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Zwei Abstimmungen zu Netto null: Klimaschutz kommt in die Zürcher Verfassung

Zwei Abstimmungen zu Netto nullKlimaschutz kommt in die Zürcher Verfassung

Stadt und Kanton Zürich fällen heute zwei Grundsatzentscheide zum Klimaschutz. Für den Klimaschutzartikel auf Kantonsebene zeichnet sich laut Hochrechnungen ein deutliches Ja ab.

Soll die Eindämmung der Treibhausgase als verbindliches Ziel der Zürcher Politik festgeschrieben werden? Darüber entscheiden die kantonalen Stimmberechtigten heute Sonntag. Der Regierungsrat und eine Mehrheit des Kantonsparlaments sind dafür – der Klimaschutz als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit soll auch in der Kantonsverfassung verankert und damit für alle Zürcher Gemeinden Pflicht werden.

Das sieht eine Mehrheit der Stimmberechtigten offenbar ähnlich. Laut Hochrechnungen des Statistischen Amts sagen die Stimmberechtigten Ja zum Klimaschutzartikel.

Für Baudirektor und «Klimaminister» Martin Neukom (Grüne) bahnt sich damit nach dem klaren Volks-Ja zum Energiegesetz im vergangenen November erneut ein Erfolg an der Urne an.

Rauch aus Kaminen in Zürich: Der Kampf gegen CO₂ soll für alle Zürcher Gemeinden Pflicht werden. 

Rauch aus Kaminen in Zürich: Der Kampf gegen CO₂ soll für alle Zürcher Gemeinden Pflicht werden. 

Foto: Urs Jaudas

Der neue Verfassungsartikel definiert das Ziel der Treibhausgasneutralität, kurz netto Null. Er erteilt dem Kanton und den Gemeinden verbindlich den Auftrag, sich für die Begrenzung des Klimawandels und seinen Auswirkungen einzusetzen. Massnahmen sollen unter anderem beim Bauen, im Verkehr, in der Landwirtschaft oder im Gewerbe umgesetzt werden. Kanton und Gemeinden können – müssen aber nicht – auch entsprechende Technologien fördern.

«Chance für Wirtschaftsstandort»

Ein konkretes Jahr, bis zu dem Netto null erreicht werden soll, gibt der neue Artikel nicht vor. Er soll sich flexibel an die jeweiligen Vorgaben von Bund und internationalen Abkommen anpassen. Aktuell ist das massgebende Klimaziel des Bundes: Netto null bis 2050, um die Klimaerwärmung auf maximal 1,5 Grad zu beschränken.

Ja sagten im Vorfeld SP, FDP, Grüne, Grünliberale, die Mitte, EVP und AL. Die Klimakrise sei eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit, argumentierten sie. Deshalb gehöre der Schutz des Klimas auch ins Grundgesetz.

Gemeinden erhielten damit nicht nur den Auftrag, sondern auch die Legitimation, sich aktiv gegen die Klimakrise einzusetzen. Als grösster Kanton und Wirtschaftsmotor habe der Kanton Zürich eine besondere Verantwortung. Die Transformation zu einem faktischen Null-Ausstoss von Treibhausgasen sei eine «Chance für den Wirtschaftsstandort und das Gewerbe» und es eröffneten sich Chancen für eine bessere Lebensqualität im Kanton Zürich.

«Reine Symbolpolitik»

Die SVP kritisierte den Verfassungsartikel als unnötig und «reine Symbolpolitik». Die Kantonsverfassung halte bereits heute fest, dass Kanton und Gemeinden für den Schutz des Menschen und der Umwelt zu sorgen haben und nachhaltige Technologien fördern können.

Die SVP befürchtet zudem, die Regelungen würden weit schärfer ausfallen als vom Bund gefordert, und die finanziellen Folgen kämen Unternehmen und Einwohnerinnen und Einwohner teuer zu stehen. «Staatliche Zwangsmassnahmen» seien für die Lösung des Klimaproblems nicht zielführend.

Stadt stimmt über Netto null bis 2040 ab

Auch in der Stadt Zürich kommt heute Sonntag eine Klimavorlage zur Abstimmung. Hier soll das Klimaschutzziel in der Gemeindeordnung verschärft werden. Statt um eine Tonne CO₂ pro Kopf bis 2050, wie 2008 beschlossen, sollen die direkten Treibhausgasemissionen schon bis 2040 auf null sinken, um dem Pariser Klimaabkommen zu genügen.

Eine Hochrechnung gibt es nicht, mit ersten Resultaten aus den Wahlkreisen ist laut der Stadtkanzlei ab 14.15 Uhr zu rechnen, mit dem Schlussresultat frühestens ab 16.15 Uhr.

Ja sagen SP, Grüne, AL, Die Mitte, EVP, FDP und GLP. Der Klimawandel bedrohe unsere Lebensgrundlagen und wirke sich negativ auf unsere Umwelt aus, deshalb soll die Stadt rasch handeln und netto Null bereits 2040 erreichen.

Für die SVP ist netto Null «ein Trojaner, der nicht hält was er verspricht». Sie befürchtet negative Auswirkungen auf Bevölkerung, Gewerbe und Wirtschaft. Dabei werde der weltweite CO₂-Ausstoss nicht einmal im Promillebereich verändert. 

Martin Huber ist Redaktor im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft. Er studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Zürich.

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@hubermth

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