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Neue Konkurrenz bei Social Media: Diese Apps wollen besser sein als Facebook

Neue Konkurrenz bei Social MediaDiese Apps wollen besser sein als Facebook

Hallo, Talkwell, Somewhere Good: Drei Social-Media-Apps treten an, es besser zu machen als die Grossen.

Soziale Netzwerke: Leider gehören sie oft grossen Konzernen, die nicht immer das Wohl ihrer Nutzerinnen im Sinn haben.

Soziale Netzwerke: Leider gehören sie oft grossen Konzernen, die nicht immer das Wohl ihrer Nutzerinnen im Sinn haben.

Foto: Christoph Dernbach (Keystone)

Wie kann man Social Media besser gestalten? Diese Frage stellen sich Unternehmerinnen nicht erst, seitdem die Twitter-Übernahmegelüste von Elon Musk bekannt wurden. Für Nutzer ist sie deshalb derzeit wieder aktueller.

Wir stellen drei Apps vor, die versuchen, andere Wege zu gehen. Ihnen ist eines gemeinsam: Sie setzen nicht auf die klassischen Mechanismen, möglichst viele Followerinnen, Views oder Likes zu generieren oder sich endlos in den Netzwerken zu verlieren.

Hallo – die App für «echte» Freundinnen

Hallo soll sich nicht eignen für Marken oder Influencer und werbefrei bleiben.

Hallo soll sich nicht eignen für Marken oder Influencer und werbefrei bleiben.

Screenshots: App Store

Die App Hallo rühmt sich, echte Beziehungen unter echten Menschen zu ermöglichen – also eigentlich so wie im echten Leben, nur, na ja, in der App. Der Ansatz: Das Hinzufügen von Freunden funktioniert nur über im Handy hinterlegte Telefonnummern. Wenn man die Telefonnummer einer Person habe, so die Argumentation, würde man wohl auch mit dieser Person verbunden sein wollen.

Entsprechend schnell geht der Anmeldeprozess vonstatten: Nutzernamen ausdenken, Handynummer eingeben, per Code bestätigen, fertig. Dann herrscht erst einmal gähnende Leere. Im Gegensatz zu Twitter oder Facebook gibt es keine Vorschläge, wem man doch folgen solle, oder Inhalte, die ungefragt angezeigt werden. Da man die Kontakte auf dem Telefon freigeben muss – eigentlich ja etwas, was man ungern tut –, kann man diese einladen und bekommt hier und da angezeigt, ob bereits gemeinsame Kontakte auf Hallo bestehen. 

Die Möglichkeiten sind begrenzt, aber das ist vielleicht gerade der Punkt.

Dann muss man die Plattform also selbst zum Leben erwecken: Über den Hallo-Button hat man die Möglichkeit, Bilder und Bildergalerien zu erstellen, Statusnachrichten zu schreiben oder Audio aufzunehmen. Die Funktionen sind recht einfach: Ein Bild kann man nur spiegeln und drehen, weitere Bearbeitungstools oder gar Filter sucht man vergebens. Tonnachrichten werden direkt hochgeladen, man kann lediglich ein Bild hinzufügen. Alle Beiträge bleiben nur 30 Tage online, danach sind sie für Kontakte nicht mehr sichtbar und werden im eigenen Profil archiviert.

Zusätzlich zum Newsfeed kann man Gruppen – begrenzt auf 50 Personen – erstellen oder mit einzelnen Freundinnen chatten. Hallo ist in seinen Möglichkeiten limitiert und limitierend, aber das ist vielleicht gerade der Punkt. Die App soll sich nicht eignen für Marken oder Influencer und soll, das verspricht das Team dahinter, werbefrei bleiben. Finanzieren wird sich Hallo über Beiträge: Einige wenige Dollar im Monat soll der Dienst künftig kosten, derzeit ist er noch gratis.

