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Aufreizende Plakate: Waadt verbietet «sexistische» Autowerbung

Aufreizende Plakate Waadt verbietet «sexistische» Autowerbung

Die Stadt Lausanne liess Plakate für den neuen Toyota Prius überkleben. Der Kanton Waadt ist Vorreiter im Kampf gegen sexistische Werbung.

Plakat des Anstosses: Toyota-Werbung mit Anja Leuenberger.

Plakat des Anstosses: Toyota-Werbung mit Anja Leuenberger.

Foto: Jean-Guy Python («24 heures»)

Das Model Anja Leuenberger lief auch schon für den Wäschehersteller Beldona in Unterwäsche über den Laufsteg. Nun sorgt ein Plakat für Aufregung, das die 31-jährige Aargauerin in einem zwar schulterfreien, aber bodenlangen Abendkleid vor einem Toyota Prius zeigt. 

Die zuständige Waadtländer Kommission hat die Toyota-Werbung am 30. August in einer Verfügung als «sexistisch» eingestuft. Die Plakate müssten deshalb verboten werden. Lausanne handelte sofort. Die Stadt liess die drei Exemplare auf Stadtgebiet überkleben. Dies berichtet die Zeitung «24 Heures».

«Sexualisierter Eindruck»

Zur Begründung des Verbots schreibt die «beratende Kommission für sexistische Werbung»: «Die abgebildete Person trägt ein Kleid mit einem seitlichen Ausschnitt. Dieser gibt den Blick auf ihr Bein frei, das in einer anzüglichen Position angewinkelt ist.» Auch die goldenen Keilsandaletten und der Blick des Modells würden zum «sexualisierten Eindruck» beitragen.

Anja Leuenberger mit dem Toyota Prius, den sie als Botschafterin der Marke selbst fährt.

Anja Leuenberger mit dem Toyota Prius, den sie als Botschafterin der Marke selbst fährt.

Foto: Instagram

Zudem verstärke die Schlankheit des Modells «die Stereotype, die mit dem idealen weiblichen Körper verbunden sind». Die Kommission gegen sexistische Werbung räumt ein, dass es «vielleicht möglich ist, sich vorzustellen, dass diese Frau dieses Auto tatsächlich fährt». Dennoch vermisst das Gremium eine «natürliche Verbindung» zwischen der Frau in Abendgarderobe und dem «Alltagsfahrzeug».

Toyota-Sprecher Björn Müller erklärt auf Anfrage, dass die Kampagne «in keiner Weise» darauf abziele, das Fahrzeug in einem sexistischen Kontext zu bewerben. «Sollte dies nicht erkennbar sein, möchten wir uns dafür entschuldigen.»

Anja Leuenberger wurde als 14-Jährige entdeckt und arbeitete als internationales Fotomodell unter anderem für Dolce & Gabbana, Armani und Akris.

Anja Leuenberger wurde als 14-Jährige entdeckt und arbeitete als internationales Fotomodell unter anderem für Dolce & Gabbana, Armani und Akris.

Foto: Instagram

Anja Leuenberger ist die offizielle Botschafterin von Toyota Schweiz für das neue Modell Prius. «Sie setzt sich aktiv für Gleichberechtigung und eine nachhaltigere Welt ein», sagt der Sprecher des Autoherstellers. Leuenberger selbst hat auf Anfragen dieser Redaktion nicht reagiert.

Die in der Waadt verbotene Kampagne war auf Plakatwänden in der ganzen Schweiz zu sehen. Sie ist Ende letzter Woche ausgelaufen. Laut dem Toyota-Sprecher sind keine weiteren Beschwerden eingegangen.

Vier Werbeverbote

Der Kanton Waadt hat seine Kommission gegen sexistische Werbung Anfang 2020 eingesetzt. Das Verbot der Toyota-Werbung ist das vierte, das sie seither ausgesprochen hat. Acht Beschwerden wurden abgewiesen. 

Die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri setzt sich seit Jahren dafür ein, dass sexistische Werbung in der ganzen Schweiz härter bestraft wird. Die Waadt ist ihres Wissens bisher der einzige Kanton mit einer griffigen Regelung und einer Behörde, die Beschwerden entgegennimmt und Verbote ausspricht.

SP-Nationalrätin Yvonne Feri wünscht sich landesweit härtere Massnahmen gegen sexistische Werbung.

SP-Nationalrätin Yvonne Feri wünscht sich landesweit härtere Massnahmen gegen sexistische Werbung.

Foto: Parlamentsdienste

Den konkreten Fall kenne sie nicht, sagt Feri. «Aber wenn die Plakate entfernt werden mussten, gehe ich davon aus, dass es sich um sexistische oder stereotype Werbung handelte.»

Ausserhalb des Kantons Waadt können Beschwerden gegen sexistische Werbung an die Schweizerische Lauterkeitskommission gerichtet werden. In dieser Kommission sind Konsumentinnen und Konsumenten, Medienschaffende und Werbetreibende paritätisch vertreten. Sie können entscheiden, ob eine Werbung unlauter und deshalb zu unterlassen ist.

Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf einen Vorstoss von Yvonne Feri schreibt, hat sich dies «bisher bewährt». Für die SP-Nationalrätin hat die Lauterkeitskommission aber zu wenig Möglichkeiten, um gegen sexistische Werbung vorzugehen. Sie hält eine «gesamtschweizerische Lösung nach wie vor für wünschenswert».

Mario Stäuble ist Ressortleiter Inland. Zuvor war er Co-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers». Der Jurist studierte an der Universität Zürich, 2011–2012 absolvierte er das Volontariat beim «Tages-Anzeiger», von 2013 bis 2019 war er Mitglied des Tamedia-Rechercheteams.Mehr Infos@mario_staeuble

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