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Tiefe Stimmbeteiligung unter Jungen: Gratis-Konzert und Briefmarken für alle: Abstimmen als Happening

Tiefe Stimmbeteiligung unter JungenGratis-Konzert und Briefmarken für alle: Abstimmen als Happening

Berner Studierende organisieren das erste Abstimmungsfestival der Schweiz. Gemäss einer Politologin wird dies immer weniger als Bürgerpflicht wahrgenommen.

Mit dem Abstimmungsfestival soll politische Beteiligung zu einem sozialen Event werden.

Mit dem Abstimmungsfestival soll politische Beteiligung zu einem sozialen Event werden.

Foto: Sabina Bobst

Fast die Hälfte der 15- bis 25-Jährigen gibt an, politisch sehr oder eher interessiert zu sein – an der Urne ist von diesem Interesse allerdings nicht viel zu sehen. So haben sich die 18- bis 25-Jährigen bei den vergangenen Gemeindewahlen in Bern am wenigsten beteiligt, neben den über 80-Jährigen. Auch bei den Abstimmungen vom 18. Juni planen gemäss Umfragen nur 24 Prozent der 18- bis 39-Jährigen, bestimmt teilzunehmen. Das sind nur halb so viele wie bei den älteren Semestern. Diesen Trend bestätigen auch Politologinnen: «Dass sich junge Altersgruppen weniger häufig an Wahlen und Abstimmungen beteiligen, ist breit belegt», sagt Isabelle Stadelmann, Professorin für vergleichende Politik an der Universität Bern.

Den Hauptgrund für die tiefe Stimmbeteiligung der Jungen sieht Stadelmann darin, dass sich die Art der Partizipation geändert hat: «Abstimmen und Wählen ist für viele Junge nicht mehr das zentrale Beteiligungsmittel.» Stattdessen seien alternative Formen wie Demonstrieren oder punktuelles Engagement wichtiger geworden. Junge Menschen besässen zudem meist noch weniger politisches Wissen und politische Fähigkeiten. Ältere Personen würden hingegen allein aufgrund ihrer zusätzlichen Lebenserfahrung über mehr politische Ressourcen verfügen. Dementsprechend beteiligen sie sich auch stärker an Urnengängen.

Stimmabgabe zelebrieren

Eine Gruppe von Studierenden der Hochschule der Künste Bern (HKB) möchte die Jungen nun auf unkonventionelle Art zum Abstimmen mobilisieren – mit dem ersten Abstimmungsfestival der Schweiz. In der Lebensrealität vieler Jugendlicher spiele das Abstimmen eine weniger wichtige Rolle, sagt HKB-Student und Mitorganisator Silvan Häseli. Mit dem Festival «vvvote» soll das Abstimmen zu einem sozialen Event werden: «Wir wollen die Stimmabgabe gemeinsam zelebrieren», sagt Häseli.

Neben den aufstrebenden Berner Jungkünstlern und -künstlerinnen Soukey, Jule X und Lou Kaena ist der «Hauptact» ein gelber Briefkasten, den die Post zur Verfügung stellt. Die Besuchenden können dort gratis ihr Abstimmungscouvert frankieren und einwerfen. Im Vordergrund steht dabei nicht die Gesinnung, sondern die politische Teilnahme an sich: «Wie die Besuchenden abstimmen, ist egal, solange sie es tun», sagt die HKB-Studentin Arianne Dedual.

Mit dem Festival und einer Social-Media-Kampagne möchten die Masterstudierenden Junge zum Abstimmen mobilisieren: Jonas Hänggi, Elfie Suter, Dario Greco, Viviane Stucki, Silvan Häseli, Arbër Shala, Carla Galliker, Christian Siegenthaler und Arianne Dedual (v.l.).

Mit dem Festival und einer Social-Media-Kampagne möchten die Masterstudierenden Junge zum Abstimmen mobilisieren: Jonas Hänggi, Elfie Suter, Dario Greco, Viviane Stucki, Silvan Häseli, Arbër Shala, Carla Galliker, Christian Siegenthaler und Arianne Dedual (v.l.).

Foto: Nicole Philipp

Das Abstimmungsfestival ist ein Pilotprojekt, das die HKB-Studierenden im Rahmen eines Masterseminars zu politischer Kommunikation organisieren. Es findet am Samstag im Innenhof des Berner Generationenhauses statt, wenige Tage vor dem Fristende für die briefliche Stimmabgabe. Auch wenn der Briefkasten in der Mitte des Innenhofs platziert werde, sei das Abstimmen keine Pflicht, so Veranstalter Silvan Häseli. Die Moderatorin und die Auftretenden werden allerdings darauf verweisen und die Jungen so zur Stimmabgabe motivieren. Auch in anderen Belangen will das Organisationsteam den Anlass möglichst inklusiv gestalten. So wird weder Eintritt verlangt, noch besteht eine Konsumationspflicht.

Abstimmen als Bürgerpflicht

Gemäss Professorin Stadelmann könne ein solches Festival durchaus einen förderlichen Effekt auf das Abstimmungsverhalten haben: Neben dem Inhalt der Abstimmungen spiele jeweils auch die soziale Dynamik eine wichtige Rolle.

Isabelle Stadelmann ist Professorin für vergleichende Politikwissenschaften an der Universität Bern. Sie forscht zu direkter Demokratie sowie politischem Verhalten und politischen Einstellungen.

Isabelle Stadelmann ist Professorin für vergleichende Politikwissenschaften an der Universität Bern. Sie forscht zu direkter Demokratie sowie politischem Verhalten und politischen Einstellungen.

Foto: BZ

Solche Initiativen könnten auch dazu beitragen, die Bedeutung des Abstimmens stärker im Bewusstsein der jüngeren Bevölkerung zu verankern, so Stadelmann. «Jüngere Generationen sollen sich wieder stärker bewusst werden, dass Abstimmen und Wählen nicht nur ein Recht ist– es ist auch eine Pflicht.»

Damaris Hohler ist freie Journalistin und schreibt über aktuelle Themen in der Stadt und Region Bern.Mehr Infos

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