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Asyrechts-Kompromiss: Baerbock will Grüne beruhigen – mit falschen Aussagen

Die Bundesregierung hat einer Verschärfung des europäischen Asylrechts zugestimmt. Annalena Baerbock muss sich für ihre Zustimmung rechtfertigen.

Abschiebung von Schutzsuchenden in Drittstaaten, Minderjährige in Lagern, Schnellasylverfahren an der EU-Außengrenze: Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) enthält viele Punkte, die Teilen der Grünen nicht unbedingt schmecken dürften. Und trotzdem hat die Bundesregierung, an der die Partei von Annelena Baerbock und Robert Habeck beteiligt ist, der GEAS-Reform zugestimmt.

Nicht ohne Folgen. Denn noch während sich die deutsche Außenministerin auf einer Dienstreise in Kolumbien befindet, muss sie auf teils drastische Unmutsäußerungen aus der eigenen Partei reagieren. Mehr dazu lesen sie hier.

Baerbock stellt Punkte der Reform verkürzt dar

Am Freitagmorgen verteidigt Baerbock die Zustimmung zur Asylreform dann in einem offenen Brief an die grüne Bundestagsfraktion. Ob das Schriftstück allerdings die aufgebrachten grünen Gemüter besänftigen kann, daran zweifeln Beobachter. Denn Annalena Baerbock stellt wesentliche Punkte der GEAS-Reform verkürzt dar.

Baerbock erklärt im Brief, ihr sei die Wahrung des individuellen Rechts auf Asyl wichtig gewesen. Dieses Recht allerdings hebelt die Europäische Union mit der Reform in bestimmten Fällen aus. Denn Schutzsuchende, die über sogenannte sichere Drittstaaten eingereist sind, können unter bestimmten Veraussetzungen pauschal abgelehnt und zurückgeschoben werden – etwa in die Türkei, die durch die Ausweitung des Konzepts der sicheren Drittstaaten in diesen Kreis aufgenommen werden könnte. Zudem sollen die rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten an der Grenze eingeschränkt werden, sodass die Asylbewerber kaum Widerspruch gegen eine solche Entscheidung einlegen können.

Das gilt selbst dann, wenn die Schutzsuchenden aus Staaten wie Syrien oder Afghanistan kommen, über deren Asylanträge zu einem Großteil positiv entschieden wird. Das konterkariert auch einen weiteren Punkt, den Baerbock in ihrem Brief an die grüne Bundestagsfraktion anführt. Sie erklärt darin, der Zugang zu Asyl für Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak bleibe unangetastet.

Gefängnisse innerhalb der Geflüchtetenlager

In ihrem Brief geht die Bundesaußenministerin außerdem auf Internierungslager wie das 2020 abgebrannte Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein. Zustände wie dort sollen in Zukunft vermieden werden. Allerdings sieht die GEAS-Reform vor, dass Menschen während des Asylverfahrens an der Grenze festgehalten werden können. Das soll zwar maximal 12 Wochen dauern – Experten bezweifeln allerdings, dass die Zeit dafür reicht; sie fürchten, dass sie überschritten werden könnte.

Ein Beispiel für ein solches Lager ist das "Closed Control Access Center" auf der griechischen Insel Lesbos. Dort wohnen Geflüchtete neben einer Müllkippe. Wie eine Recherche des "ZDF Magazin Royale" in Zusammenarbeit mit dem "Disinfaux Collectiv" aus dem Jahr 2021 zeigt, wird es auch sogenannte "Prokekas" im neuen Lager auf Lesbos geben.

"Prokekas" sind Abschiebegefängnisse innerhalb der Lager. In ihnen können Menschen für 18 Monate eingesperrt werden, wenn sie einen negativen Asylbescheid bekommen haben und auf ihre Abschiebung warten. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hatte die Zustände in den griechischen "Prokekas" mehrfach kritisiert, da die Haftbedingungen einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung gleichkämen.

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Ob Annalena Baerbock mit ihrem Brief vor allem die Parteilinken überzeugen kann, den Europäischen Weg der Asylreform mitzutragen, bleibt offen. Insbesondere aus der Grünen Jugend gibt es wütende Gegenstimmen.

Das Führungsduo der Parteijugend zeigte sich auf Twitter geradezu entgeistert. "Das ist unmenschlich und ich werde das so nicht akzeptieren", schrieb der Co-Vorsitzende Timon Dzienus auf Twitter. Die andere Co-Vorsitzende, Sarah-Lee Heinrich, fügte ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst hinzu: "Ich bin fassungslos. Abschottung sorgt nicht dafür, dass weniger Menschen fliehen. Es bedeutet, dass mehr Menschen leiden". Es scheint so, als würde diese Entscheidung die Grünen noch länger beschäftigen.