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Die Hypnose-Kur des Charles Dickens

19 Gesundheitstipps vom schlechtesten Arzt der Welt

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19 Gesundheitstipps vom schlechtesten Arzt der Welt

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bild: twitter

Wie ich meine Spinnenphobie mit Hypnose bekämpft habe

Video: watson

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Mesmerismus, dargestellt in einer Druckgrafik aus dem 18. Jahrhundert. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_practictioner_of_Mesmerism_using_Animal_Magnetism_Wellcome_V0011094.jpg
Mesmerismus, dargestellt in einer Druckgrafik aus dem 18. Jahrhundert.Bild: Wikimedia

Der Autor von «Christmas Carol» und «Oliver Twist» war auch ein begeisterter Anhänger des Mesmerismus. In den Genuss seiner «Behandlungen» kam auch die Frau eines Schweizer Bankiers.

Katrin Brunner / Schweizerisches Nationalmuseum

Der 1802 in Genf geborene Emile de la Rüe war einer der angesehensten Bürger Genuas und, zusammen mit seinem Schwager William Granet, Leiter der ältesten Schweizer Bank in Genua der 1758 gegründeten «Banque de la Rüe frères». Die angesehene Familie de la Rüe prägte die städtischen gesellschaftlichen Anlässe mit ihren guten Beziehungen zu Banken und Politiker.

Im Oktober 1830 heiratete Emile Augusta Granet, die Tochter eines englischen Bankiers, der ebenfalls in Genua Geschäfte machte. Die Tanzbälle der de la Rües waren vorher schon bekannt, nun hatte Emile mit seiner Frau die ideale Besetzung der Gastgeberin.

Palazzo Brignole Sale: Hier fanden rauschende Ballnächte statt. Veranstaltet von der Familie de la Rüe. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Palazzo_Brignole_Sale_9.JPG
Palazzo Brignole Sale: Hier fanden rauschende Ballnächte statt. Veranstaltet von der Familie de la Rüe. Bild: Wikimedia

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Vermutlich war es an einem dieser Bälle im Palazzo Brignole Rosso, als die de la Rüe 1844 den englischen Schriftsteller Charles Dickens kennenlernten. Dieser war mit seiner Familie bereits seit längerer Zeit in Italien unterwegs und machte Halt in Genua.

Auch wenn Augusta de la Rüe nach aussen die perfekte Frau an der Seite des erfolgreichen Bankiers schien, litt sie an Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und eigenartigen Krämpfen. Dazu gesellte sich ihre Angst vor einem übernatürlichen Wesen, welches sie das Phantom nannte und ihr, nach eigenen Angaben, regelmässig erschien.

Charles Dickens war bereits ein vielbeachteter Schriftsteller und ein grosser Anhänger des sogenannten Mesmerismus. Er war der Meinung, dass er Augusta mit dem von ihm praktizierten Mesmerismus helfen könne und bot seine Dienste an. Zu dieser Zeit hatte er sich bereits seit mehreren Jahren mit dieser höchst umstrittenen Form einer frühen Form der Hypnose befasst. Dickens war ein begeisterter Schüler des an sich geschätzten medizinischen Professors John Elliotson, der die in seinen Augen grosse Wirksamkeit des Mesmerismus gegen alle Kritiker hin vertrat.

Charles Dickens, Autor und Anhänger des Mesmerismus’ auf einer Fotografie von 1858. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Charles_Dickens_by_Herbert_Watkins_29_April_1858_(alternate).jpg
Charles Dickens, Autor und Anhänger des Mesmerismus’ auf einer Fotografie von 1858.Bild: Wikimedia

Charles Dickens war von dieser Methode so hingerissen, dass er anfing, Familie und Freunde zu «mesmerieren». Als er 1844 in Genua Augusta de la Rüe kennenlernte, wurde aus dem unterhaltsamen Spiel aber ernst. In der Zeit, als er die Frau des Bankiers «behandelte», stellte er fest, dass Augusta äussert positiv auf die Hypnosesitzungen reagierte. Es schien tatsächlich zu helfen, sie vermeldete, dass sie des Nachts wieder durchschlafen konnte und entspannter sei.

Die Behandlungen glichen immer mehr Sitzungen zwischen Therapeuten und Patientin. In wieweit der praktizierte Mesmerismus half, Augusta de la Rües Befinden zu verbessern, kann aus heutiger Sicht nicht abschliessend gesagt werden. Vielleicht waren es einfach auch die Gespräche, die das seelische Gleichgewicht wieder etwas ins Lot brachten.

In einem Brief an Emile de la Rüe zeigt sich Charles Dickens beeindruckt von der Zuneigung des Gatten an seine Frau «…wahre Tiefe, Intensität und Ernsthaftigkeit Ihrer Hingabe an Madame De la Rüe oder an der liebevollen und eifrigen Wache, die Sie über sie in all ihren Leiden gehalten haben. Glauben Sie mir, ich bewundere und fühle Ihre Standhaftigkeit unter einer solchen Prüfung…»

Mesmeris­mus

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte Franz Anton Mesmer (1734-1815) den «animalischen Magnetismus». Seine These lautete, dass äusseres Einwirken, einen Einfluss auf die Körperflüssigkeiten haben. Diesen Einfluss erlangte er durch Suggestion und der Übertragung eigener Körperenergien. Seine Behandlungsmethoden waren und sind in Wissenschaftskreisen heute noch höchst umstritten.

Eine Mesmerismus-Sitzung, festgehalten auf einer Druckgrafik von 1794. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FREE_mesmer_painting.jpg
Eine Mesmerismus-Sitzung, festgehalten auf einer Druckgrafik von 1794.Bild: Wikimedia
Porträt von Friedrich Anton Mesmer. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friedrich_Anton_Mesmer.jpg
Porträt von Friedrich Anton Mesmer.Bild: Wikimedia

Charles Dickens reist 1845 mit seiner Familie zurück nach England. Seine eigene Frau wird nicht unglücklich darüber gewesen zu sein, war sie doch nie wirklich damit einverstanden, dass ihr Mann so viel Zeit mit einer anderen Frau verbrachte.

Für die Familie de la Rüe sollte es eine kurze Zeit des Friedens werden. Im April 1849 wurde die Stadt durch einen mehrtägigen Aufstand durchgeschüttelt, bei welchem die Genueser für ihre Unabhängigkeit vom Königreich Sardinien kämpften. Dabei wurde die Stadt während mehrerer Stunden unablässig bombardiert. Während sich ein Grossteil der Ausländer, die in Genua lebten, auf den Schiffen, die im Hafen lagen, in Sicherheit brachten, flohen die de la Rüe nach Sampierdarena, damals eine eigene Stadt ausserhalb von Genua.

1870 starb Emile de la Rüe an den Pocken, als er auf dem Rückweg von Venedig war. Charles Dickens starb im selben Jahr an den Folgen eines Schlaganfalls. Augusta überlebte ihren Mann um 17 Jahre.

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