Bauarbeiten am Gletscher, Angst vor willkürlichen Disqualifikationen und der Wunsch nach tiefen Temperaturen. Einen Monat vor dem Start in die neue Skisaison macht vieles Schlagzeilen, nur nicht der Sport. Eine Übersicht.
In einem Monat startet in Sölden die Skisaison. Und Greenpeace regt zur Frage an: Wird für Marco Odermatt und Co. der Gletscher gesprengt? Die heftige Kritik an den Bauarbeiten am Rettenbachgletscher ist aber nicht das einzige Problem, das den Skisport derzeit umtreibt. Was ist da los?
Trägt keine zwei Spiele das gleiche Outfit: Gottéron-Trainer Christian Dubé.Bild: keystone
Eismeister Zaugg
Wenn die Bande zum Laufsteg wird: Gottérons Cheftrainer und Sportdirektor Christian Dubé (46) ist wahrscheinlich der bunteste Vogel der Hockey-Welt. Hinter seinen modischen Auftritten steht ein unkonventioneller Führungsstil.
Er weiss noch nicht, in welchem Outfit er heute Abend gegen Zug an der Bande stehen wird. Sicher ist nur: Nicht im gleichen wie am Dienstag gegen Biel. Christian Dubé (46) tritt immer in anderer Kostümierung auf. 52 verschiedene Kombinationen aus Jacken, Mänteln, Krawatten und Mützen im Laufe der Qualifikation. Und wenn die Hockey-Götter gnädig sind, noch ein paar weitere Variationen in den Playoffs.
Gottérons Cheftrainer und Sportchef ist der bunteste Vogel der Liga. Vielleicht sogar des Welteishockeys. Das sieht er auch so: «Sie dürfen mich einen bunten Vogel nennen. Auch einen Clown, wenn Sie es respektvoll tun.» Am Spieltag betritt er zu Hause seinen begehbaren Kleiderschrank und wählt die Kombination aus. «Der begehbare Kleiderschrank war beim Umbau unseres Hauses ein absolutes Muss». Mit dem Gegner habe die Bekleidung nichts zu tun. «Ich entscheide spontan nach meiner Laune.» Lediglich das grüne Grinch-Kostüm habe er bewusst für ein Spiel gegen Servette gewählt.
Dubé im Grinch-Kostüm gegen Servette.Bild: keystone
Seine modischen Kreationen sind so gut, dass Kunden im Modehaus Angéloz in Fribourg nachfragen, ob Christian Dubés Outfit vom Vorabend zu kaufen sei. Angéloz ist einer von Gottérons Sponsoren. Was zur Frage führt: Könnte er nicht auch als Unternehmer in der Mode-Branche Karriere machen? Vielleicht gar mit einer eigenen Mode-Linie? «Oh nein, dieses Business ist nichts für mich.»
Trotzdem die Frage: Christian Dubé, sind Sie der Karl Lagerfeld der Coaches? Ob der Frage muss er lachen. Natürlich kenne er Karl Lagerfeld. «Ich weiss wahrscheinlich mehr über Mode und kenne mehr Marken als ein Teenager.» Alles, was mit Mode zusammenhänge, interessiere ihn. Das habe er von seiner Mutter. Sie sei heute über 70 und immer elegant gekleidet. Ganz im Gegensatz zu seinem Vater Normand. «Er ist schon mal mit einer SCB-Mütze und einem Gottéron-T-Shirt rumgelaufen. Da hat ihm mein Sohn erklärt, dass das nicht gehe, das sei eine unmögliche Kombination.»
Der Mode-Tick könnte zur Annahme führen, Christian Dubé sei ein wenig ein Filou oder ein Dandy. Doch so ist es ganz und gar nicht. Der Familienvater müsste, um seinem Job optisch gerecht zu werden, eigentlich abgewetzte Arbeitsklamotten tragen. Im Sommer 2015 ist er bei Gottéron vom Spieler direkt zum Sportdirektor befördert worden und seit dem 4. Oktober 2019 hat er auch noch das Amt des Cheftrainers übernommen. Er ist der einzige in der Liga in dieser Doppelrolle. Niemand sonst mutet sich diese Doppelbelastung zu. Bunter Vogel oder Clown sind bei diesem Arbeitsvolumen dann doch eine etwas respektlose Bezeichnungen.
Aber die Frage bleibt: Wie passt das zusammen: diese extreme Arbeitsbelastung und der modische Spleen? Christian Dubé sagt: «Ich mag einfach Mode. So bin ich. Es gibt genug Leid in der Welt, also soll uns wenigstens Hockey Spass machen.» Bunte Kleider für einen bunten Hockey-Abend.
Der Chef als modischer Paradiesvogel. Funktioniert das? Christian Dubé sagt, dass sich seine Spieler inzwischen daran gewöhnt haben. Es könne sein, dass einige jeweils gespannt seien, in welchem Aufzug er in die Kabine komme und heimlich Sprüche machen. Vielleicht liegt darin eine Erklärung, warum er bereits die 5. Saison an der Bande begonnen hat. Dabei hatten die meisten erwartet, dass er den Job – er hatte Trainer Mark French im Oktober 2019 gefeuert – höchstens ein paar Wochen machen könne. Christian Dubé gehört zu den wenigen Coaches mit der Gottesgabe der Selbstironie und sagt sogar: «Ich bin der erste, der über mich lacht.»
Auch Hüte gehören zu Dubés modischer Ausstattung.Bild: keystone
Er war ein grosser Spieler. In 16 Jahren hat er als Kanadier mit Schweizer Lizenz für Lugano, Bern und Gottéron in 816 Partien 839 Punkte zelebriert. Bei seinem Wechsel von Lugano nach Bern war er 2002 mit gut 600'000 Franken der bestbezahlte Spieler der Liga-Geschichte.
Wenn grosse Spieler Trainer werden, neigen sie im Umgang mit weniger Begabten und wieder zu harschem Umgangston. Das mag Christian Dubé nicht bestreiten. Ja, er könne «taff» sein. Aber heute sei der Umgangston ein anderer als zu den Zeiten seiner Spielergeneration. Und überhaupt: Eishockey sei bei aller harten Arbeit ein Spiel und wenn der Spass verloren gehe, sei Erfolg nicht möglich. Können die Spieler gegen einen Coach rebellieren, der sie zwar auch mal zusammenfaltet, dafür aber an jedem Spieltag mit einer neuen modischen Kreation überrascht und für Auflockerung sorgt? Nein, wahrscheinlich können sie nicht.
Christian Dubés Modespleen ist Teil eines unkonventionellen Führungsstils.
P.S. Christian Dubés Lieblingsmarken: Burberry für Mäntel, Paul Smith für Anzüge, Uhren von Audemars Piguet und Schuhe von Christian Louboutin