Nach den Wahlen ist vor den Wahlen – zumindest gilt das für diejenigen Kantone, die noch kein endgültiges Ständeratsergebnis hervorbringen konnten.
Bei den Ständeratswahlen sind am Sonntag 31 der 46 Sitze vergeben worden. Für die 15 noch offenen Sitze sind in zehn Kantonen zweite Wahlgänge nötig. Diese finden je nach Kanton am 12. oder 19. November statt.
In einigen Kantonen sind noch beide Sitze offen, und viele Wahlgänge versprechen einiges an Spannung. Ein Überblick:
Bern
Flavia Wasserfallen freut sich am Montag über ihre Wahl. Bild: keystone
Die Ständeratswahlen im Kanton Bern sind entschieden. Auch Bernhard Pulver (Grüne) verzichtet auf den zweiten Wahlgang, wie seine Partei am Montagabend mitteilte. Damit ist der Weg frei für die stille Wahl von Werner Salzmann (SVP) und Flavia Wasserfallen (SP).
Sie hatten im ersten Wahlgang die beiden ersten Plätze belegt, deutlich vor Pulver und Sandra Hess (FDP). Diese hatte bereits am Montagnachmittag erklärt, sie sei zum Verzicht bereit, wenn sich Pulver ebenfalls aus dem Rennen nehme. Drei weitere Kandidierende von GLP, EVP und Mitte hatten das Feld ebenfalls am Montag geräumt.
Die Berner Ständeratssitze sind damit weiterhin in den Händen von SVP und SP. Der SVP-Mann Werner Salzmann ist seit 2019 in der kleinen Kammer. Bei der SP löst Flavia Wasserfallen ihren Parteikollegen Hans Stöckli ab, der nicht mehr zur Wahl antrat.
Solothurn
SVP-Imark mit Pirmin Bischof von der Mitte. Bild: keystone
In Solothurn schickt die SVP Nationalrat Christian Imark in den zweiten Wahlgang für den Ständerat, die SP Nationalrätin Franziska Roth. Bereits gewählt ist Pirmin Bischof von der Mitte-Partei. Zuvor haben die anderen Parteien, zuletzt die FDP, ihre Leute aus dem Rennen zurückgezogen.
Waadt
Pascal Broulis will Raphaël Mahaim ausstechen. Bild: keystone
In der Waadt ist SP-Mann Pierre-Yves Maillard im ersten Wahlgang in den Ständerat gewählt worden. Der Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds erreichte als Einziger die absolute Mehrheit.
Im zweiten Wahlgang steuern die Ständeratswahlen auf ein Duell zwischen FDP und Grünen zu. Am 12. November wird Pascal Broulis (FDP) gegen Raphaël Mahaim (Grüne) um den zweiten Sitz in der Waadt antreten. Broulis lag nach dem ersten Wahlgang gut 37'000 Stimmen vor Mahaim.
Genf
Mauro Poggia vom MCG (Mouvement Citoyen Genevois) überrascht in Genf. Bild: keystone
Bei den etablierten Parteien stehen sich je zwei Duos mit bekannten Persönlichkeiten gegenüber. Die vereinten Bürgerlichen (FDP, Mitte, SVP und MCG) schicken Mauro Poggia und die SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz ins Rennen. Das Paar tritt gegen die Bisherigen Lisa Mazzone von den Grünen und Carlo Sommaruga von der SP an.
Der 64-jährige Ex-Staatsrat Mauro Poggia erzielte in der ersten Runde der Ständeratswahlen am Sonntag mit 38'761 Stimmen das beste Resultat. Der Kandidat der rechtsbürgerlichen Protestpartei Mouvement citoyen genevois lag damit rund 1000 Stimmen vor seinen beiden Konkurrenten aus dem rot-grünen Lager. SVP-Frau Céline Amaudruz, Poggias Mitstreiterin auf dem Ticket der Alliance genevoise, erhielt 28'365 Stimmen.
Lisa Mazzone von den Grünen will die Wiederwahl schaffen.Bild: keystone
Nun bahnt sich im zweiten Wahlgang ein heisser Kampf zwischen Links und Rechts um die beiden Ständeratssitze an. Die Bürgerlichen haben dabei gute Chancen, die seit 2007 währende rot-grüne Dominanz in der Genfer Standesvertretung zu brechen.
