Der tiefe Fall von Lucas Pouille: «Ich muss aufhören. Sonst lande ich in der psychiatrischen Klinik»

Der tiefe Fall von Lucas Pouille«Ich muss aufhören. Sonst lande ich in der psychiatrischen Klinik»

Lucas Pouille war Top-10-Spieler und Millionär, dann warf ihn eine Ellbogenverletzung aus der Bahn. Er wurde depressiv, trank nächtelang. Mit 29 sorgt er in Roland Garros nun für die Feelgood-Story.

In Roland Garros kann er wieder jubeln: Mit einer Wildcard spielte sich Lucas Pouille ins Hauptfeld.

Foto: Jean-François Badias (AP Photo)

Während der Challenger-Turniere im britischen Ilkley und Nottingham gelangte Lucas Pouille im vergangenen Juli ganz unten an. Ehemals die Weltnummer 10 und Halbfinalist am Australian Open 2019, lag der Franzose die ganze Nacht im Hotelzimmer wach und betäubte sich mit Alkohol. «Es war unmöglich, ein Auge zu schliessen. Ich starrte an die Decke und hatte düstere Gedanken.» Wenn ihn sein Coach Felix Mantilla morgens jeweils fragte, was los sei, ob er überhaupt geschlafen habe, wieso er so schwarze Augenringe habe, log er ihn an. Das sei wegen seiner Allergien.

«Ich bin ohnehin nicht der Typ, der viel redet. Ich verschloss mich allen, sprach mit niemandem darüber», erzählte Pouille im Interview mit der Sportzeitung «L’Équipe» in diesem März, als er seine Depression öffentlich machte. «Ich kam erschöpft zum Training, war gereizt.» Eines Nachts bekam er eine Nachricht und sah auf dem Sperrbildschirm das Foto seiner 18 Monate alten Tochter Rose. «Da dachte ich: Das kann es nicht sein. Ich muss sofort aufhören. Sonst lande ich in Saint-Anne, in der psychiatrischen Klinik.»

Auf Rang 675 abgerutscht

Pouille legte den Schläger für mehrere Monate weg, ehe er im Herbst sachte wieder mit dem Tennis begann. Nonthaburi, Quimper, San Luis Potosí, Sarasota und Tallahassee hiessen in dieser Saison seine Stationen. Inzwischen auf Rang 675 der Welt abgerutscht, erhielt er eine Wildcard für die Qualifikation von Roland Garros. Und da sorgt er für die Feelgood-Story der ersten Tage, qualifizierte sich mit drei Siegen. Als es geschafft war, rannte er mit Tochter Rose auf dem Arm durch ein Spalier von Ballkids, die ihn feierten. Rose wusste nicht recht, was sie von diesem Rummel halten sollte.

Am Montag schlug Pouille in der Startrunde des Haupttableaus den Österreicher Jurij Rodionov, der als Lucky Loser ins Feld gerutscht war. Die beiden hatten schon in der Qualifikation gegeneinander gespielt. Das Publikum auf Court 14 feierte den Franzosen, als hätte er gerade das Turnier gewonnen. Es sang die «Marseillaise», und Pouille stimmte mit ein. Die Sonne ging gerade unter über Paris, es war einer dieser magischen Momente, die manchmal entstehen an Grand Slams.

Pouilles Geschichte zeigt, wie schnell es bergab gehen kann in diesem so glamourös wirkenden Sport. Aufgewachsen in der Nähe von Calais im Norden Frankreichs, offenbarte er früh ein grosses Talent und galt Anfang 20 als nächster französischer Grand-Slam-Sieger. 2016 stürzte er Rafael Nadal im Achtelfinal des US Open in einem Fünfsatzkrimi, 2017 bescherte er den Franzosen den entscheidenden Punkt im Davis-Cup-Final gegen Belgien, 2019 spielte er sich am Australian Open in den Halbfinal, war da aber gegen Novak Djokovic chancenlos.

Rolex, Peugeot, Evian

Er verdiente Preisgelder in Millionenhöhe, verlegte seinen Wohnsitz nach Dubai, gewöhnte sich an ein luxuriöses Leben, reiste mit einer grossen Entourage. Die grossen Marken wollten seine Partner sein, Rolex, Peugeot, Evian. Das Geld sprudelte. Doch eine Verletzung am rechten Ellbogen warf ihn im September 2019 aus der Bahn. Eine Operation wurde nötig, plötzlich rebellierte der Körper überall. Der Rücken bereitete ihm Probleme, die Bauchmuskeln, die Schultern, die Halswirbel.

Als er im Frühjahr 2022 einen intensiven Trainingsblock machen wollte, verspürte er bei einer Serie von Vorhandschlägen einen Stich in der Seite: Rippenbruch. Pouille war da längst aus den Top 100 gefallen und musste sich auf der Challenger-Tour wieder hochkämpfen. Er sah sich weiter als Topspieler, obschon er das längst nicht mehr war. «Ich hatte nicht die nötige Demut», sagt er rückblickend. «Wenn man so viel Schönes erlebt hat wie ich und dann in der ersten Runde eines Challenger-Turniers von der Nummer 300 geschlagen wird, ist das schwer zu akzeptieren.»

Der einzige Sponsor, der ihm geblieben ist, ist die Kleidermarke Le Coq Sportif. Er spielt inzwischen mit seinen alten Prince-Rackets. «Ich war es gewohnt, mit vielen Leuten zu reisen, in schönen Hotels abzusteigen. Das war teuer, aber ich verdiente damals viel Geld. In den letzten drei Jahren habe ich nur noch Geld verloren.» Businessflüge kann er sich nicht mehr leisten. Er bucht Economy und hofft, dass er dank seiner Bekanntheit ein Upgrade bekommt.

«Wenn man jung ist und viel Geld verdient, kostet man das aus und sieht nicht, was wirklich wichtig ist.»

Lucas Pouille

Pouille musste ganz tief fallen, um wieder aufzustehen. «Es ist ein anderes Leben. Wenn man jung ist und viel Geld verdient, kostet man das aus und sieht nicht, was wirklich wichtig ist», sagt er. «Ich bin reifer geworden, ich habe meine Tochter. Es gibt wichtigere Dinge, als sich schöne Kleider oder ein tolles Auto zu kaufen. Heute bin ich mit einfachen Dingen glücklich. Mein Lebensstandard hat sich zwangsläufig geändert. Vom Halbfinal eines Grand Slam zur ersten Runde eines Challenger-Turniers sind es ein paar Nullen weniger.»

Pouille hat sich die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris zum Ziel gesetzt, er möchte also noch mindestens ein Jahr spielen. Ob er jemals wieder in die Top 100 zurückkehren wird? Wer weiss das schon. Fürs Erste geniesst er einfach die Emotionen, die er dank dem Tennis nochmals erleben darf. Dank dem Sport, den er in seinen schwärzesten Stunden abgrundtief gehasst hat.

Simon Graf ist stv. Leiter des Ressorts Sport und berichtet seit über 20 Jahren über Eishockey und Tennis. Er studierte an der Universität Zürich Geschichte und Germanistik und verfasste mehrere Sportbücher. Sein aktuelles: «Inspiration Federer».Mehr Infos@SimonGraf1

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