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Chaos, Diebe, Verletzte, Verzweiflung: Das Protokoll der Schande von Paris

Es hätte ein grosses Fussball-Fest werden sollen. Fans aus zahlreichen Ecken Europas sind nach Paris gepilgert, um ihre Mannschaft beim Champions-League-Final anzufeuern – oder einfach das Spiel zu geniessen. Stattdessen? Chaos, Verletzte, Tränengas, Frust, Verzweiflung. Das üble Ticket-Chaos vor dem Stadion führt zu einem denkwürdigen Abend.

Liverpool Fan Peter war aus Dublin angereist. Gegenüber Blick schildert er die Situation so: «Es gab sehr viele Leute mit Fake-Tickets. Wir warteten zwei Stunden lang in der Schlange und wurden nicht reingelassen. Ich habe über 500 Pfund bezahlt und bin nicht reingekommen. Die Polizei hat diejenigen mit gültigen Tickets genau gleich behandelt, wie diejenigen ohne und uns mit Tränengas attackiert.»

Peter musste das Spiel dann in einem Pub am TV anschauen. Aber auch dort gab es wüste Szenen. «Chaoten warfen Flaschen ins Pub. Das waren keine Liverpool-Fans, sondern junge PSG-Ultras».

Bei Real läuft Einlass geordnet

Am Nachmittag deutet in der Pariser Innenstadt noch nichts auf einen solchen Eklat hin. Doch 90 Minuten vor dem Anpfiff, als die Fans die Party von der Stadt Richtung Stadion verlagern, wird die Spannung greifbar. Während bei den Real-Fans der Einlass ins Stadion geordnet verläuft, beginnt es vor den Toren der Liverpool-Fans zu stauen.

Schuld sind Eindringlinge, die ohne gültige Tickets über die Gitter springen und sich so Zugang zum Stadion verschaffen. Viele kommen durch. Erinnerungen an den EM-Final 2021 in London werden wach. Die Schlange vor den Toren wird immer länger, die Zeit knapper.

«Öffnet die Tore!»

Und es kommt die Zeit der Diebe. Kriminelle versuchen das Chaos zu nutzen und den Fans die teils sündhaft teuren Tickets aus der Tasche zu ziehen. Jetzt wird die Stimmung gefährlich: «Öffnet die Tore!, skandieren die Ungeduldigen und die Verängstigten».

Auch Menschen mit gültigen Tickets suchen nun den Ausweg, klettern über die Gitter. Andere zeigen verzweifelt ihre Tickets, werden zunehmend an die Gitter gedrückt. Die Polizei greift mit Tränengas ein.


Eltern, die panisch ihre Kinder zu schützen versuchen. Menschen, die ihre T-Shirts vor die Augen halten, wegen des Tränengases. Panik bricht aus. Das Spiel beginnt mit 36 Minuten Verspätung. Real besiegt Liverpool 1:0. Torschütze Vinicius Junior. Doch freuen können sich nicht alle darüber – schon gar nicht Liverpool und seine Fans.

«Wir sind sehr enttäuscht über die Probleme beim Stadionzugang und den Zusammenbruch des Sicherheitsbereichs, mit denen Fans an diesem Abend im Stade de France konfrontiert waren», schreibt Liverpool in einem offiziellen Statement. Die Uefa seinerseits schreibt von Mitgefühl mit den Betroffenen und dass diese Angelegenheit zusammen mit der französischen Polizei und den französischen Behörden genaustens untersucht wird.

Klopp: «Es war schwierig da draussen»

Auch Liverpool-Trainer Jürgen Klopp äusserte sich nach der Niederlage zu den Vorkommnissen: «Ich konnte nicht mit meiner Familie sprechen, aber ich weiss, dass die Familien echte Probleme hatten, ins Stadion zu kommen. Ich kenne die Gründe nicht. Wir müssen die Untersuchung abwarten. Ich habe ein paar Dinge gehört, die nicht gut oder schön waren. Es war schwierig da draussen. Mehr weiss ich nicht.»

Die erste provisorische Bilanz der Polizei: Mindestens 238 Leute wurden verletzt, und 68 Personen festgenommen. Die Zahlen haben sich im Laufe des Sonntags noch deutlich erhöht.

Es gibt Fragen, viele Fragen nach diesem Abend. War die Polizei richtig aufgestellt für so ein wichtiges Spiel? War der Träneneinsatz gegen alle nötig? Wie will man in Zukunft Fussball-Grossanlässe so abhalten, dass Familien mit Kindern sicher sind? Diese denkwürdige Partie ist noch lange nicht zu Ende.