Die Staatskanzlei gab am Dienstag die Liste der Kandidierenden für den zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen am 12. November bekannt. Insgesamt sechs Kandidierende stehen zur Wahl, darunter zwei aus der neuen Gruppierung «Liberté le peuple d'abord». Der winzigen Partei werden jedoch keine Chancen eingeräumt.
Für die neue Gruppierung «Liberté le peuple d'abord» kandidieren die ehemalige Lehrerin Chloé Frammery, die durch ihre coronaskeptischen Positionen einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, und Anastasia-Natalia Ventouri, die sich unter anderem für Kinderrechte einsetzt.
Zürich
GLP-Nationalrätin Tiana Moser darf noch auf einen Ständeratssitz hoffen.Bild: keystone
Während Daniel Jositsch (SP, bisher) im Kanton Zürich seinen Ständeratssitz bereits im ersten Wahlgang sichern konnte, kommt es um den frei werdenden Sitz von Ruedi Noser (FDP) im zweiten Durchgang zum Duell zwischen dem im ersten Wahlgang zweitplatzierten Gregor Rutz von der SVP und der GLP-Nationalrätin Tiana Moser.
Zuvor hatte sich FDP-Kandidatin Regine Sauter für den zweiten Wahlgang aus dem Rennen genommen, womit eine 40-jährige Ära des Zürcher Freisinns im Ständerat endet. Sie hielt sich damit an eine vorgängig mit der SVP getroffene Vereinbarung, in einem zweiten Wahlgang diejenige Kandidatur mit den besseren Chancen zu unterstützen – dabei handelt es sich um SVP-Nationalrat Gregor Rutz, der am Sonntag vor Sauter lag.
Die FDP machte mangelnde Unterstützung seitens der bürgerlichen Partner geltend. Ihren Rückzug meldeten auch der Mitte-Nationalrat Philipp Kutter und der Grüne Daniel Leupi an. Noch offen war bisher, wen die Mitte unterstützen wird. Sie könnte das Zünglein an der Waage beim zweiten Ständeratssitz sein.
Aargau
Er soll verhindert werden: SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner.Bild: keystone
Ständerat Thierry Burkart (FDP) wurde wiedergewählt. Frei ist der bisherige SVP-Sitz. Es kommt zum Duell zwischen Marianne Binder (Die Mitte) und SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner.
Entscheidend für die Mitte-Kandidatur seien Gespräche mit Parteiexponenten von SP, GLP, Grünen und EVP gewesen, hiess es am Dienstagabend von der Mitte. Nach der SP-Kandidatin Gabriela Suter hatten zuvor auch die drei anderen Aargauer Ständeratskandidatinnen auf den zweiten Wahlgang verzichtet. Sie stellen sich geschlossen hinter Binder.
Mit ihrem Rückzug wollen sie die Wahl von SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner verhindern. Binder habe dafür im zweiten Wahlgang am 19. November die besten Chancen, schrieben die Nationalrätinnen Irène Kälin (Grüne) und Barbara Portmann (GLP) sowie die nicht wiedergewählte Lilian Studer (EVP) in einem gemeinsamen Communiqué.
Bei allen politischen Gegensätzen und Gemeinsamkeiten zeigten sich die drei Politikerinnen überzeugt, dass sie mit ihrem Schritt einer Aargauer Frau den Weg in den Ständerat ebnen. Von Binder erwarten sie, dass diese nicht vergesse, dass ihr die Klimaallianz den Weg zur Wahl ebne.
Tessin
SVP-Chef Chiesa will es im 2. Wahlgang schaffen.Bild: keystone
Favorit für den zweiten Tessiner Ständeratswahlgang ist SVP-Parteipräsident Marco Chiesa. Er lag nach dem ersten Wahlgang über 10'000 Stimmen vor dem Zweitplatzierten Fabio Regazzi (Mitte), der die Teilnahme am zweiten Wahlgang bestätigt hat. Ebenfalls ins Rennen steigt der drittplatzierte Alex Farinelli von der FDP sowie Greta Gysin von den Grünen. Auch Amalia Mirante von «Avanti con Ticino & Lavoro» tritt zum zweiten Wahlgang an.
