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Durchbruch mit Algerien: Mehr abgewiesene Asylsuchende verlassen die Schweiz

Durchbruch mit AlgerienMehr abgewiesene Asylsuchende verlassen die Schweiz

Die Zahl der unerledigten Asylgesuche schnellt in die Höhe. Bei der Rückkehr dagegen sinken die Pendenzen. Dazu beigetragen hat eine bessere Zusammenarbeit mit Algerien.

Hinter dem Asylzentrum in Genf hebt ein Flugzeug ab. Viele abgewiesene Asylsuchende sind im vergangenen Jahr nach Algerien zurückgekehrt.

Hinter dem Asylzentrum in Genf hebt ein Flugzeug ab. Viele abgewiesene Asylsuchende sind im vergangenen Jahr nach Algerien zurückgekehrt.

Foto: Dominic Favre (Keystone)

Lange galt Algerien als Sorgenkind: Abgewiesene Asylsuchende konnten oft nicht in das Land zurückgeführt werden. Im vergangenen Jahr lag Algerien bei den Asylgesuchen an vierter Stelle der Herkunftsstaaten – nach Afghanistan, der Türkei und Eritrea. 1362 oder 5,6 Prozent der Asylgesuche stammten von Personen aus Algerien. Dies, obwohl Algerier selten Asyl erhalten.

Zurückschicken kann die Schweiz abgewiesene Asylsuchende nur dann, wenn die Herkunftsstaaten kooperieren. Doch die Zusammenarbeit mit den algerischen Behörden war lange schwierig, und während der Pandemie schloss das Land monatelang die Grenzen. In den Bundesasylzentren gab es derweil Probleme mit jungen Algeriern.

351 freiwillige Ausreisen und 111 Rückführungen

Nun hat der Bund einen Durchbruch erzielt: 2022 verzeichnete das Staatssekretariat für Migration (SEM) 462 kontrollierte Ausreisen nach Algerien – 351 freiwillige und 111 Rückführungen. «Das ist mit Abstand die höchste Zahl, die für Algerien je registriert wurde», sagt SEM-Sprecher Daniel Bach. «Die Kontakte mit Algerien sind mittlerweile sehr intensiv, und wir konnten konkrete Verbesserungen aushandeln.»

Neu kann das SEM freiwillige Ausreisen und Rückführungen auch über Direktflüge ab Basel-Mulhouse und über Transitflüge organisieren. Zudem fand vor kurzem ein erster Sonderflug statt, wie Kantone bestätigen. Das SEM äussert sich nicht zu einzelnen Sonderflügen, nennt aber Zahlen dazu: Im Jahr 2022 gab es demnach insgesamt 28 Sonderflüge in verschiedene Herkunftsstaaten. 120 Personen wurden auf diese Weise in ihr Land gebracht.

Sonderflüge werden mit besonders renitenten Personen durchgeführt. Insgesamt entfielen in den letzten fünf Jahren 3,5 Prozent aller Ausreisen auf Sonderflüge. Der grösste Teil erfolgt unbegleitet, ein kleiner Teil in Polizeibegleitung auf Linienflügen. 

Vollzugsquote für alle Länder bei 57 Prozent

Die Zusammenarbeit konnte laut dem SEM nicht nur mit Algerien, sondern auch mit anderen Herkunftsstaaten verbessert werden. Insgesamt sind im Jahr 2022 – ohne Ukraine-Flüchtlinge – über 4800 Asylsuchende freiwillig ausgereist oder zurückgeführt worden. Das sind fast 30 Prozent mehr als im Vorjahr – und mehr als in den Jahren vor der Pandemie. Die Pendenzen bei der Rückkehr sind um 7 Prozent gesunken.

Mehr als die Hälfte aller ausreisepflichtigen Personen ist im vergangenen Jahr ins Herkunftsland zurückgekehrt: Die Vollzugsquote für alle Länder lag bei 57 Prozent. In der Schweiz liegt diese Quote deutlich höher als in der EU, weswegen die Schweiz als eines der vollzugsstärksten Länder Europas gilt.

«Die Schweiz setzt stark auf Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten.»

Daniel Bach, SEM-Sprecher

Der Grund dafür sei, dass die Schweiz stark auf Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten setze, sagt Bach. So führe sie mit mehreren Staaten Migrationsdialoge. Mit bisher acht Staaten hat die Schweiz sogenannte Migrationspartnerschaften abgeschlossen – unter anderem mit Nigeria, Sri Lanka und Tunesien. 2022 kamen mit Georgien und Nordmazedonien zwei weitere Partnerschaften dazu.

Die Migrationspartnerschaften sind im beidseitigen Interesse: Sie beinhalten neben der Rückübernahme abgewiesener Asylsuchender zum Beispiel Berufsbildungs- oder Entwicklungsprojekte – Elemente, die das Partnerland anstrebt. Die Schweiz fördert die Rückkehr abgewiesener Asylsuchender auch mit dem Instrument der Rückkehrhilfe. Im vergangenen Jahr bezogen rund 300 Personen aus Algerien diese finanzielle Unterstützung.

Hoher Pendenzenberg bei Gesuchen

Während die Pendenzen bei der Rückkehr sinken, steigen sie bei den unerledigten Asylgesuchen an. 2022 verzeichnete das SEM rund 24’500 Asylgesuche. 17’600 Gesuche konnten erstinstanzlich erledigt werden. Der Bestand der hängigen Asylgesuche nahm gegenüber dem Vorjahr um 7800 auf rund 12’240 Gesuche zu. Das ist ein Plus von 176 Prozent. Aktuell bewegt sich die Zahl neuer Gesuche pro Monat in normalem Rahmen. In den nächsten Monaten könnten jedoch wieder mehr Asylsuchende kommen.

Charlotte Walser gehört seit 2021 zum Bundeshausteam der Redaktion Tamedia. Die promovierte Philosophin arbeitet seit 1995 als Journalistin.Mehr Infos

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