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Wagenknecht und die Linke: Entscheidung steht an – Parteitribunal droht

Niemand hat die Absicht ...: Sahra Wagenknecht soll der Linken bis Freitag versichern, dass sie keine eigene Partei gründen will. Doch die Partei glaubt nicht, dass sich ihr prominentestes Mitglied auf das Ultimatum einlässt.

Das Verhältnis der Linkspartei zu Sahra Wagenknecht erinnert an einen Song der irischen Rockband U2: "I can't live with or without you" – Ich kann ohne dich und mit dir nicht leben. Nun treibt die zerrüttete Beziehung zwischen der Ex-Fraktionschefin und ihrer Partei auf ihren vorläufigen Höhepunkt zu.

An diesem Freitag läuft ein Ultimatum ab, welches der Parteivorstand seiner berühmtesten Frontfrau gestellt ab: Sie soll sich zur Linken bekennen und schwören, dass sie keine andere Partei gründen will.

Offiziell will es zwar niemand "Ultimatum" nennen. Fraktionschef Dietmar Bartsch beteuerte im "Deutschlandfunk", er habe von keiner solchen Frist gehört. Aber er gab zu, dass die Partei- und Fraktionsspitzen Wagenknecht am 25. Mai zu einem dringlichen Gespräch getroffen haben. In diesem wurde ihr nach Informationen von t-online bedeutet, dass sie sich "zeitnah" entscheiden müsse. Zeitnah bedeutet: bis zur nächsten regulären Sitzung des Parteivorstands. Die findet an diesem Wochenende statt.

Es ist ein Showdown in einem Verhältnis, das schon lange als zerrüttet gilt. 2015 hatte sich Wagenknecht nach jahrelangen Machtkämpfen in der Linken durchgesetzt und wurde neben Dietmar Bartsch, der bis dahin eine innige Feindschaft zu Wagenknechts Mann Oskar Lafontaine gepflegt hatte, Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Vier Jahre später gab sie den Fraktionsposten wieder ab, nannte dafür gesundheitliche Gründe.

Tatsächlich war es parteiintern auch zu erbittertem Streit gekommen, weil Wagenknecht eine "Bewegung" namens "Aufstehen" initiiert hatte, die von vielen als Konkurrenz zur Linken verstanden wurde. Allerdings hatte "Aufstehen" keinen Erfolg und geriet schnell wieder in Vergessenheit. In Wagenknechts Umfeld wurde erzählt, sie sei regelrecht "gemobbt" worden von der damaligen Parteiführung.

Von 107 Sitzungstagen fehlte sie an 31

Nach ihrem Rückzug von der Fraktionsführung entfremdeten sich Wagenknecht und die Linke zunehmend. Schon während ihrer Zeit als Fraktionsvorsitzende war ihr nachgesagt worden, dass sie sich lieber in Talkshows tummele, als sich mit der eigentlichen Arbeit zu befassen. Nach der Aufgabe des Postens häuften sich die Abwesenheiten. Inzwischen wird Wagenknecht kaum mehr in der Fraktion gesichtet, Sitzungen bleibt sie fern. Auch mit der eigentlichen Mandatsarbeit kann sie offenbar nur noch wenig anfangen. Eine aktuelle Auswertung der Plenarprotokolle von t-online gemeinsam mit dem Magazin "Politik & Kommunikation" ergibt: Von 107 Sitzungstagen fehlte sie an 31.

Stattdessen ist sie weiterhin viel in Talkshows zu sehen, hält regelmäßig Vorträge oder promotet ihr jüngstes Buch "Die Selbstgerechten", in dem sie auch mit der eigenen Partei hart ins Gericht geht. Dort tummelten sich zunehmend "Lifestyle-Linke", die sich von denen entfremdet hätten, "für die sie da sein sollten", so der Vorwurf.

In der Partei werfen ihr hingegen viele vor, keine linken Positionen mehr zu vertreten. So wandte sie sich gegen "offene Grenzen" in der Asylpolitik, positionierte sich in der Corona-Krise als strikte Impfgegnerin und warf mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland infolge des Angriffs auf die Ukraine dem Westen vor, einen "Wirtschaftskrieg" zu führen. Da gehen selbst viele traditionell USA-kritische Linke nicht mehr mit.

Andererseits füllt Wagenknecht bei ihren Auftritten immer noch die Säle und zieht viele an, die sonst eher nicht die Linken wählen würden. Auch in der eigenen Fraktion gibt es immer noch ein "Wagenknecht-Lager". Würde Wagenknecht hinausgeworfen, gäbe es weitere Austritte. Die Linke könnte ihren Fraktionsstatus verlieren.

Wagenknecht selbst hat sich bislang noch nicht zum Ultimatum ihrer Partei geäußert. Sie soll derzeit in Frankreich Urlaub machen. Mit einer Reaktion rechnet im Karl-Liebknecht-Haus, der Parteizentrale, deshalb eigentlich niemand.

Ein Ausschluss aus der Fraktion ist unwahrscheinlich

Wenn am Samstag ab 10 Uhr der Parteivorstand tagt, wird es darum gehen, welche Konsequenzen er zieht. Theoretisch könnte die Parteiführung die Fraktionsführung auffordern, Wagenknecht aus der Fraktion auszuschließen.