Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Mamablog: Geburt des zweiten Kindes: Übers Dürfen und Prä-Vermissen

Mamablog: Geburt des zweiten Kindes Übers Dürfen und Prä-Vermissen

Unsere Autorin fragt sich, ob sie vor der Geburt ihres zweiten Kindes traurig sein darf – denn ihre Beziehung zur Erstgeborenen wird sich damit für immer verändern.

Voller Vorfreude – und mit ein wenig Wehmut: Mit der Geburt des zweiten Kindes i

Voller Vorfreude – und mit ein wenig Wehmut: Mit der Geburt des zweiten Kindes i

Foto: Getty Images

Bei mir ist das mit dem Dürfen so eine Sache. Seit ich Mama bin, weiss ich nämlich nicht mehr so recht, was ich darf. Darf ich ein Wochenende ohne Kind wirklich geniessen? Gehört es sich, so früh schon wieder arbeiten zu gehen? Ist es okay, mir eine Massage zu gönnen, während meine Tochter in der Kita ist?

Zum Dürfen gehört bekanntlich eine Instanz, die erlaubt. Und diese Instanz, die setzt sich, in meinem Kopf zumindest, aus mehreren Komponenten zusammen: Meinem eigenen Gewissen, der Norm, den Ansichten der Gesellschaft… Und auch jetzt gerade hadere ich wieder: Darf ich vor der Geburt unseres zweiten Kindes, vor einem derart freudigen und von Dankbarkeit geprägten Ereignis, traurig sein?

Vom Prä-vermissen

Dürfen hin oder her: Die Traurigkeit hat mich schlichtweg überrollt. Das – nennen wir es – Prä-vermissen des älteren Kindes, kurz bevor das Zweite kommt. Das Prä-Vermissen meiner Erstgeborenen, obwohl sie eigentlich weiterhin da sein wird, genauso nah, aber auch wieder nicht. Weil bald ein weiteres Herzchen meine Liebe braucht. Vielleicht stimmt es, dass die Liebe sich verdoppelt und deshalb nicht geteilt werden muss, aber die Aufmerksamkeit doch schon. Eben noch war unsere Grosse der Mittelpunkt meines Universums. Und plötzlich wird da ein weiterer Stern erstrahlen. Und auch er benötigt Aufmerksamkeit. Sehr viel sogar, gerade am Anfang.

Letzte Woche begriff ich dieses Prä-Vermissen so richtig. Unser 2-jähriges Krümelchen sang sich, wie eigentlich jeden Abend, in den Schlaf. «S Mami schüttlet s Bäumeli, da fallet… da fall… Iiiiima? Aba?*», schon war sie verstummt. Und ich spürte einen riesengrossen Drang, mich zu ihr zu legen. Ich kuschelte mich also neben sie ins Kissen und küsste ihre Wangen. Da war mein grosses, kleines Mädchen, das mich zur Mutter gemacht hatte. Und plötzlich weinte ich. Ich weinte so sehr, dass alles an und in mir bebte und die Tränen nur so über mein Gesicht liefen, bis sie von meinem Kinn in das Haar meiner Kleinen fielen. Ich vermisste sie so sehr – obwohl sie doch da war – dass es mich körperlich schmerzte. Darauf war ich nicht vorbereitet.

Nicht-dürfen gibts nicht

Natürlich werde ich alles daransetzen, einzeln und ganz bewusst Zeit mit meiner Grossen zu verbringen, ohne Geschwisterchen – aber es wird dennoch anders sein. Und vielleicht ist das ja okay? Ich glaube, ich muss langsam, aber sicher lernen, dass es bei Gefühlen kein Nicht-Dürfen gibt. Dass ich mich nicht schämen muss, wenn ich gegen die sozialen Normen, an die ich glaube, verstosse. Ausserdem: Meine Traurigkeit schliesst weder meine Dankbarkeit noch meine Vorfreude aus. Ich wage gar zu behaupten, dass sie zu einem Package-Deal gehört, mit dem sich viele werdende Mamis vor der Ankunft ihres zweiten Wunders rumschlagen müssen.

Und wären wir alle ein Stückchen ehrlicher mit uns selbst und unseren Mitmenschen, dann müssten wir uns auch nicht mehr für unsere Gefühle schämen. Das Prä-Vermissen, das kennen wir Eltern ja aus verschiedensten Situationen eh schon: Ich zum Beispiel hatte es auch vor zwei Jahren in Bezug auf die Allein-Zeit mit meinem Mann und mit mir selbst, bevor das Abenteuer Familie überhaupt erst begann. Diese Sehnsüchte sind doch letztlich nichts anderes als Reminder, zur gegebenen Zeit zuzupacken und allen Herzensdingen einen Platz einzuräumen.

Fehler gefunden? Jetzt melden.