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Ziviler Ungehorsam: Die Klimaaktivisten haben nun Universitäten im Visier

In den nächsten Tagen werden gleich in zwei grossen Schweizer Städten Bildungsinstitutionen besetzt. Verantwortlich dafür sind Klimastreik und End Fossil Basel. Das zeigen Recherchen.

Othmar von Matt / ch media

Lange war von der Bewegung Klimastreik in der Schweiz nur noch wenig zu hören. Zuerst überdeckte die Pandemie zwei Jahre lang alles. Dann beherrschten Ukrainekrieg und Energiekrise die Schlagzeilen. Zudem kämpfte die Bewegung vorübergehend mit «Burn-out-Problemen».

Demonstration von Schuelerinnen und Schuelern in der Zuercher Innenstadt am Freitag, 21. Dezember 2018. In mehreren Schweizer Staedten gehen Schueler am Freitag auf die Strasse. Der Grund: In Sachen K ...

Am Freitag in Basel und am Dienstag in Zürich wollen Schülerinnen und Studentinnen mit Klimaaktivisten Bildungsinstitutionen besetzen.Bild: KEYSTONE

Doch jetzt meldet sie sich zurück. Sie hat sich in der Zwischenzeit erneuert, ist aber zersplitterter geworden. Viele Schülerinnen und Schüler, die zur ersten Klimastreik-Generation gehörten, studieren heute. Aus den Schulen rückte eine neue Generation von 14- bis 18-Jährigen nach.

Sie geht neue Wege. Am Freitag in Basel und am Dienstag in Zürich wollen Schülerinnen und Studentinnen mit Klimaaktivisten Bildungsinstitutionen besetzen. Sie knüpfen damit an die Besetzung des Bundesplatzes 2020 an. Aktionen des zivilen Ungehorsams sind in der Bewegung salonfähig geworden.

Am Freitag rückt die Stadt Basel in den Fokus

Schon morgen Freitag rückt ein Gymnasium in der Stadt Basel in den Fokus. End Fossil Basel, eine Gruppe von 40 Schülerinnen und Schülern aus Basel-Stadt und Basel-Landschaft, wollen es besetzen. Das bestätigt die Gruppe gegenüber CH Media.

End Fossil Basel schliesst mit der Aktion an die internationale Kampagne «End Fossil: Occupy» an. Sie besetzte Ende 2022 weltweit Universitäten und Mittelschulen. Die Basler Gruppe hält fest, dass sie sich auf ein Leben vorbereite, «welches uns von der menschengemachten Klimakrise genommen wird». Und weiter: «Dies wollen wir nicht still akzeptieren.»

Sie hat klare Vorstellungen. «Wir fordern das Ende der fossilen Energieerzeugung und kostenfreie öffentliche Verkehrsmittel für Schülerinnen und Schüler und Studierende», schreibt sie. «Wir sehen Schulbesetzungen als ein Mittel, um Schüler und Schülerinnen für sozial gerechten Klimaschutz zu begeistern und zu organisieren.»

End Fossil Basel will im besetzten Gymnasium Workshops und Inputs organisieren und stellt am Mittag freies Essen zur Verfügung. «Uns ist es wichtig, ein sicheres und angenehmes Umfeld zu kreieren», schreibt die Gruppe.» Wir werden deshalb mit der Schulleitung kooperieren und den Dialog mit ihr suchen.»

Am Dienstag liegt dann der Fokus auf der Stadt Zürich. Hier will eine bunte Schar von Schülerinnen, Studentinnen und Lehrlingen eine Schule besetzen. Unterstützt werden sie von zahlreichen anderen Kollektiven und Organisationen wie zum Beispiel «Kritische Lehrpersonen».

Um welche Schule in Zürich es geht, ist unklar. Ein potenzielles Ziel der Aktion dürfte aber die ETH sein. Die «NZZ am Sonntag» erwähnte sie schon im Oktober 2022, als sie erstmals über mögliche Schulbesetzungen in der Schweiz schrieb. Die Besetzung eines ETH-Gebäudes würde insofern Sinn machen, als diese Institution über viel Know-how bei der Bewältigung aktueller Krisen wie dem Klima, der Energie und dem Ukraine-Krieg verfügt.

Klimastreik-Sprecher Cyrill Hermann will sich dazu nicht äussern. Er sagt lediglich, in Zürich werde in einem Schulhaus ein Stock besetzt. «Wir werden darin einen Alternativunterricht gestalten.» Dazu habe die Bewegung auch externe Leute eingeladen: Klimawissenschafter Klimawissenschafterinnen, Menschen aus dem öffentlichen Leben wie Politiker und Politikerinnen. Hermann: «Dazu auch Influencer und Influencerinnen, die verschiedene Bereiche abdecken, welche uns im Schulalltag fehlen.»

Der Klimastreik, über den die Vernetzung in Zürich läuft, rechnet mit etwa 100 Personen, die am Dienstagmorgen vor Ort sein werden. Schülerinnen und Schüler oder Studentinnen und Studenten der betreffenden Schule hätten «die Leitung bei der Besetzung», sagt Hermann. Er rechnet damit, dass sich im Verlaufe des Tages noch Schülerinnen und Schüler von anderen Bildungseinrichtungen anschliessen werden.

«Grundsätzlich besetzen wir die Schule so lange wie möglich», sagt Hermann – betont aber: «Wir werden uns sehr kooperativ verhalten und direkt Kontakt mit der Schulleitung aufnehmen.» Ziel sei es, einen Kompromiss zu finden, der so aussehen könnte: «Wir bleiben nur zwei bis drei Tage, dafür gibt es keine Konsequenzen.»

Die Klimaaktivisten wollen Unterricht zu den aktuellen Krisen

Die Aktivistinnen und Aktivisten fordern «ein sozialeres und ökologischeres Bildungssystem, in welchem realitätsnah unterrichtet wird», wie Cyrill Hermann sagt. «Heute erfahren wir zwar jedes Detail über die Pest im 16. Jahrhundert, aber nichts über multiple Krisen wie Corona, Klima und Ukrainekrieg. Das muss sich ändern.» Und er betont: «Wir werden für ein System ausgebildet, das aufgrund der Klimakrise keine Zukunft hat.»

Noch deutlicher wird Sophie Mertens vom Klimastreik Schweiz und von «Erde brennt». «Wir fordern, dass die Schule künftig die Krisen unserer Zeit wie Klima, Krieg und Corona in zwei Lektionen pro Woche thematisiert», sagt sie. «Diese Krisen werden heute verschwiegen.»

Gleichzeitig will sie einen «Abbau des Leistungsdrucks und eine Lockerung des Absenzensystems». Der Leistungsdruck sei ein grosses Thema unter Schülerinnen und Schülern, sagt sie. Die Schule betone, Leistungsdruck sei nötig, «weil sie uns damit auf die Zukunft vorbereite». Doch das mache keinen Sinn, sagt Mertens: «Damit stützt die Schule das kapitalistische System – und dieses wiederum ist die Ursache für all die Krisen unserer Zeit.»

In Deutschland war es Ende 2022 zu verschiedenen Besetzungen in Schulen gekommen. Die Protestbewegungen Fridays for Future und «End Fossil: Occupy» nahmen die Aula der Bremerhavener Geschwister-Scholl-Schule in Beschlag. In Darmstadt störte Fridays for Future den Schulalltag des Ludwig-Georg-Gymnasiums. Und in Göttingen besetzen Schülerinnen und Schüler die Aula des Felix-Klein-Gymnasiums. (aargauerzeitung.ch)