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Sweet Home: Midcentury-Architektur: So privat können offene Bauten sein

Sweet Home: Midcentury-ArchitekturSo privat können offene Bauten sein

Bei der modernistischen Architektur ist der Übergang vom Drinnen zum Draussen fliessend und die Privatsphäre heilig. Vier Beispiele

1 – Casa Citron im Tessin

Wohnzimmer im Casa Citron im Tessiner Carona. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Wohnzimmer im Casa Citron im Tessiner Carona. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Bei der Midcentury-Architektur, die sich seit dem Bauhaus etabliert hat, verbindet sich der Aussenbereich mit dem Wohnbereich auf schönste Weise. Denn es geht dabei nicht nur darum, einfach möglichst viele Glasfassaden einzubauen, sondern um Schönheit, Wohnqualität und gute Ideen wie hier im Casa Citron von Atelier 5, in dem das Kreativpaar Michelle Nicol und Rudolf Schürmann teilweise lebt. Wir haben die beiden vor drei Jahren für Sweet Home besucht

Veranda im Haus Citron von Atelier 5. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Veranda im Haus Citron von Atelier 5. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Der wichtigste Unterschied der Midcentury-Architektur zur zeitgenössischen modernen Architektur ist die Privatsphäre. Die meisten modernen Bauten, die überall entstehen, bieten freie Sicht auf den Wohnbereich. Und da viele Bewohner zudem keine Vorhänge haben, ist das Leben in diesen Wohnungen kein privates mehr. Die Fensterfronten reichen fast immer bis zum Boden. Zudem haben die Räume auch sehr wenige Wände und die Möbel werden einfach im Raum verteilt. Nicht so bei der Midcentury-Architektur. Hier öffnen sich die Wohnräume zwar zur Natur hin, doch die Innen- und Aussenräume bleiben privat und es gibt kaum Einsichten, wie die Terrasse des Casa Citron zeigt.

Das Casa Citron ist in den Hang gebaut. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Das Casa Citron ist in den Hang gebaut. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Ein Element, welches das Casa Citron von Atelier 5 stark prägt, sind drei Gewölbebögen, die ihm auf modernistische Art eine gewisse italienische Grandezza verleihen. Den Namen hat das Haus vom Apotheker, für den es einmal gebaut wurde und nicht etwa wegen Zitronenbäumen, denn davon sind keine da. Im Winter wird es hier ziemlich kalt.

Hier geht es zur Homestory von Michelle Nicol und Rudolf Schürmann.

2 – Haus Möhl in Kerzers (FR)

Tiefe Fenstersimse statt einfach Glaswände bis zum Boden. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Tiefe Fenstersimse statt einfach Glaswände bis zum Boden. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

In diesem Haus zeigen sich weitere wohnliche Architekturideen. Gebaut wurde es in den Sechzigerjahren, ebenfalls vom bekannten Schweizer Architektenteam Atelier 5, und es ist als Haus Möhl bekannt. Es ist das Zuhause der Designerin und Modefrau Irène Münger und ihrer Familie. Die hohen Fenster haben mit edlen, dünnen Rahmen Eleganz bekommen und gehen nicht bis zum Boden, sondern bieten wunderbar breite Fenstersimse aus Stein in Sitzhöhe.

Von der Küche gibt es Aussicht in den Garten. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Von der Küche gibt es Aussicht in den Garten. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Überall verbinden sich die Innenräume mit dem Garten. So steht die halb offene Küche so, dass sich ein grosses Schiebefenster zum Garten öffnen lässt. Gewisse Fenster in der Midcentury-Architektur sind so konzipiert, dass sie nutzbar sind. Dieses hier hat transparente Regale bekommen, sodass viel Licht in den Raum scheint und es trotzdem Aussicht bietet.

Die Pergola im Haus Möhl. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Die Pergola im Haus Möhl. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Die Naturverbundenheit des Hauses ist so stark, das seine Mauern mit Pflanzen überwachsen sind. Ein grosser Kiwibaum verbindet sich mit einer anderen Kletterpflanze und umarmt nicht nur das Haus, sondern auch die Pergola über dem Sitzplatz im Garten. Davor befindet sich ein zugewachsener Seerosenteich, in dem Frösche wohnen.

Hier geht es zur Homestory von Irène Münger.

