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Gärtner geht ein Jahr auf Reisen: «Den Garten zurückzulassen, machte mir Angst»

Gärtner geht ein Jahr auf Reisen«Den Garten zurückzulassen, machte mir Angst»

Überlebt ein Garten eine lange Abwesenheit seines Gärtners? Der von Instagram bekannte Gartenfan Christoph Rhyner aus dem Rheintal probiert es aus – für ein ganzes Jahr.

Christoph Rhyner in seinem 450 Quadratmeter grossen, dicht bepflanzten Sammlergarten im St. Galler Rheintal.

Christoph Rhyner in seinem 450 Quadratmeter grossen, dicht bepflanzten Sammlergarten im St. Galler Rheintal.

Foto: Swinde Wiederhold

Sie lassen Ihren Garten, den Sie seit elf Jahren liebevoll pflegen und gestalten, für ein Jahr zurück. Wie schaffen Sie das?

Christoph Rhyner: Wir haben versucht, uns und den Garten darauf vorzubereiten – soweit das möglich ist. Am Einfachsten war dies im Gemüsegarten: Dort haben wir einfach eine Gründüngung mit dem passenden Namen «Sabbath-Jahr» ausgesät. Auch Ringelblumen haben wir überall versamen lassen. Beerensträucher habe ich nach der Ernte ausgelichtet, und sowieso habe ich überall, wo ich schneiden musste, immer gleich etwas mehr geschnitten, als ich sonst würde. Bei den Reben waren wir radikal. Damit sie nichts zu tun gibt, haben wir die Blüten und Austriebe abgeschnitten, sodass sie gar nicht erst Früchte bildet. Im Ziergarten ist es schwieriger, da kann man eigentlich nicht viel vorbereiten. 

Wie bereitet sich ein leidenschaftlicher Gärtner emotional auf den Abschied von seinem Garten vor?

Im ersten Moment machte mir die Vorstellung Angst, den Garten zurückzulassen. Ich dachte, jetzt habe ich doch all diese kleinen Schätze gehegt und gepflegt – und vielleicht werden sich jetzt andere Pflanzen darüber hermachen. Ich musste lernen, loszulassen. Irgendwann wurde mir bewusst, dass man eigentlich immer loslassen muss im Garten. Es gibt Pflanzen, die einfach nicht gedeihen, auch wenn man da ist und zu ihnen schaut. Das ist der Lauf der Dinge, das sind die Gesetze der Natur, die man akzeptieren muss. 

Loslassen üben – das allein hat geholfen?

Das und die Vorfreude. Ich stellte mir vor, was für Pflanzen ich anstelle meines Gartens dafür in Kamerun kennen lernen und haben werde. Eine schöne Vorstellung! Und die Vorfreude auf die Rückkehr tut auch gut. In einem Jahr sehen zu können, wie sich unser Garten mit nur minimaler Pflege entwickelt hat, darauf freue ich mich. 

Christoph Rhyner freut sich darauf, in Kamerun neue Pflanzen kennen zu lernen.

Christoph Rhyner freut sich darauf, in Kamerun neue Pflanzen kennen zu lernen.

Foto: Swinde Wiederhold

Minimale Betreuung haben Sie also organisiert?

Ja. Die Schwiegereltern wohnen im gleichen Haus und sind sehr gartenaffin. Ihr Garten grenzt an unseren. Sie werden das Nötigste machen. 

«Wir wollten keine Listen mit Arbeiten schreiben, die getan werden müssen.»

Was ist das Nötigste?

Das überlassen wir ihnen. Wir wollten keine Listen mit Arbeiten schreiben, die getan werden müssen. Vielleicht lassen sie die Naturwiese ein Jahr stehen, vielleicht mähen sie sie mit dem Rasenmäher – sie sollen selber entscheiden. 

Die Schwiegereltern selber hatten keine Wünsche? 

Doch, die Schwiegermutter bat uns, die speziellen Pflanzen anzuschreiben, damit sie Besuchern auf einem Gartenrundgang den Namen nennen kann. Jetzt sieht es ein wenig aus wie in einem Botanischen Garten. 

Wie muss man sich Ihren Garten vorstellen?

Es ist ein 450 Quadratmeter grosser, dicht bepflanzter Sammlergarten. Hier wird schon seit Generationen mit Leidenschaft gegärtnert – meine Frau kommt aus einer Gärtnerdynastie. Wir haben hier im Rheintal ein sehr mildes Klima und dank des Föhns haben wir gute Bedingungen für mediterrane Pflanzen oder auch exotische. Das lädt natürlich zum Experimentieren ein.

Was waren bis anhin die begehrtesten Pflanzen?

Wir hatten in letzter Zeit eine Vorliebe für südafrikanische Pflanzen. Aber auch viele einheimische Gewächse haben bei uns einen Platz, neben der Zimmeraralie steht auch ein Weissdorn. Im Steingarten steht eine Hanfpalme neben einem Dost. Wir experimentieren auch in dieser Richtung – welche Pflanzen sich wie kombinieren lassen. Pflanzen, die bei uns überleben wollen, müssen mit Trockenheit umgehen können. Wenn bei uns ein paar Tage der Föhn weht, trocknet der Boden im Nu aus. Den Ziergarten giessen wir bewusst nicht, nur die rund hundert Topfpflanzen bekamen Wasser.

Hundert Topfpflanzen? Wer kümmert sich um die?

Ich wollte das Geschleppe niemandem zumuten und habe mich deshalb von allen getrennt.

Üppige Pracht: Wie wird dieser Garten wohl in einem Jahr aussehen?

Üppige Pracht: Wie wird dieser Garten wohl in einem Jahr aussehen?

Foto: Swinde Wiederhold

Von allen hundert?

Ja, das war zum Teil schon hart, vor allem meine Aeonium-Sammlung ist mir sehr ans Herz gewachsen. Aber ich fand zum Glück gute Lösungen. Die Aeonium konnte ich bei einer Gärtnerei in Obhut geben. Dafür dürfen sie ab und zu ein paar Rosetten schneiden und für ihre Gestecke verwenden. Meine Zitrus-Sammlung konnte ich einer Lehrerin anvertrauen, und von den Kakteen habe ich mich getrennt. 

«Ich denke, der Efeu wird wachsen, als wolle er die Weltherrschaft an sich reissen.»

Was ist mit ihnen passiert?

Ich machte auf Instagram einen Post und habe sie an Interessierte verschenkt. Als ich spürte, wie sehr sich die Leute über die Kakteen freuten, fiel mir das Loslassen leichter. Und ich dachte, ich darf später sicher von der einen oder anderen Pflanze wieder einen Steckling holen und bekomme sie wieder zurück. Am Schluss waren noch ein Agapanthus und ein Eukalyptus da, für die ich keinen Platz gefunden hatte. Diese setzte ich einfach in den Garten und bin nun gespannt, ob sie es packen oder nicht. 

Wie sieht der Garten wohl aus, wenn Sie nach einem Jahr zurückkommen?

Ich denke, alles wird höher sein. In einer Ecke haben wir eine grosse Efeupflanze, die über einen alten Baumstrunk wächst. Ich denke, dieser Efeu wird wachsen, als wolle er die Weltherrschaft an sich reissen. Und es gibt noch ein paar andere, die unsere Abwesenheit wahrscheinlich ausnützen und kräftig zulegen werden. 

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