Probleme bei der Arbeit – Noch nie gab es so viele unzufriedene Mitarbeitende in der Schweiz
Auch wenn die Beschäftigungslage gut ist, ist das Befinden schlecht. Dafür gibt es mehrere Gründe.
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Man könnte meinen, die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei in bester Ordnung. Mit einer Arbeitslosenquote von offiziell 2,2 Prozent und vielen Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, neue Mitarbeiter einzustellen, scheinen die Statistiken beruhigend zu sein.
Und doch ist dieser Eindruck teilweise trügerisch, wie eine aktuelle Umfrage des Personalunternehmens von Rundstedt zeigt. Vor Ort, in den Fabriken und Büros, entdeckt man viele unzufriedene Personen.
Von Arbeitslosenzahlen nicht erfasst
Um das auszuleuchten, muss man sich eine andere Kennzahl ansehen, die Unterbeschäftigungsquote. Sie befinde sich «auf einem Rekordniveau von etwas über 10 Prozent», sagt Anne Donou, Direktorin bei von Rundstedt.
Die Unterbeschäftigungsquote bildet all jene Menschen ab, die nicht arbeitslos sind, aber gerne anders oder mehr arbeiten würden. Sie zeigt also gewissermassen die Summe aller Unzufriedenheiten mit der eigenen Arbeitssituation.
«Auch wenn der Markt sehr gut ist, gab es noch nie so viele Menschen, die mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden sind», sagt Anne Donou. «Ich denke da an Menschen, die unterbeschäftigt sind oder Teilzeit arbeiten, weil sie es müssen und nicht wollen.»
Die Direktorin spricht von Menschen in Catering- oder Reinigungsunternehmen, die gerne mehr arbeiten würden, oder von Frauen, die versuchen, nach einer langen Elternzeit wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Oder von IV-Bezügern, die nach Teilzeitjobs suchen. All dies sind Unzufriedenheiten, die in den Arbeitslosenzahlen, wie sie vom Staatssekretariat für Wirtschaft oder dem Bundesamt für Statistik erfasst werden, nicht auftauchen.
«Mitarbeiter wollen bessere Bedingungen oder mehr Teilzeit, sind aber nicht bereit, mehr zu bieten.»
Anne Donou, Direktorin bei von Rundstedt
Von Rundstedt hat 1907 Führungskräfte und Personalfachleute in der Schweiz befragt und kommt zum Schluss, dass «der Arbeitsmarkt viel mehr Anomalien und Widersprüche aufweist als üblich». So kündigen in Berufen, in denen es einen Mangel an Bewerbern gibt, unzufriedene Mitarbeiter leichter und finden anderswo wieder Arbeit. Aber diese Abgänge erhöhen das Arbeitsvolumen, die Belastung und den Druck auf die verbleibenden Mitarbeiter.
«Diejenigen mit geringerer Beschäftigungsfähigkeit haben weniger Chancen, eine Alternative zu finden, also bleiben sie, auch wenn sie unzufrieden sind, und finden sich damit wieder, die Arbeit von zwei oder drei Leuten zu erledigen, bis eine Neueinstellung erfolgt», sagt Donou.
Ein Problem für die Firmen sei, dass die Ansprüche der Stellenbewerber steigen, aber nicht ihre Produktivität. «Unsere Studie zeigt, dass die Mitarbeiter bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Teilzeitarbeit wollen, aber nicht bereit sind, im Gegenzug mehr zu bieten.»
Für die Unternehmen bestehe das Problem darin, dass die Produktivität sinkt, insbesondere am Freitag, der zu einem ruhigen Tag wird. Die Erklärung lautet: «Die Menschen wollen nicht mehr im gleichen Rhythmus wie vor der Pandemie arbeiten, das Coronavirus hat die Situation eindeutig verändert.»
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