Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Juristischer Pendenzenberg: Hohe Arbeitslast bei den Zürcher Gerichten

Juristischer Pendenzenberg Hohe Arbeitslast bei den Zürcher Gerichten

Die zwölf Bezirksgerichte und das Obergericht schieben Tausende von Verfahren vor sich her. Wegen der zunehmenden Komplexität der Fälle bleiben diese immer länger liegen.

Die Pendenzen an den Zürcher Gerichten erreichen einen neuen Höchststand.

Die Pendenzen an den Zürcher Gerichten erreichen einen neuen Höchststand.

Foto: Volker Hartmann (Keystone)

Die Arbeitsbelastung an den Zürcher Gerichten ist anhaltend hoch. Bei den zwölf Bezirksgerichten gingen im vergangenen Jahr 51’981 neue Fälle ein – 251 Fälle mehr als im Vorjahr. Die Richterinnen und Richter erledigten 51’949 Fälle (+495). In 85 Prozent aller Fälle handelte es sich um zivilrechtliche Streitigkeiten, der Rest waren Strafprozesse.

Obwohl etwa gleich viele Fälle eingingen, wie erledigt wurden, stiegen bei den Bezirksgerichten die Pendenzen auf einen neuen Höchststand. Waren im Jahr 2018 noch 8500 Fälle pendent, stieg deren Zahl im abgelaufenen Jahr auf 9537 Fälle. Dieser Entwicklung, die schon seit Jahren absehbar war, hat der Kantonsrat Rechnung getragen.

Seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres verfügen die Bezirksgerichte über knapp 19 Vollzeitstellen mehr. Da in den meisten Bezirken, mit Ausnahme von Bülach und Horgen, auf Urnenwahlen verzichtet werden konnte und stille Wahlen stattfanden, hat ein Grossteil der Neugewählten ihre Ämter bereits in diesem Frühjahr angetreten.

Rückgang beim Obergericht

Beim Obergericht, das aus den Straf- und Zivilkammern, dem Handelsgericht und dem Zwangsmassnahmengericht besteht, ging im vergangenen Jahr sowohl die Zahl der neu eingegangen Fälle wie auch jene der Erledigungen zurück. Die Eingänge sanken von 5259 auf 4854 Fälle, die Erledigungen gingen von 5202 auf 4804 Fälle zurück. Demgegenüber stiegen die Pendenzen von 1704 auf 1755 Fälle. Wie das? Die Komplexität der Fälle habe massiv zugenommen, sagt Obergerichtspräsident Martin Langmeier.

Die Komplexität der Fälle zeigt sich auch an der zunehmenden langen Verfahrensdauer der einzelnen Fälle. Konnten in den Vorjahren etwa 88 Prozent der Fälle innerhalb eines Jahres erledigt werden, sank deren Anteil im vergangenen Jahr auf 83 Prozent. Die Anzahl Fälle, deren Erledigung ein bis zwei Jahre dauert, stieg von 9 auf 13 Prozent. 4 Prozent aller Fälle liegen über zwei Jahren auf den Pulten der Richterinnen und Richter.

Auch in Bezug auf das Obergericht reagierte der Kantonsrat. Er bewilligte im März dieses Jahres acht weitere Oberrichterstellen. Sie sind grösstenteils bereits besetzt, denn bereits im vergangenen Jahr war mit Ersatzrichterinnen und -richtern eine sogenannte Entlastungskammer eingerichtet worden. Deren Mitglieder sollen nun ab Mitte Jahr in die bestehende I. und II. Strafkammer integriert werden.

Wie gut arbeiten die Zürcher Gerichte?

Eine Kennzahl zur Beurteilung der Qualität der Urteile könnte der Anteil Fälle sein, die nicht akzeptiert und an die nächste Gerichtsinstanz weitergezogen werden. Von den 51’949 Entscheiden aller Bezirksgerichte sind 96 Prozent von den Parteien akzeptiert worden – 98 Prozent in Zivilsachen, 86 Prozent in Strafsachen. Beim Obergericht wurden 87 Prozent der 4804 erledigten Fälle nicht mehr ans Bundesgericht weitergezogen.

Thomas Hasler ist Gerichtsreporter im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft. Der promovierte Politologe und Master in Angewandter Ethik, seit 1986 beim «Tages-Anzeiger», ist auch Dozent an der Journalistenschule MAZ, Lehrbeauftragter an der Schweizerischen Richter-Akademie und gelegentlich Referent im Bereich Strafprozessrecht.Mehr Infos@thas_on_air

Fehler gefunden? Jetzt melden.