Austria
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Gottfried Helnwein: „Ich wusste nicht, was ich mit so viel Geld soll“ [premium]

Interview. Gottfried Helnwein zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern. Mit der „Presse“ spricht er über sein fehlendes Talent zur Anpassung und die „peinlichen Begriffe“ Geld und Karriere.

Die Presse: Vor wenigen Tagen sind Sie 75 Jahre alt geworden. Wie haben Sie gefeiert?

Gottfried Helnwein: Mit meiner Frau. Wir sind ins Waldviertel gefahren, es war eine Reise in die Stille. Wir waren den ganzen Tag allein in dieser wunderbaren archaischen Landschaft und haben keine einzige Menschenseele gesehen. Alle Kinder und Enkelkinder werden demnächst aus Amerika und Irland anreisen, wir werden weiterfeiern, und ich werde ihnen ein bisschen Wien und Österreich vorstellen.

Am 25. Oktober eröffnet die Albertina anlässlich Ihres 75. Geburtstags eine Retrospektive. Was bedeutet das für Sie?

Die Albertina hat mich mein gesamtes künstlerisches Leben begleitet. Der Ort, an den ich immer wieder zurückkehre. 1979 wurden erstmals meine Federzeichnungen zu Edgar Allen Poe gezeigt. Die zweite Ausstellung folgte 1985. Danach verließ ich Österreich. 2013 gab es die große Retrospektive, die einen Besucherrekord aufgestellt hat. In der aktuellen Ausstellung sind Arbeiten der vergangenen 20 Jahre zu sehen. Durch die Möglichkeit, in jedem Lebensabschnitt meine Arbeiten hier zu zeigen, ist die Albertina zu einer Art künstlerischer Heimat für mich geworden.

In Ihrem künstlerischen Schaffen haben Sie sich ein Leben lang gegen Gewalt gestellt. Frustriert es Sie nicht, mitansehen zu müssen, wie Gewalt zu- statt abnimmt? 

Ich habe mir mein Thema nicht ausgesucht, ich hatte gar keine andere Wahl. Schon sehr früh, in meiner Jugend, als mir das Ausmaß der Katastrophe des Holocaust bewusst geworden ist, und der Umstand, dass meine Elterngeneration passiv oder aktiv dafür verantwortlich war, hat das mein Leben, meine Wertvorstellungen völlig verändert. Seitdem beschäftige ich mich geradezu obsessiv mit dem Thema Gewalt. Gewalt war ein Teil der menschlichen Existenz. Ich habe nie verstanden, wie jemand Lust dabei empfinden kann, jemandem, der wehrlos ist, Schmerzen zuzufügen. Und irgendwann habe ich erkannt, dass es nur einen Weg für mich gab, mich dieser Thematik anzunähern – die Kunst. Nur deshalb bin ich Künstler geworden.

Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Kunst kontroversiell ist?

Meine Arbeiten haben von Anfang an immer wieder für Aufregung gesorgt und oft sehr emotionale Reaktionen hervorgerufen. Mir fehlt einfach das Talent zur Anpassung, ich konnte mich nie einordnen, und daher habe ich immer Gegenwind gehabt. Ich halte das aber für einen Vorteil, weil es mich zwingt, wachsam zu sein und ständig meine eigene Position zu überprüfen und präzise zu sein mit dem, wofür ich stehe. 

Seit Tagen tobt der Krieg in Israel und Gaza und erschüttert die Welt.