicht auf Erwartungen.

Wo soll ich meine Hypothek abschliessen?

Das Portal Moneyland hat auch die Hypothekarzinssätze von Banken, Versicherern und Onlineanbietern verglichen. Teilweise vermarkten traditionelle Banken Hypotheken über einen Onlinekanal. Bei Onlineangeboten fällt die persönliche Beratung weitgehend weg. Im Gegenzug erhalten Interessierte etwas günstigere Konditionen.

Laut Benjamin Manz von Moneyland eignen sich die Onlineangebote besonders für Personen, die eine bestehende Hypothek ablösen und mit der Wohneigentumsfinanzierung bereits Erfahrungen gesammelt haben. «Da dieses Geschäft nicht trivial ist, lohnt es sich beim ersten Mal, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen», sagt er.

Der Vergleich zeigt, dass Versicherer durchschnittlich etwas teurer sind als die Onlineanbieter. Noch ein wenig höher liegen die Zinssätze der traditionellen Banken, die aber auch über viel Know-how verfügen.

Der Vergleichszahlen von Moneyland basieren auf Richtwerten. Manchmal ist auch von Schaufensterzinssätzen die Rede. Bei Onlineanbietern sind diese kaum verhandelbar, bei klassischen Banken hingegen schon. Bei sehr guter Bonität und einem hohen Finanzierungsanteil an Eigenmitteln können bei einer traditionellen Bank unter Umständen ähnlich gute Konditionen ausgehandelt werden wie bei einem Onlineanbieter.

Bernhard Kislig ist Redaktor im Ressort Wirtschaft der Zentralredaktion von Tamedia. Er beantwortet Fragen zu Geld und Recht. Daneben recherchiert er diverse Wirtschaftsgeschichten. Zu seinen Themenschwerpunkten zählen berufliche Vorsorge, Anlage-Themen, Blockchain und Steuern. Mehr Infos@berrkii

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