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Datenleak bei Elon Musk: Der Autopilot von Tesla soll für zahlreiche Crashs verantwortlich sein

Datenleak bei Elon MuskDer Autopilot von Tesla soll für zahlreiche Crashs verantwortlich sein

Das «Handelsblatt» hat 100 GB interne Daten des amerikanischen Autobauers ausgewertet. Diese sollen zeigen, wie gross die Probleme mit dem Autopiloten sind. 

Die sogenannten Tesla Files enthalten sogar seine mutmassliche Fahrzeug- und Sozialversicherungsnummer: Elon Musk bei der Eröffnung der deutschen Gigafactory im März 2022.

Die sogenannten Tesla Files enthalten sogar seine mutmassliche Fahrzeug- und Sozialversicherungsnummer: Elon Musk bei der Eröffnung der deutschen Gigafactory im März 2022.

Foto: Christina Marquardt (Keystone)

Die Probleme bei Teslas Autopilot sind offenbar grösser als bisher angenommen. Das legen zumindest Tausende Dokumente nahe, die dem deutschen «Handelsblatt» von Insidern zugespielt worden sind. Die Zeitung habe die Daten überprüft und sei zum Schluss gekommen, dass es keine Hinweise gebe, dass diese nicht von Tesla stammten. 

Die sogenannten Tesla Files enthalten rund 23’000 Dateien. Darunter sind Listen mit den Gehältern von ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden, geheime technische Berichte und sogar die mutmassliche Fahrzeug- und Sozialversicherungsnummer von Elon Musk. Auch fast 4000 Beschwerden zum Autopiloten über ungewollte Selbstbeschleunigungen und Probleme mit den Bremsen sind dabei. 

Vollbremsung auf der A3 – Vollgas auf dem Parkplatz

So ist zum Beispiel die Reklamation eines Schweizer Kunden dokumentiert, der am 26. Juli 2021 mit seinem Tesla Model S auf der A3 unterwegs war. Nach einem Überholmanöver habe sein Auto eigenständig eine Vollbremsung vorgenommen. Ihm sei «angst und bange geworden». Zum Glück sei jedoch nichts passiert. 

Weniger glimpflich erging es offenbar einem Fahrer in den USA. 2019 legte dessen Fahrzeug laut eigenen Angaben eine Vollbremsung mitten auf dem Highway hin. Das nachfolgende Auto sei von hinten auf ihn aufgeprallt. 

In anderen Fällen hätten die Teslas grundlos beschleunigt. So zum Beispiel 2021 bei einer Ärztin aus Kalifornien. Als sie auf einem Parkplatz habe wenden wollen, habe ihr Auto plötzlich Vollgas gegeben, sei zuerst in einen und dann noch in einen zweiten Betonpfeiler gefahren.  

Autopilot entscheidet laut Musk über Teslas Wert

Das «Handelsblatt» hat nach eigenen Angaben Dutzende Personen kontaktiert, deren Beschwerden in den geleakten Dateien aufgetaucht sind. Diese hätten die Vorfälle bestätigt. Viele davon seien unzufrieden gewesen, wie Tesla mit ihren Beschwerden umgegangen sei. So habe das Unternehmen der kalifornischen Ärztin vorgeworfen, dass sie selber aufs Gas gedrückt habe. Die Kommunikation sei dabei in erster Linie mündlich erfolgt. Laut «Handelsblatt» würden die Tesla-Mitarbeitenden angewiesen, nur «verbal» Informationen mit den Kundinnen und Kunden zu teilen. 

Die zahlreichen Beschwerden zum Autopiloten sind insofern brisant, als sie Zweifel schüren an dessen Funktionalität. Dabei ist es Elon Musks zentrales Versprechen, dass seine Tesla bereits in naher Zukunft selbstständig fahren können. Im Juni 2022 sagte er in einem Interview, dass das darüber entscheiden werde, «ob Tesla viel Geld wert ist oder praktisch null».

Aktuell ermöglicht der Autopilot laut Teslas Website dem Fahrzeug «automatisches Lenken, Beschleunigen und Bremsen auf seiner Spur». Er erfordere jedoch die «aktive Überwachung durch den Fahrer». Dennoch verspricht Tesla prominent, dass seine Fahrzeuge in Zukunft «vollkommen autonom» werden fahren können. 

Selbstfahrt-Video mit Fragezeichen

So veröffentlichte Elon Musk zum Beispiel schon 2016 auf Twitter ein Video, dass zeigen sollte, wie ein Tesla komplett selbstständig zum Hauptsitz der Firma fährt und eigenständig einparkiert. Später sagte ein Tesla-Ingenieur jedoch aus, dass das Video zusammengeschnitten worden sei. Auf der Fahrt habe der Fahrer wiederholt eingreifen müssen und beim Parkieren habe das Auto einen Zaun gerammt. Der Link zum Video in Musks Tweet funktioniert inzwischen nicht mehr. 

Als das «Handelsblatt» Tesla und Elon Musk mit Fragen zu den geleakten Daten konfrontierte, hätten diese keine Stellung beziehen wollen. Stattdessen verlangte der Anwalt des Unternehmens die Löschung der Daten. In einem Brief an die Zeitung, den diese veröffentlicht hat, schreibt der Anwalt, dass Tesla Grund zu der Annahme habe, dass ein «verärgerter ehemaliger Mitarbeiter» vor seinem Ausscheiden «seinen Zugang als Servicetechniker missbraucht hat», um Informationen aus dem Unternehmen zu schleusen.

Der Informant, der dem «Handelsblatt» die Daten zukommen liess, übergab diese auch den deutschen und den holländischen Datenschutzbehörden. Diese bestätigten das gegenüber der Zeitung: «Der Landesbeauftragten liegen ernst zu nehmende Hinweise auf mögliche Datenschutzverletzungen durch den Automobilkonzern Tesla vor», schreibt zum Beispiel ein Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten in Brandenburg.

Diese würde nun prüfen, ob bei Tesla sensible Informationen nicht genügend geschützt waren. Offenbar seien zahlreiche Daten der Mitarbeitenden für sehr viele Personen leicht zugänglich gewesen. Deshalb soll auch das Leak möglich gewesen sein. «Sollte sich dies als zutreffend erweisen, wäre die Angelegenheit aus datenschutzrechtlicher Sicht auch wegen der grossen Zahl der weltweit betroffenen Personen besonders schwerwiegend», betonte der Sprecher gegenüber der Deutschen Presse Agentur.

Jan Bolliger ist Volontär beim «Tages-Anzeiger». Er hat in Zürich Philosophie und Volkswirtschaftslehre studiert. Mehr Infos

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