Switzerland
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Heute hat die Schweiz alle Ressourcen fürs Jahr aufgebracht – so steht sie im Vergleich da

Passanten beim Shoppen an der Zürcher Bahnhofstrasse: Schweizerinnen und Schweizer leben auf zu grossem Fuss.

Passanten beim Shoppen an der Zürcher Bahnhofstrasse: Schweizerinnen und Schweizer leben auf zu grossem Fuss.Bild: KEYSTONE

Der Schweizer Overshoot Day fällt dieses Jahr auf den 13. Mai. «Er bewegt sich im Verhältnis zur Problematik viel zu langsam nach hinten», sagt der Gründer des «Global Footprint Networks», Mathis Wackernagel. Seine Organisation zeigt Lösungen auf, wie das Datum weiter verschoben werden kann.

Der Schweizer Overshoot Day hat sich leicht nach hinten verschoben. Vor drei Jahren fiel er noch auf den 7. Mai, jetzt ist es der 13. Mai. Sprich: Würden alle Menschen auf der Erde so leben, wie die Schweizerinnen, wären heute alle Ressourcen fürs laufende Jahr aufgebraucht. Mit dem Schweizer Lebensstil bräuchten wir 2,8 Erden. Damit liegen wir deutlich über dem weltweiten Schnitt von 1,75 Erden.

Dass sich der Schweizer Overshoot Day etwas nach hinten verschoben hat, ist für Mathis Wackernagel nicht wirklich ein Grund zur Freude. «Er bewegt sich im Verhältnis zur Problematik viel zu langsam nach hinten», sagt der Gründer des Global Footprint Networks, das den Overshoot Day berechnet. Die Schweiz habe sich zwar ein wenig Mühe gegeben, aber das reiche nicht. «Wir sind nicht vorbereitet auf die Ressourcen-Probleme, die auf uns zukommen.»

Noch verschwenderischer sind die Menschen in Katar und Luxemburg. Dort wurde der Overshoot Day bereits im Februar erreicht. Wenig überraschend sind auch die Bewohner der USA auf viel zu grossem Fuss unterwegs. Würden alle Menschen so leben wie in den Vereinigten Staaten, bräuchte es 5,1 Erden.

Während bei den europäischen Ländern der Overshoot Day bereits im ersten Halbjahr liegt, gibt es Länder, die ihn dieses Jahr nicht erreichen. Zum Beispiel Indien. Wenn jede so leben würde wie eine Inderin, bräuchte es lediglich 0,8 Erden.

Wackernagel ist in Basel aufgewachsen, wohnt aber im kalifornischen Oakland. Er streicht hervor, dass in der Schweiz vieles besser laufe als in seiner Wahlheimat. «Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist fantastisch. Man kann ohne Auto sehr gut leben. Ganz im Gegensatz zu den USA.» Auch die Bauqualität in der Schweiz sei sehr hoch, so der 60-Jährige. «Die Häuser werden thermisch gut gebaut.»

Ressourcen-Probleme werden zunehmen

Dennoch wirft Wackernagel der Schweiz «Ressourcen-Blindheit» vor. Der Kampf um Ressourcen werde in den kommenden Jahren immer brutaler und verstärke die globalen Ungleichheiten weiter. Damit nehme auch der Migrationsdruck auf die Schweiz zu. Nun diskutiere man darüber, wie man die Grenzen schützen soll, das sei aber nur «Symptom-Bekämpfung». «Wenn wir Schweizer weiterhin drei Erden pro Jahr benötigen, erhitzen wir den Dampfkochtopf immer weiter. Was wir jetzt tun ist immer mehr Klebstoff aufs Dampfloch kleben. Dabei sollten wir die Hitze reduzieren.»

Der Basler Mathis Wackernagel lebt in Oakland, Kalifornien.

Der Basler Mathis Wackernagel lebt in Oakland, Kalifornien.bild: zvg

Nicht nur die Migration ist ein Problem, das auf die Schweiz zukommt. Wackernagel stellt auch die Ernährungssicherheit infrage und bezweifelt, ob unsere Städte mit zunehmendem Klimawandel und Ressourcenknappheit überhaupt noch funktionieren. Die Ressourcenabhängigkeit der Städte ist auf sehr hohem Niveau und nimmt kaum ab. «Das Erstaunliche bei der Klimadebatte ist ja, dass alle immer meinen, man müsse Massnahmen für die anderen ergreifen. Damit die Malediven nicht untergehen, etwa. Dabei haben wir das Loch auch in unserem eigenen Boot.»

Dass die Schweiz und Europa das Ressourcen-Problem nicht ernst nehmen, lasse sich an ganz einfachen Beispielen demonstrieren, so Wackernagel. So sei ein Flug innerhalb Europas oftmals immer noch günstiger als eine Zugreise. «Das ist ein politisches Versagen», sagt er. «Es zeigt, dass die Politik die eigene Ressourcensicherheit nicht wirklich ernst nimmt.»

Es gehe jetzt darum, in die Ressourcen-Sicherheit zu investieren, so der Basler. «In anderen Bereichen schaffen wir es ja auch, langfristig zu planen. Zum Beispiel scheinen wir bereits genau zu wissen, welche Kampfflieger wir für die nächsten Jahrzehnte brauchen und nehmen dafür Milliarden von Franken in die Hand.»

So könnte man das Datum nach hinten verschieben

Wackernagel und sein Team zeigen jedoch nicht nur die Probleme auf, sondern bieten auch Lösungen an, wie das Overshoot-Datum nach hinten geschoben werden kann. Unter dem Motto «der aktuelle Trend ist nicht unser Schicksal» werden auf der Website overshootday.org fünf Kernbereiche präsentiert, in denen entscheidende Massnahmen ergriffen werden können.

Einer davon ist unsere Ernährung. Wenn wir den globalen Fleischkonsum um 50 Prozent verringern, würde der weltweite Overshoot Day um 17 Tage nach hinten verschoben. Wenn dann auch noch der «Food Waste» um die Hälfte reduziert würde, fände der Overshoot Day noch einmal 13 Tage später statt.

Wie wird der Overshoot-Day berechnet?

So erklärt es Wackernagel: Diese Rechnung kann jeder Mittelschüler machen. Wie viel Weizen, Kartoffeln, Energie, etc. konsumieren wir? Wieviel Fläche braucht es dafür? Also für alles: Essen, Fasern, CO2 von der Fossilenergie aufnehmen, Platz für unsere Strassen und Häuser? Das ist unser Footprint. Den können wir mit der Biokapazität vergleichen: die produktive Fläche, die uns zur Verfügung steht. Wenn alle auf der Welt einen Footprint hätten wie die Schweizer im Durchschnitt, dann hätte die Menschheit das jährliche Naturbudget schon am 13. Mai aufgebraucht.

So viel Food Waste produzieren Schweizer Haushalte jährlich

Video: srf/Roberto Krone