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Putin in uns selbst – was es im Hinblick auf die künftige Rezeption russischer Kultur braucht, ist mehr (selbst-)kritische Reflexion

Dem gebildeten Kulturpublikum mag Oksana Sabuschkos in der NZZ geäusserte polemische Haltung zur russischen Literatur irritierend erscheinen. Doch war auch die russische politische Dissidenz sehr oft imperial und chauvinistisch. Zeit, unangenehme Fragen zu stellen.

Ilja Repin: «Michail Glinka beim Komponieren seiner Oper ‹Ruslan und Ljudmila›». Gemälde, 1887.

Ilja Repin: «Michail Glinka beim Komponieren seiner Oper ‹Ruslan und Ljudmila›». Gemälde, 1887.

Oksana Sabuschkos Polemik «Lektionen aus einem grossen Bluff», in der die ukrainische Schriftstellerin die jüngsten Kriegsverbrechen in der Ukraine vor dem Hintergrund der russischen Literatur reflektiert, ist in der NZZ auf scharfe Kritik des Freiburger Professors für slawische Literaturen, Jens Herlth, gestossen. Sabuschko weigere sich, die russische Opferrolle anzuerkennen, und ihre Lektüre russischer Klassiker sei voreingenommen und oberflächlich, so Herlth. In der Tat hat Sabuschkos Text Schwachstellen, aber er regt auch zum kritischen Nachdenken an, das wir alle brauchen. Er verweist auf die Verbindung zwischen Kultur und Macht sowie auf die Tatsache, dass man den russischen kulturellen Chauvinismus erst einmal erkennen muss, um ihm widerstehen zu können. Es geht zuletzt darum, dass die russische Kultur, insbesondere die Literatur, von einer kritischen Neubetrachtung im Geist der Entkolonisierung profitieren wird.