Bruno Storni von der SP, der den vakanten Sitz von Marina Carobbio hätte verteidigen sollen, tritt nicht mehr an. Carobbio war im vergangenen April in die Tessiner Regierung gewählt worden. Seither ist das Tessin ausschliesslich durch Marco Chiesa (SVP) vertreten, der zweite Sitz ist vakant. Gemäss Informationen der SP Tessin verzichtet er zugunsten der Grünen Greta Gysin, die beim ersten Durchgang am Sonntag mehr Stimmen erzielt hat.
Beim ersten Wahlgang am Sonntag erzielte Marco Chiesa von der SVP mit 39'024 am meisten Stimmen, gefolgt von Fabio Regazzi von der Mitte-Partei (28'749 Stimmen) und Alex Farinelli von der FDP (27'221 Stimmen). Greta Gysin erreichte mit 22'321 Stimmen den vierten Platz, Storni erzielte 19'359 Stimmen. Das absolute Mehr lag bei 51'831 Stimmen.
Wallis
Philippe Nantermod (FDP) will mindestens einen der beiden Mitte-Kandidaten ausstechen. Bild: keystone
Im Wallis besetzten im ersten Wahlgang die beiden bisherigen Mitte-Ständeratsmitglieder Beat Rieder und Marianne Maret die ersten Plätze, verpassten das absolute Mehr jedoch. Die weiteren Kandidierenden wurden deutlich distanziert. In der zweiten Runde der Ständeratswahlen fordert lediglich der Freisinnige Philippe Nantermod die beiden Bisherigen heraus.
Die beiden Mitte-Politiker Rieder (52'748 Stimmen) und Maret (43'204) lagen in der ersten Runde weit vor dem Freisinnigen Nantermod (25'145), der rund 18'000 Stimmen zurücklag. Der SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (23'371 Stimmen) warf sofort nach Bekanntgabe der Ergebnisse das Handtuch. Er hatte während des Wahlkampfes mehrmals angekündigt, dass er nicht am zweiten Wahlgang teilnehmen werde, falls er im ersten nicht über den vierten Platz hinauskäme.
Die Grünen beschlossen, mit ihrer Kandidatin Céline Dessimoz (5. Platz) keine linke Alternative anzubieten: «Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs sind klar genug», schrieben sie in einer Mitteilung vom Montagabend. Auch die SP des französischsprachigen Wallis lanciert keine Kandidatur für den zweiten Wahlgang, wie sie mitteilte. «Der Stimmenabstand ist zu gross, um in einem zweiten Wahlgang darauf zu hoffen, noch einen Unterschied machen zu können», schrieb der PSVR.
Freiburg
Isabelle Chassot von der Mitte-Partei erreichte das beste Ergebnis. Bild: keystone
Im Kanton Freiburg wird es am 12. November zu einem zweiten Wahlgang für den Ständerat kommen. Keiner der Kandidatinnen und Kandidaten erreichte das absolute Mehr. An der Spitze lagen die Bisherigen Isabelle Chassot (Mitte) mit 34'838 Stimmen und Johanna Gapany (FDP) mit 27'989 Stimmen. Die beiden Frauen werden am 12. November von einer dritten Frau herausgefordert: SP-Kandidatin Alizée Rey.
SVP-Kandidat Pierre-André Page (SVP) war mit 27'280 Stimmen den beiden Politikerinnen dicht auf den Fersen, hat sich aber aus dem Rennen zurückgezogen. Die SP-Kandidatin Alizée Rey, wenig bekannt im Kanton, erreichte Platz vier mit 22'634 Stimmen, gefolgt vom Grünen Gerhard Andrey mit 21'150 Stimmen, der sich später ebenfalls zurückzog.
Schaffhausen
Bild: keystone
Im Kanton Schaffhausen kommt es etwas überraschend zu einem zweiten Wahlgang. Der bisherige Ständerat Thomas Minder (parteilos) hatte im ersten Durchgang das absolute Mehr verpasst. Er tritt im zweiten Durchgang gegen Simon Stocker (SP) und Nina Schärrer (FDP) an. Offen ist, wie sich die SVP verhalten wird. Sie will in den nächsten Tagen entscheiden. Deren Kandidat, der bisherige Hannes Germann, schaffte die Wiederwahl bereits im ersten Wahlgang.
(lak/sda)