Kleinkunst im Keller62: Das Genie und das Überlebens­drama

Kleinkunst im Keller62Das Genie und das Überlebens­drama

Licht aus! Ein Theater in Zürich spielt aus Protest gegen die städtische Förderungspolitik im Dunkeln. Es entsteht ein erhellendes Theatererlebnis.

«Mathematik lässt in uns Musik erklingen»: Michael Scheid im Einmannstück «Hajm, der Zahlenwanderer» im Zürcher Keller62.

Foto: PD

Geradezu finster ist es in Zürichs «intimstem Kleintheater» (Eigenwerbung), das nur einen Steinwurf entfernt liegt vom stolz illuminierten Schauspielhaus. Dieser Premierenabend im Keller62 ist augenscheinlich anders: Die Uraufführung des Einmannstücks «Hajm, der Zahlenwanderer» spielt sich im Halbdunklen ab.

Im Halbdunklen? Aus «Spargründen», so heisst es auf der Website des Hauses, bleibt das Scheinwerferlicht an diesem Theaterabend ausgeschaltet – stattdessen leuchtet eine Handvoll Taschenlampen die Bühne behelfsmässig aus.

Das Notlicht soll dem Publikum vorführen, wie Kleinkunst aussieht, wenn kaum mehr Geld da ist. Exakt dieses Schicksal droht dem Keller62, denn unlängst hat die Stadtregierung das Theater an der Rämistrasse, gegründet vor rund 60 Jahren, von der Liste der Subventionsempfänger gestrichen.

Ein Genie auf Speed

Auch einige Zuschauerinnen und Zuschauer brachten Taschenlampen mit – sie folgten damit einem Aufruf auf der Website des Theaters –, sodass an diesem Abend Theaterpersonal und Publikum vereint den Protest gegen einen Subventionsstopp inszenieren.

«Hajm, der Zahlenwanderer» ist eine Eigenproduktion, geschrieben und auf die Bühne gebracht vom Keller62-Impresario Lubosch Held Hrdina persönlich. In der einzigen Rolle: der Aargauer Schauspieler Michael Scheid, ein Mann mit Erfahrung im fordernden Genre des Monodramas; er spielte im Keller62 bereits im Einmannstück «Diabelli» nach einem Text von Hermann Burger die Titelfigur. Scheid gibt den Zahlenwanderer differenziert und facettenreich – keine leichte Aufgabe in diesem schwachen Licht, das Gesicht bloss von einer Taschenlampe beleuchtet.

«Mathematik ist wie Kunst», sagt Hajm, «sie lässt in uns Musik erklingen.»

Die Figur des Zahlwanderers Hajm ist inspiriert vom Schicksal des jüdischen Mathematikers Paul Erdös (1913–1996), wegen seiner Kreativität und Produktivität immer wieder «der Euler des 20. Jahrhunderts» genannt. Familienmitglieder und Verwandte von Erdös starben in den KZ der Nazis, er selbst war bis zu seinem Tod rastlos unterwegs, ein Pendler zwischen den renommiertesten mathematischen Instituten. 

Hajm, sein dramatisches Alter Ego, reist auf ein paar Quadratmeter Bühne um die Welt; was er benötigt zum Leben in zwei Plastikbeutel gezwängt. Im Kopf des Amphetamin-süchtigen Genies ist ein Rechnen ohne Ende, ein unendliches Spiel der Zahlen. «Mathematik ist wie Kunst», sagt Hajm, «sie lässt in uns Musik erklingen.»

Rekurse, Petitionen, Crowdfunding: Keller62-Leiter Lubosch Held Hrdina.

Foto: Doris Fanconi

Hajm, dies ist ein Ritter der Zahlen, der die Dämonen und Zumutungen des Lebens mit Mathematik verscheucht. Und seine klug und spannend erzählte Geschichte ist gekonntes und lohnendes Kleintheater.

Noch offen ist der Ausgang des Subventionsdramas. Der städtischen Fördergelder-Jury war das Programm des Keller62 zu wenig divers, das Theater zu wenig vernetzt. Und da war noch diese Kritik der Zürcher Kulturbeamten, der Keller62 verwende in seiner Kommunikation keine «gendergerechte Sprache»; das berichtete die NZZ.

Eine Frage von Sein oder Nichtsein

Das Subventionsgesuch, das dem Kellertheater verweigert wurde, beläuft sich auf 60’000 Franken. Nicht viel, sollte man meinen, in einer Stadt, die das benachbarte Schauspielhaus mit rund 38 Millionen Franken Fördergelder jährlich beglückt. Doch für den Keller62 sind 60’000 Franken offenbar eine Frage von Sein oder Nichtsein, eine Frage des Überlebens.

Seit 25 Jahren leitet Lubosch Held Hrdina das Kellertheater. Seit Monaten kämpft er für eine Revision des Entscheids – mit Rekursen, Petitionen, mit einem Crowdfunding, mit der Unterstützung des Publikums. Und jetzt eben Taschenlampen. Er will die Hoffnung nicht aufgeben, dass den städtischen Subventionsverteilern ein Licht aufgeht.

Theater Keller62, «Hajm, der Zahlenwanderer», 26., 27., 28. und 31.10.

Michael Marti ist Autor bei der SonntagsZeitung und beim Tages-Anzeiger und schreibt vor allem über gesellschaftspolitische Themen. Von 2013 bis 2022 war er Mitglied der Chefredaktion Tamedia, von 2013 bis 2018 Leiter Digital bei Tamedia. Der studierte Germanist und Historiker ist Träger des Zürcher Journalistenpreises.Mehr Infos@michaelmarti

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