Hinter Hallo stehen zwei ehemalige Whatsapp-Mitarbeiter, die sich für die Startphase ihrer App 15 Millionen Dollar sichern konnten. Sie verliessen ihr altes Unternehmen, nachdem die Messaging-App an Facebook verkauft worden war, und waren enttäuscht von der Richtung, die die neuen Inhaber mit Whatsapp eingeschlagen hatten. Daher auch der Antrieb, es mit Hallo anders zu machen.

Erhältlich für iOS und Android, derzeit gratis.

Talkwell – wo alle gleich laut sind

Alle Antworten werden bei Talkwell gebündelt.

Alle Antworten werden bei Talkwell gebündelt.

Screenshots: App Store

Die App Talkwell des Unternehmens Talkful verfolgt einen anderen Ansatz: Hier kann man sich mit Fremden verbinden, muss aber entweder eine eigene Gruppe (auch hier begrenzt auf maximal 50 Personen) zum Schreiben einrichten oder zu einer anderen eingeladen werden. Öffentliche Gruppen, die man suchen könnte, gibt es nicht. Dementsprechend leer ist die App, wenn man sie eingerichtet hat. Der Anmeldeprozess ist ähnlich unkompliziert wie bei Hallo, und dann wartet hier ein unbeschriebenes Blatt. Nicht mal eine Einstellungsseite, ein Profil oder ein FAQ gibt es. 

Wer in einer Gruppe schreibt, wird gleichberechtigt mit allen anderen dargestellt, ganz gleich, wie oft man sich äussert. Hinter jedem Namen werden alle Antworten gebündelt, die bei Interesse ausgeklappt werden können. So sollen die «Lauten» die «Leisen» nicht übertönen können. 

Ohne Gruppe – auf Eigeninitiative oder auf Einladung – kann man nicht loslegen.

Leider kann man aufgrund der Machart der App nicht einfach mal loslegen und ausprobieren – es bedarf schon einiger Teilnehmenden oder eben einer Einladung. Von daher dürfte es Talkwell nicht leicht haben, Traktion zu gewinnen.

Das Unternehmen Talkful betreibt darüber hinaus noch die Apps Talkful und Talkbeat, bei der man semiprivat miteinander schreibt. Bei Talkful kann man auf einen Post nur privat antworten, der Adressat kann dann aber entscheiden, ob er die Antwort an alle publizieren möchte. Auf Talkbeat kann man geschriebene Gesprächsrunden in privaten Räumen organisieren, jeder Raum hat seine Initiantin als Moderatorin.

Talkwell gibt es momentan nur für iOS, Talkful für Android und iOS, Talkbeat ebenso für Android und iOS, alle gratis.

Somewhere Good – die App für Konversation

Bunt und verspielt: Somewhere Good.

Bunt und verspielt: Somewhere Good.

Screenshots: App Store

Wer auf der Website von Somewhere Good die Über-uns-Seite betrachtet, wird daran erinnert, wie männlich und weiss dominiert die Tech-Szene ist: Dieses Team ist genau das Gegenteil. Die Gründerin Naj Austin hat auch den Ethel’s Club ins Leben gerufen, einen Social Club und Co-Working-Space speziell für People of Color in New York. Die Website selbst spielt mit der Bildsprache früher Netzkultur und afroamerikanischer Kultur, die App richtet sich entsprechend ebenfalls an People of Color. 

Die dazugehörige App funktioniert über die Sprache, was den Konsum zusätzlich entschleunigt. Täglich wechseln die Themen; sogenannte Seeds, Samen, sollen dabei helfen, untereinander ins Gespräch zu kommen. Doch während man beispielsweise bei Clubhouse live miteinander spricht, sendet man hier Sprachnachrichten, die bis zu eine Minute lang sein dürfen. Auf diese kann man dann wiederum antworten. Am nächsten Tag geht wieder alles von vorne los. 

Wie bei Talkwell gibt es keine Profile und hier auch kein endloses Scrollen. Die App ist bislang allerdings nur in den USA verfügbar.

Mathias Möller schreibt seit 2016 für Tamedia über Netzkultur, Netzpolitik und Popkultur. Ausserdem ist er Social-Media-Redaktor.

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@mmmatze

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