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Krieg in Nahost | Israel führt einen "Kampf um seine Existenz"

Israel hält trotz der Forderungen nach einem humanitären Waffenstillstand unbeirrt an seiner Planung für eine Bodenoffensive im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas fest. "Wir bereiten uns auf einen Bodenangriff vor. Ich werde nicht sagen, wann, wie und wie viele", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. "Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht - über der Erde, unter der Erde, in Gaza und außerhalb von Gaza." Frankreichs Staatsführung stellte unterdessen den unter Durst und Hunger leidenden Menschen in dem dicht besiedelten Küstenstreifen medizinische Hilfe in Aussicht.

Frankreich will medizinische Hilfe liefern

Von diesem Donnerstag an sollten französische Flugzeuge mit medizinischem Material in Ägypten landen, sagte Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Kairo. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinenser, UNRWA, hatte zuvor vor einem nahenden Ende jeglicher humanitärer Hilfe im Gazastreifen gewarnt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, Krankenhäuser in dem Küstengebiet müssten bereits wegen Treibstoffmangels schließen. Israel blockiert weiter die Lieferung von Treibstoff in das Gebiet, weil das die Hamas stärken könne und Missbrauch für Terrorzwecke zu befürchten sei. Die Islamistenorganisation habe selbst große Treibstoffvorräte, enthalte sie dem eigenen Volk aber vor.

Netanjahu: Israel führt "Kampf um seine Existenz"

Unterdessen geht der Krieg zwischen der Hamas und Israel unerbittlich weiter. Mitglieder der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas schossen nach eigenen Angaben zwei Langstreckenraketen Richtung Haifa im Norden und Eilat im Süden Israels ab. In Orten südlich Haifas wurde Raketenalarm ausgelöst, wie Israels Armee am Mittwoch mitteilte. Auch im Großraum der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv gab es nach Militärangaben wieder Raketenalarm.

Israel befinde sich mitten in einem "Kampf um seine Existenz", sagte Netanjahu. Tausende Terroristen seien seit dem Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober bereits getötet worden und dies sei "nur der Anfang".

Militärsprecher Daniel Hagari sagte am Mittwochabend, die israelische Luftwaffe greife zur Vorbereitung auf eine Bodenoffensive weiter Ziele im Gazastreifen an. Dabei sei auch "Terrorinfrastruktur im Untergrund" getroffen worden. "Jeder Schlag verbessert unsere Situation für die nächsten Phasen", sagte Hagari. Unter dem dicht besiedelten Küstenstreifen verläuft ein weitreichendes Tunnelsystem, in dem auch Geiseln vermutet werden, die die Hamas bei ihrem Großangriff auf Israel entführt hatte.

Biden: Haben keine Verschiebung der Bodenoffensive gefordert

US-Präsident Joe Biden hat Israel eigenen Worten zufolge nicht aufgefordert, die angekündigte Bodenoffensive zu verschieben. Er habe Netanjahu zu verstehen gegeben, dass - wenn es möglich sei - die Geiseln im Gazastreifen sicher befreit werden sollten, sagte Biden am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Washington. "Es ist ihre Entscheidung. Aber ich habe es nicht gefordert." Biden war gefragt worden, ob er von Netanjahu eine Zusicherung erhalten habe, dass die Bodenoffensive solange aufgeschoben werde, bis die Freilassung der Geiseln sichergestellt sei. Darauf sagte der US-Präsident: "Nein."

Weltsicherheitsrat weiter uneins

Der Weltsicherheitsrat kann sich im Gaza-Krieg derweil weiter auf keine Resolution mit humanitärem Fokus einigen. Sowohl ein Entwurf der USA als auch eine Beschlussvorlage Russlands fielen am Mittwoch vor dem mächtigsten UN-Gremium durch. Der US-Text, der unter anderem das Selbstverteidigungsrecht Israels betonte und eine humanitäre Feuerpause forderte, wurde durch Vetos von Russland und China verhindert. Der russische Vorschlag, der unter anderem die Forderung nach einem Waffenstillstand enthielt, erhielt nur vier Ja-Stimmen in dem Gremium, dem 15 Staaten angehören.

Ägyptens Präsident Al-Sisi warnte nach seinem Treffen mit Macron vor einer Ausweitung des Kriegs. "Wir sehen mit großer Sorge, dass der Kreislauf der Gewalt möglicherweise auf andere Parteien in der Region ausgeweitet wird", sagte Al-Sisi am Mittwoch. Das erklärte Ziel des Krieges sei, die Hamas und andere bewaffnete Gruppen im Gazastreifen zu liquidieren. "Der Einmarsch in den Gazastreifen kann sehr viele zivile Opfer zur Folge haben", warnte er - deshalb müsse er verhindert werden. Es sei wichtig, die Zeit zur Befreiung von Geiseln zu nutzen.

Die rund 200 Geiseln in der Gewalt der Hamas brauchen laut der WHO dringend medizinische Versorgung. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) solle sofort Zugang zu den Entführten erhalten, die ohnehin freizulassen seien, forderte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend.

Weiter Gewalt an Israels Nordgrenze und im Westjordanland

Unterdessen kam es auch an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon erneut zu gegenseitigem Beschuss. Und auch im Westjordanland geht die Gewalt weiter: Dort sollen seit dem Terrorangriff der Hamas nach palästinensischen Angaben bei Konfrontationen inzwischen mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen sein. US-Präsident Biden zeigte sich besorgt über gewaltsames Vorgehen von Siedlern im Westjordanland und verurteilte die Gewalt gegen Palästinenser. "Ich bin weiterhin beunruhigt über die Angriffe extremistischer Siedler auf Palästinenser im Westjordanland", sagte Biden am Mittwoch. "Das muss jetzt aufhören." Derartige Angriffe seien, als würde man Benzin ins Feuer gießen.

Was am Donnerstag wichtig wird

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten wollen bei einem Gipfeltreffen darüber beraten, wie die EU dazu beitragen kann, eine regionale Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der Hamas zu verhindern. Am selben Tag sollen die französischen Flugzeuge mit medizinischem Material in Ägypten landen. Ein Schiff der französischen Marine soll laut Macron binnen zwei Tagen in Südfrankreich ablegen, um Krankenhäuser in Gaza zu unterstützen.