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Schauspielhaus Zürich: Die scheidenden Chefs bieten ein beeindruckendes Abschiedsprogramm

Schauspielhaus ZürichDie scheidenden Chefs bieten ein beeindruckendes Abschiedsprogramm

Die letzte Saison von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg: Sie sparen, haben jetzt aber trotzdem einen grossen, vielversprechenden Spielplan präsentiert.

2019 angetreten mit vielen Hoffnungen und trotz allem voller Tatendrang: Nicolas Stemann (links) und Benjamin von Blomberg.

2019 angetreten mit vielen Hoffnungen und trotz allem voller Tatendrang: Nicolas Stemann (links) und Benjamin von Blomberg.

Foto: Gaëtan Bally (Keystone)

Die Schlachten sind geschlagen und verloren – und zurück bleibt bei der Crew des Schauspielhauses ein Stück Bitterkeit: Das versteckten die scheidenden Co-Intendanten Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg an der Spielplan-Medienkonferenz am Mittwoch keineswegs. Trotzdem war den beiden auch die Vorfreude auf das Programm des Grande Finale anzumerken. Der Coup: Alle acht Hausregisseurinnen und Hausregisseure von der ersten Saison 2019/20 sind wieder mit von der Partie.

«Wir wären wahnsinnig gerne geblieben!»

Benjamin von Blomberg

Seit der ersten Spielzeit war ja der eine, die andere gegangen – aber für die letzte Saison dieser Intendanz haben sie sich wieder versammelt. Neben Stemann werden also Leonie Böhm, Alexander Giesche, Suna Gürler, Trajal Harrell, Yana Ross, Christopher Rüping und Wu Tsang (und andere) mit Neuinszenierungen, teils auch mit Erst- beziehungsweise Uraufführungen aufwarten.

Alle acht Hausregisseure und -regisseurinnen vom Beginn sind mit von der Partie: (v. l.) Yana Ross, Trajal Harrell, Leonie Böhm, Christopher Rüping, Nicolas Stemann, die Kommunikationsverantwortliche Zora Schaad, Suna Gürler, Wu Tsang, Alexander Giesche und Benjamin von Blomberg im Schiffbau.

Alle acht Hausregisseure und -regisseurinnen vom Beginn sind mit von der Partie: (v. l.) Yana Ross, Trajal Harrell, Leonie Böhm, Christopher Rüping, Nicolas Stemann, die Kommunikationsverantwortliche Zora Schaad, Suna Gürler, Wu Tsang, Alexander Giesche und Benjamin von Blomberg im Schiffbau.

Foto: Alexandra Kedves

Das Programm ist durchaus vielversprechend, auch wenn man den Spardruck spürt: Nur eine einzige Premiere ist für die (teuer zu bespielende) Schiffbau-Halle geplant, Wu Tsangs Inszenierung nach der Oper «Carmen» von George Bizet (4. Mai 2024). Andere Sparmassnahmen, etwa dass manche Stellen nicht neu besetzt werden, laufen im Hintergrund. Man wolle das Haus unbedingt in einem finanziell konsolidierten Zustand übergeben, betonte von Blomberg. Wobei: «Wir wären wahnsinnig gerne geblieben!»

Auch Nicolas Stemann unterstrich noch einmal, dass man ja, wie gewünscht, die Idee der Öffnung des Hauses verwirklicht habe, damit auch national und international Erfolge gefeiert und zudem das Haus zum Stadtgespräch gemacht habe – wenn genau dies nun auch, unabsichtlich, zum Ende der Intendanz geführt habe. Dabei habe man noch so viele Pläne für die sechste Spielzeit in petto gehabt. 

«Wir wünschen uns, dass uns am Ende der Spielzeit alle vermissen werden.»

Benjamin von Blomberg, Co-Intendant Schauspielhaus Zürich

Sehr neugierig macht jedenfalls die geplante Uraufführung «Blutstück», die Leonie Böhm gemeinsam mit Kim de l’Horizon entwickelt (20. Oktober). Auch die zwei Jubiläumsinszenierungen, die der Hausherr besorgen wird, haben nicht bloss ein grosses Zuschauerpotenzial, sondern möglicherweise viel Sprengkraft: «Leben des Galilei» von Bertolt Brecht, vor 80 Jahren am Pfauen zur Uraufführung gekommen (9. September 2023), und «Biedermann und die Brandstifter» von Max Frisch, uraufgeführt am gleichen Ort vor 65 Jahren (21. März 2024). Dass sich Christopher Rüping erstmals an Anton Tschechow herangewagt – an «Die Möwe» –, wird uns vielleicht einen neuen Blick auf den unsterblichen Publikumsmagneten eröffnen (20. Dezember 2023).

Yana Ross dagegen adaptiert den brandneuen Roman von Virginie Despentes, «Liebes Arschloch» (25. November 2023). Der Tanzschaffende Trajal Harrell wiederum lässt sich von Nathaniel Hawthornes Klassiker «Der scharlachrote Buchstabe» inspirieren («Tambourines», 10. Februar 2024), und der «Visual Poet» Alexander Giesche von Tennessee Williams’ «Moise und die Welt der Vernunft» (19. April 2024), um nur eine Auswahl der Premieren zu nennen.

Es klingt jedenfalls nach einem ehrgeizigen Programm und keinesfalls nach einer Lame-Duck-Session. «Wir wünschen uns, dass uns am Ende der Spielzeit alle vermissen werden», resümierte von Blomberg.

Alexandra Kedves arbeitet als Kulturredaktorin im Ressort Leben. Sie schreibt schwerpunktmässig über Theater sowie über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Konstanz, Oxford und Freiburg i Br.Mehr Infos

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