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Kostendämpfungspaket im Nationalrat: Nach dem Prämienhammer ein wenig sparen

Kostendämpfungspaket im NationalratNach dem Prämienhammer ein wenig sparen

Zwei Tage nach der Bekanntgabe des Prämienanstiegs hat der Nationalrat ein Kostendämpfungspaket behandelt. Es ist kein grosser Wurf, bietet aber wenigstens Lösungen.

Apotheken sollen künftig mehr Kompetenzen erhalten – etwa bei Präventionsprogrammen.

Apotheken sollen künftig mehr Kompetenzen erhalten – etwa bei Präventionsprogrammen.

Foto: Keystone

Das Problem ist riesig. Die Bevölkerung hält die hohen Gesundheitskosten gar für die grösste politische Herausforderung überhaupt. Das haben sowohl Umfragen dieser Redaktion als auch das SRG-Wahlbarometer ergeben. Und mit der Bekanntgabe des grössten Prämienanstiegs seit über 20 Jahren am Dienstag hat sich die Dringlichkeit nochmals verschärft. Vor allem der untere Mittelstand weiss kaum mehr, wie er die immer happigeren Krankenkassenrechnungen zahlen soll.

Eine einfache Lösung gibt es aber nicht. Sonst wäre sie längst umgesetzt worden. Für Politikerinnen und Politiker ist das mühsam, müssen sie sich doch in eine äusserst komplexe Materie knien, um Schritt für Schritt wenigstens kleine Verbesserungen zu erreichen.

«Wäre es einen Wurf, hätte das Kostensenkungspaket einen anderen Namen.»

Jörg Mäder, GLP

Zum Beispiel mit dem Kostensenkungspaket, das der Bundesrat vor einem Jahr vorgeschlagen hat. Es will unter anderem Netzwerke fördern, in denen sich verschiedene Ärzte und andere Gesundheitsdienstleisterinnen zusammenschliessen. So soll die Koordination verbessert werden, wodurch sich unnötige Behandlungen vermeiden liessen.

Überdies sollen Apothekerinnen und Apotheker mehr Kompetenzen erhalten. So kommen diese Leistungen günstiger zu stehen, als wenn sie Ärztinnen und Ärzte erbringen. Schliesslich möchte der Bundesrat, dass gewisse Preismodelle für Medikamente geheim bleiben. Davon erhofft sich der Bundesrat mehr Zugeständnisse der Pharma, weil so das Ausland nicht davon erfährt und nicht analoge Rabatte einfordern kann.

«Probleme lösen» und «an den Wurzeln packen»

Wie viel sich mit einem solchen Paket einsparen lässt, kann Gesundheitsminister Alain Berset nicht sagen. Für Jörg Mäder (GLP, ZH) ist denn auch klar, dass es sich um keinen grossen Wurf handelt. Darum spreche man ja auch ganz allgemein von einem «Kostensenkungspaket». «Wäre es einen Wurf, hätte es einen anderen Namen», so Mäder. Aber es gehe nicht an, dieses «Klein, klein» deswegen abzulehnen.

Mäder spielte damit auf die SVP an, die ursprünglich gar nicht erst auf das Kostendämpfungspaket eintreten wollte. «Mit dieser Vorlage sparen Sie keinen Franken», sagte Andreas Glarner (SVP, AG). Auch die Grünen waren nicht interessiert an «Pflästerlipolitik» und wollten das Paket an den Bundesrat zurückweisen. Sie plädierten für einen Denkhalt. Man müsse «das Problem an den Wurzeln packen» und endlich einkommensabhängige Prämien einführen.

Die grosse Mehrheit des Nationalrats sah dies aber anders und war bereit, über das Kostensenkungspaket zu diskutieren. Zuvor hatte die SVP ihren Nichteintretensantrag zurückgezogen, weil sie zur Einsicht gelangte, man müsse «die Probleme lösen», auch wenn das Paket letztlich «ein Flickwerk» bleibe.

Die bürgerliche Mehrheit des Nationalrats will allerdings keine koordinierten Netzwerke als zusätzliche Leistungserbringer ins Gesetz aufnehmen. So strich sie diese für Alain Berset wichtige Massnahme. Stattdessen wollen Bürgerliche die Zusammenarbeit der Gesundheitsversorger im Rahmen bereits bestehender Versicherungsmodelle fördern.

Zu diesem Zweck sollen die Krankenkassen bei solchen Modellen höhere Rabatte als bisher gewähren dürfen. Auch soll es künftig möglich sein, dass sich Versicherte mehrere Jahre an eine Kasse binden. Entsprechende Motionen hat der Nationalrat grossmehrheitlich angenommen.

Die Möglichkeit von vertraulichen Preismodellen bei teuren Medikamenten knüpfte die grosse Kammer an die Bedingung, dass eine unabhängige Kommission öffentlich über diese Modelle Bericht erstattet.

Neue Regeln für Schwangere

Der Nationalrat nutzte die Revision des Krankenversicherungsgesetzes auch gleich, um eine Änderung vorzunehmen, die zu keiner Kostenreduktion führen wird. Neu sollen Schwangere sich nicht mehr an den Behandlungskosten beteiligen müssen, sobald die Schwangerschaft vom Arzt oder der Hebamme festgestellt ist. Heute sind sie erst ab der 13. Schwangerschaftswoche vom Selbstbehalt befreit.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage mit 131 zu 28 Stimmen bei 32 Enthaltungen gut. Sie geht nun an den Ständerat.

Iwan Städler ist Inlandredaktor. Zuvor war er Mitglied der Chefredaktion Tamedia und Redaktionsleiter des «Tages-Anzeigers». Er ist Träger des Zürcher Journalistenpreises.Mehr Infos@Iwan_Staedler

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