Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

CDU-Chef polemisiert gegen Asylsuchende: «Die lassen sich Zähne neu machen, und Deutsche kriegen keine Termine»

CDU-Chef polemisiert gegen Asylsuchende«Die lassen sich Zähne neu machen, und Deutsche kriegen keine Termine»

Friedrich Merz löst mit Äusserungen über Zahnbehandlungen für abgelehnte Asylbewerber eine hitzige Debatte aus.

Er verwahrt sich gegen Populismusvorwürfe: Friedrich Merz, Chef der CDU.

Er verwahrt sich gegen Populismusvorwürfe: Friedrich Merz, Chef der CDU.

Foto: Getty Images

Die Gedanken von CDU-Chef Friedrich Merz zu Flüchtlingen und deren Zahnbehandlungen sind alles andere als neu. Schon 2015 gab es Befürchtungen, Hunderttausende in Deutschland ankommende Flüchtlinge könnten das System überlasten. Schon damals traf zu, was auch heute für Neuankömmlinge mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus gilt: Sie haben nur Anspruch auf notwendige Versorgung.

Und was notwendig ist, entschieden und entscheiden die Zahnärztinnen und Zahnärzte. «Eine Versorgung mit Zahnersatz», erklärte im September 2015 Deutschlands Zahnärztekammer, erfolge nur, «soweit dies im Einzelfall unaufschiebbar ist». So steht es auch im Asylbewerberleistungsgesetz.

Was Merz sagt, lässt sich statistisch nicht belegen

Der CDU-Chef hatte am Mittwoch im «Welt-Talk» des Senders Welt, bei dem es um Migranten ging, gesagt: «Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300’000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.»

Dass Menschen nach Deutschland kommen und sich flächendeckend für Tausende Euro die Gebisse sanieren lassen, wie es Merz nahelegt, gibt das Gesetz nicht her. Statistiken, wie sehr Flüchtlinge die Zahnärzteschaft fordern und damit – wie Merz behauptet – deutschen Bürgern die Termine wegnehmen, existieren ebenfalls nicht.

Der Präsident der Zahnärztekammer weist Merz’ Aussagen als falsch zurück.

Mit seinen harten Aussagen über abgelehnte Asylbewerber, die sich angeblich «die Zähne neu machen» lassen, hat CDU-Chef Merz scharfe Kritik und eine erneute Diskussion über seine Wortwahl ausgelöst. SPD, Grüne und Linkspartei warfen ihm Populismus vor und forderten eine Entschuldigung. Von Parteifreunden bekam er am Donnerstag zunächst Rückendeckung.

Der Präsident der deutschen Zahnärztekammer, Christoph Benz, wies Merz’ Äusserungen über Zahnarztbehandlungen für Asylbewerber als falsch zurück. Pauschalaussagen bei komplexen Lagen seien oft problematisch. «Die derzeit übliche politische Polterei löst keine Probleme», sagte Benz. Auf Distanz zu Merz ging auch der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen.

Gemäss dem Ausländerzentralregister waren Ende 2022 in Deutschland rund 304’000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248’000 mit einer Duldung. Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Das kann etwa daran liegen, dass sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verbreitete das Video – zunächst ohne die Passage mit den Zähnen, später in der ganzen Version noch einmal – auch auf der Plattform X, vormals Twitter. «Wir müssen über die Pull-Faktoren sprechen, die hier in Deutschland wirken. Wir haben massive Faktoren, die dazu führen, dass über 30 Prozent der Asylbewerber aus ganz Europa nach Deutschland kommen», sagte Merz in dem Video.

Mit Pull-Faktoren meint Merz solche, die eine Sogwirkung auf Migranten haben. Der Koalition warf er vor, nicht zu handeln. «Was Sie hier machen, ist eine Katastrophe für dieses Land.»

Kanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X – allerdings ohne direkt auf Merz Bezug zu nehmen: «Mein klares Ziel sind Lösungen, die unser Land voranbringen – am besten gelingt uns das gemeinsam. Mit heisser Luft und Populismus wird nur die Stimmung im Land aufgeheizt.»

Parteifreunde verteidigen CDU-Chef

Innenminister Nancy Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Hessen-Wahl in eineinhalb Wochen, schrieb: «Das ist erbärmlicher Populismus auf dem Rücken der Schwächsten. Wer so spricht, spielt Menschen gegeneinander aus und stärkt nur die AfD.» Sie wies Merz’ Aussagen als falsch zurück: Asylsuchende würden nur behandelt, wenn sie akut erkrankt seien oder unter Schmerzen litten.

Parteifreunde verteidigen den CDU-Chef. «Friedrich Merz spricht das an, was die Menschen auf der Strasse sprechen», sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende und Chef der christdemokratischen europäischen Parteienfamilie EVP Manfred Weber (CSU) im Deutschlandfunk. «Wenn ich im Wahlkampf in Bayern unterwegs bin, sind das die Themen, die die Leute interessieren und bewegen.»

CDU-Chef Merz war schon einige Male mit zugespitzten Wortmeldungen zur Migration angeeckt – hatte sich aber gegen Populismusvorwürfe verwahrt und davor gewarnt, heikle Themen nicht anzusprechen. «Wir müssen auch in der Lage sein, mal Probleme zu adressieren. Auch mal mit Formulierungen, die nicht jedem gefallen», sagte er bei einem CDU-Grundsatzkonvent im Juni. Das sei nicht gleich rechts und nicht gleich rassistisch «und vor allen Dingen nicht irgendwo AfD-Sprech».

AFP/red

Fehler gefunden?Jetzt melden.