Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Strenger als Coop und Migros: Von Aldi kommt jetzt das günstigere Bio-Label

Strenger als Coop und MigrosVon Aldi kommt jetzt das günstigere Bio-Label

Bio Suisse wollte Aldi nicht in ihr Knospenlabel aufnehmen. Nun schlägt der Discounter mit einer eigenen Schweizer Biolinie zurück und macht den Biolabel-Dschungel so noch dichter.

Der Discounter Aldi bietet einen neuen Biostandard an und setzt dabei auf strengere Kriterien als das Knospenlabel von Bio Suisse. 

Der Discounter Aldi bietet einen neuen Biostandard an und setzt dabei auf strengere Kriterien als das Knospenlabel von Bio Suisse. 

Foto: PD

Die Nachhaltigkeitsversprechen von Grosskonzernen sind gross. Fast so gross wie die Vielzahl an Biolabels, die es heute auf dem Markt gibt. Aldi Suisse doppelt nun nach und lanciert in der Schweiz seinen eigenen Biostandard. «Unsere Marke ‹Retour aux sources› baut auf den Richtlinien von Bio Suisse auf, geht aber einen Schritt weiter», sagt Geschäftsleiter Jérôme Meyer.

Punkto Tierhaltung und Futter verfolgt der Discounter tatsächlich höhere Richtlinien, als sie das Knospenlabel von Bio Suisse vorschreibt. Das Futtermittel darf nur aus der Schweiz stammen, und auf Kraftfutter wie Soja oder Mais wird gänzlich verzichtet. Beim Knospenlabel stammt zwar ebenfalls das gesamte Futtermittel aus der Schweiz, es darf aber bis zu fünf Prozent Kraftfutter eingesetzt werden.

Strenger ist Aldi auch beim Einsatz von Antibiotika, der fast gänzlich verboten ist. Bei Bioprodukten der anderen Anbieter ist das nicht der Fall; der Antibiotikaeinsatz ist einfach strenger geregelt als bei konventionellen Produkten.

Coop hatte die Hände im Spiel, um Aldi abzuwehren

Bio Suisse hatte Aldi Suisse für den Beitritt zum Knospenlabel vor zwei Jahren kurz vor Vertragsabschluss eine Abfuhr erteilt. Und zwar, indem sie die Richtlinien anpasste und verlangte, dass Detailhändler mindestens 800 Bioprodukte im Sortiment führen. Coop als grösster Lizenznehmer sei an der Abwehraktion gegen Aldi nicht ganz unschuldig gewesen, hiess es damals aus dem Umfeld von Bio Suisse.

Eine Trotzreaktion sei das neue Aldi-Label nicht, sagt Jérôme Meyer. Man wolle nicht stehen bleiben und auch nachhaltige Produkte günstig in der Schweiz anbieten. Aktuell hat Aldi mehr als 350 Bioprodukte im Sortiment. Ein Teil davon wird unter den Namen «Nature Active Bio» und «Bio Natura» geführt; diese unterliegen den lascheren Biostandards der EU. Ein Liter Milch der neuen Schweizer «Retour aux sources»-Linie kostet 1.79 Franken. Zum Vergleich: Coop bietet Biomilch für 1.85 Franken pro Liter an. Ebenso die Migros, die mittlerweile ebenfalls dem Knospenlabel beigetreten ist.

Bio-Kundinnen reagieren weniger preissensibel

Für Aldi Suisse kommt der Produktestart gerade gut gelegen. In Zeiten steigender Nahrungsmittelpreise könne man so gegenüber den klassischen Detailhändlern eine günstige Bioalternative anbieten. Während in Deutschland preisbedingt bereits weniger Bioprodukte eingekauft werden, zeichnet sich in der Schweiz noch kein derartiger Trend ab. Laut dem Gottlieb-Duttweiler-Institut der Migros reagieren Bio-Kunden nicht so preissensibel. Sie sind bereit, einen etwas höheren Preis für nachhaltige Produkte zu bezahlen. 

Der Konsumentenschutz erachtet es als positiv, dass Aldi weiter geht als die herkömmlichen Biolabels und die beiden grossen Detailhändler in der Schweiz. Selbst Demeter, das in vielen Bereichen strengste Label, verzichte nicht gänzlich auf Antibiotika, sagt Josianne Walpen, Ernährungsexpertin beim Konsumentenschutz. Die antibiotikafreie Tierhaltung sei jedoch nicht unumstritten: Die Behandlungen ohne Antibiotika seien für die Tiere zum Teil schmerzhaft und dauerten lange. Und sie brächten für die Tierhalterinnen einen hohen Aufwand mit sich.

Labels für Konsumentinnen teils verwirrend

Für die Konsumenten kann es aber schwierig sein, die Unterschiede der verschiedenen Biostandards auszumachen. «Schade ist, dass Aldi auch in Zukunft mehrere Biolabels in seinem Sortiment führt», sagt Walpen. «Das macht es für die Konsumentinnen und Konsumenten schwierig, die Labels und ihre Anforderungen zu kennen.»

Christine Schäfer, Forscherin am Gottlieb-Duttweiler-Institut, traut den Konsumentinnen von nachhaltig hergestellten Lebensmitteln zu, dass sie den Überblick dennoch behalten können. Dass es immer mehr Labels gibt, könne zwar für Konsumentinnen und Konsumenten unübersichtlich sein. Doch die Konsumentenverwirrung besonders bei Bio-Kunden werde überschätzt. Denn sie seien meist kritisch eingestellt und nähmen die Produktionsbedingungen genauer unter die Lupe.

Bianca Lüthy ist Wirtschaftsredaktorin und schreibt über die Tourismusbranche, den Detailhandel sowie den Immobilienmarkt. Sie hat Journalismus und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2018 im Tagesjournalismus tätig.

Mehr Infos

Fehler gefunden? Jetzt melden.