3 – Einfamilienhaus am Stadtrand von London

Steht zum Verkauf: Midcentury-Haus am Stadtrand von London. Foto über: The Modern House
Steht zum Verkauf: Midcentury-Haus am Stadtrand von London. Foto über: The Modern House

Wunderschöne Architektur entdeckt man immer wieder auf der wohl besten Immobilienplattform für moderne Architektur The Modern House. So ist gerade dieses attraktive Haus aus dem Midcentury ausgeschrieben, das am Stadtrand von London steht. Es ist übrigens mit einem Preisschild von einer Million Pfund versehen, einem Preis, für den man in Zürich wahrscheinlich nicht mal eine Einzimmerwohnung bekommt. Das Haus ist eines von vier Häusern, das 1960 vom Architekten Roy Hickman entworfen wurde. Wie die Immobilienseite die englische Architektur in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beschreibt, war diese die spannendste Epoche für den privaten Wohnungsbau. Sie war stark beeinflusst von der Einführung der Zentralheizung, der Verfügbarkeit von grossen Glasplatten und dem Fehlen von Hausangestellten, welche bis zum Krieg in fast allen Haushalten arbeiteten.

Sehr schön wurde auch hier der Bezug vom Innen- zum Aussenbereich und der Respekt zur Privatsphäre umgesetzt. Das Haus trennt sich vom Garten mit einer erhöhten Veranda. So sieht man vom Garten aus nicht direkt in die Stube.

Das Haus ist wohnlich und passend zum Stil eingerichtet. Foto über: The Modern House
Das Haus ist wohnlich und passend zum Stil eingerichtet. Foto über: The Modern House

Wohnlichkeit war im Midcentury viel wichtiger als heute. Obschon damals die Moderne begann, hat man nicht auf Minimalismus und Showroomeffekt gesetzt, wie zum Beispiel in vielen hiesigen zeitgenössischen Glasbauten. Auch hatten die Menschen keine Angst vor Vorhängen und Teppichen. In England haben sie das auch heute noch nicht: Wer in modernen Bauten wohnt, respektiert den Wohnstil der Epoche, zu dem ganz klar auch Wohnlichkeit und Textilien gehören. Das sieht man übrigens auch in den Schweizer Architekturbüchern, die Häuser und Einrichtungen der Midcentury-Zeit zeigen.

Balkon mit Sitzgruppe. Foto über: The Modern House
Balkon mit Sitzgruppe. Foto über: The Modern House

Neben Gärten und Terrassen gehören auch Balkone zu den Häusern dieser Zeit. Etwas, das in der englischen Architektur vor dem Midcentury praktisch nicht vorkam. Wie schön sich dies passend zur Architektur einrichten lässt, zeigt dieses Beispiel.

Hier geht es zum Immobilienbeschrieb und vielen inspirierenden Bildern.

4 – Ein Pavillonhaus zwischen Bäumen

Pavillonhaus aus den Sechzigerjahren. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Pavillonhaus aus den Sechzigerjahren. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Dieses besondere Haus aus dem Midcentury steht diskret zwischen grossen Bäumen. Die Innenräume sind lichtdurchflutet und bieten eine grossartige Aussicht auf die umliegende Natur. Das Pavillonhaus wurde in den späten Sechzigerjahren vom Schweizer Architekten Pierre Zoelly als Prototyp für ein Systemhaus gebaut. Die Architektin Gabriele Frei Friedrich, die mit ihrer Familie dort wohnt, hat es mit viel Respekt und Detailliebe so umgebaut und eingerichtet, dass es in die heutige Zeit passt und persönlichen Lebens- und Arbeitsraum für die Familie bietet. Das Haus besteht aus verschiedenen modularen Pavillonkomplexen, die jeweils für die unterschiedlichen Wohnbereiche Raum bieten. Dadurch und mit der gelungenen Kombination von Strenge und Sinnlichkeit mutet es japanisch an und bietet trotz der Offenheit auch viel Geborgenheit und Platz für Persönliches.

Glasgang mir Bücherregal. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Glasgang mir Bücherregal. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Mit einem diskreten Anbau hat die Architektin dem Haus fast doppelt so viel Wohnraum und sich selbst ein Atelier geschaffen. Ein Glasgang verbindet die beiden Gebäudeteile. Er hat ein Bücherregal bekommen, das die Idee wohnlich nutzbarer Fenster der Midcentury-Architektur aufnimmt und gleichzeitig Sichtschutz vor den Nachbarn bietet.

Pyramidendach mit Oberlicht. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home
Pyramidendach mit Oberlicht. Foto: Rita Palanikumar für Sweet Home

Im Zentrum der Architektur steht ein modulares Pyramidendachsystem. Die Pyramiden waren inwendig ursprünglich türkis gestrichen. Gabriele Frei hat sie selbst in liebevoller, langwieriger Handarbeit mit Silberpapier verkleidet. Die Fensterfronten wurden mit praktischen Schiebetüren versehen, damit das Haus bei warmem Wetter einfach geöffnet werden kann. Die Schränke sind ein tragender Bestandteil der ursprünglichen Architektur. Ein cleveres Prinzip, das Staufläche bietet und Fenster anstelle von Wänden ermöglicht.

Hier geht es zur Homestory von Gabriele Frei Friedrich und ihrer Familie.

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