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Umstrittene Einkaufstour: Bürgerliche wollen Post-Aufsicht Beine machen

Umstrittene EinkaufstourBürgerliche wollen Post-Aufsicht Beine machen

Die Postcom brauchte Monate, um eine Beschwerde gegen einen Firmenkauf zu beantworten – und schob den Fall an eine andere Stelle ab. Nun gibt es Kritik am «Zuständigkeitsroulette».

Livesystems vermarktet Bildschirme im öffentlichen Verkehr – und gehört seit vergangenem Jahr zur Post. Der Kauf steht stark in der Kritik. 

Livesystems vermarktet Bildschirme im öffentlichen Verkehr – und gehört seit vergangenem Jahr zur Post. Der Kauf steht stark in der Kritik. 

Foto: PD

Die Post kauft derzeit im grossen Stil Unternehmen ein. Bis 2030 sollen dafür 1,5 Milliarden Franken zur Verfügung stehen. Wegen der Aufkäufe steht die Post in der Kritik – so sehr, dass sich zwei Firmen an die Postcom, die Aufsicht der Post, wandten.

Diese Firmen befinden sich in direkter Konkurrenz zu Unternehmen, an denen sich die Post beteiligte. Sie bemängelten, die Tätigkeit der aufgekauften Firmen sei nicht durch das Postgesetz abgedeckt. Die Post bewege sich also mit den Übernahmen ausserhalb ihres gesetzlichen Auftrages und verstosse gegen ein Verbot von Quersubventionen. Die Post stellt beides in Abrede.

Der Softwareanbieter Abacus gelangte bereits am 2. November an die Postcom. Hintergrund war die Beteiligung der Post am Softwarehersteller Klara. Die Postcom liess sich lange Zeit für eine Antwort. Erst am 24. März – also fünf Monate später – traf eine Antwort ein. Dies zeigen Dokumente, die Tamedia vorliegen.

Gemäss den Papieren befand die Postcom, sie sei nur für die Abklärung dafür zuständig, ob die Post gegen das Quersubventionierungsverbot verstossen habe – nicht aber dafür, ob die Tätigkeiten der neuen Post-Unternehmen mit dem Auftrag der Post übereinstimmten. Dafür verwies die Postcom Abacus an das Bundesamt für Kommunikation. Daraufhin richtete der Softwarehersteller eine weitere Beschwerde direkt an das Amt. 

Das Gleiche gilt für den Fall der Firma Livesystems. Das Unternehmen vermarktet Bildschirme in öffentlichen Verkehrsmitteln und wurde im vergangenen Jahr von der Post aufgekauft. Es entbrannte ein Streit darüber, ob die Post damit noch innerhalb ihres Auftrages handle. Ende Dezember gelangte die Werbefirma Clear Channel zusammen mit dem Branchenverband Aussenwerbung Schweiz an die Postcom. Die Antwort kam ebenfalls im März – also drei Monate später.

SVP-Nationalrat fordert Antworten

Das gemächliche Tempo der Postcom und die Tatsache, dass möglicherweise nicht zu hundert Prozent klar ist, wer für welche Beschwerde die richtige Adresse ist, bringen nun die Politik auf den Plan. Lars Guggisberg, Nationalrat der SVP, will Antworten vom Bundesrat. 

Guggisberg steht damit nicht allein da. Er ist Co-Präsident einer breit abgestützten parlamentarischen Gruppe namens «Fair ist anders», die staatsnahen Firmen auf die Finger klopfen will, wenn sie ihre Monopolstellung ausnutzen und mit Firmenübernahmen zu direkten Konkurrenten kleiner Privatunternehmen werden. Das Präsidium der Gruppe besteht aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern von SVP, FDP, Grünliberalen, der Mitte und den Grünen. Zur Gruppe gehören Schwergewichte wie Gewerbeverband-Präsident Fabio Regazzi, Magdalena Martullo-Blocher und Jürg Grossen.

In einer Interpellation spricht Guggisberg den langen Zeitraum an, den die Postcom in Anspruch genommen hatte, um eine erste Antwort zu verfassen. Er will wissen, ob es zwischen dem Bundesamt für Kommunikation und der Postcom einen negativen Kompetenzkonflikt gebe – also eine Situation, in dem sich keine Behörde für einen Sachverhalt zuständig fühlt. Guggisberg spricht gar von einem «Zuständigkeitsroulette» zwischen Bundesamt und Postcom. 

Zudem stellt er die Frage, ob die Aufsicht über die Post, so wie sie heute gestaltet sei, lückenlos sei. Oder ob es eine Anpassung des geltenden Rechts brauche. 

Sowohl die Postcom wie das Bundesamt für Kommunikation wollen zu den beiden Fällen keine Stellung nehmen. Die Postcom verweist darauf, dass es sich um laufende Verfahren handelt. Wann die beiden Fälle zu einem Abschluss kommen, ist offen. 

Philipp Felber-Eisele ist Wirtschaftsredaktor bei Tamedia. Er berichtet über Wirtschaftspolitik direkt aus Bundesbern. Der Germanist und Historiker ist seit 2019 bei Tamedia als Journalist tätig.

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@felbereisele

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