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Ohne Kassenzettel kommen Kunden nicht mehr raus: Migros führt Schrankensystem ein

Diese 10 Probleme kennen wir alle beim Einkaufen

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Diese 10 Probleme kennen wir alle beim Einkaufen

quelle: watson

Wenn Verkäufer mit uns ehrlich wären...

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Eigentlich schwor sich Herbert Bolliger, Migros-Konzernchef von 2005 bis 2017, sich nach seinem Rücktritt nicht mehr einzumischen. Doch jetzt, wo seine Nachfolger das Alkohol-Verkaufsverbot aufheben wollen, startet er eine Kampagne. Warum?

Es ist die vielleicht grösste Volksabstimmung ausserhalb der offiziellen Politik: 2.27 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter der Migros können sich zum Alkohol-Verbot äussern. Die Abstimmungsfrage lautet: «Möchten Sie das Alkoholverkaufsverbot in den Migros-Filialen aufheben und der Anpassung der regionalen Statuten zustimmen?» Zum Showdown kommt es am 4. Juni. Dann fällt der Entscheid - und zwar einzeln in den zehn Migros-Genossenschaften. Theoretisch könnte es sein, dass die Migros Zürich das Verbot aufhebt, während die Migros-Aare dieses beibehält. Das hiesse dann, dass in den Kantonen Aargau und Bern kein Bier gekauft werden könnte, in Zürich aber schon.

In rund fünf Prozent der Filialen der Zürcher Genossenschaft hat der Detailhändler Schranken installiert. Grund dafür sind Diebstähle bei den Selbstbedienungskassen.

Pascal Michel / ch media

Kein Kassenbon, kein Durchkommen: Schranke in der Migros-Filiale am Zürcher Albisriederplatz.

Kein Kassenbon, kein Durchkommen: Schranke in der Migros-Filiale am Zürcher Albisriederplatz.Bild: mpa

Vor vier Monaten hatte die Migros-Genossenschaft Zürich genug. Nachdem Ladendiebe an den Selbstbedienungskassen immer häufiger Waren unbezahlt hatten mitgehen lassen, installierte der Detailhändler in der Filiale am Zürcher Albisriederplatz eine Schranke. Damit will er dem Treiben Einhalt gebieten.

Seither kann den Self-Check-out-Bereich nur verlassen, wer den QR-Code seines Kassenzettels an der Schranke einliest – erst dann öffnen sich die Türen.

Der Schritt der Migros Zürich ist insofern bemerkenswert, als Migros und Coop bisher hauptsächlich auf Eigenverantwortung und daneben auf Stichprobenkontrollen gesetzt hatten.

Den Ladenausgang mit einem Kontrollsystem abzuschirmen, war bisher nur in einer Migros-Filiale am Neumarkt in Oerlikon und bei Lidl gängige Praxis. Anders im Ausland: In den Niederlanden gehören die Schranken seit Jahren zum Einkauf dazu – dort kommen sie auch im öffentlichen Verkehr zum Einsatz und regeln etwa den Zugang zu Bahnhöfen.

Fünf Prozent aller Filialen in Zürich

Klare Ansage.

Klare Ansage.Bild: mpa

Wie gross die Verluste in der betroffenen Filiale waren und ob die Massnahme bereits Wirkung gezeigt hat, will die Migros Zürich auf Anfrage nicht preisgeben. Sie hat dieses System «lediglich punktuell und im Sinne der Prävention und zur klaren Abgrenzung des Kassenbereichs im Einsatz», heisst es auf Anfrage von CH Media. Aktuell gebe es bei rund fünf Prozent aller Supermarkt-Filialen der Genossenschaft solche Schwenkarme.

Wie die Migros die Standorte auswählt, an denen sie mit Schranken aufrüstet, bleibt unklar. «Die Standorte werden anhand verschiedenen Kriterien ausgewählt – jede Ladensituation wird dabei individuell begutachtet», sagt eine Sprecherin. Sie betont: Weder für das Personal noch für die Kundschaft hätten die Schranken negative Auswirkungen gehabt.

«Die Lösung stösst in allen betroffenen Supermärkten auf grosse Akzeptanz.» Wie viele Genossenschaften schweizweit auf die Kontrollschranken setzen, ist nicht bekannt.

Lidl setzt seit längerem auf die Technologie

Gute Erfahrungen mit dem System macht Lidl. «Nach einen kurzen Eingewöhnungsphase haben sich unsere Kundinnen und Kunden sehr schnell damit zurechtgefunden», sagt Sprecher Mathias Kaufmann. Der Discounter setzt bereits seit der Einführung der Selbstbedienungskassen auf das Kontrollsystem, das aktuell in rund 90 Filialen in der ganzen Schweiz zum Einsatz kommt.

Er kann folglich die Frage, ob es dadurch zu weniger Diebstählen komme, nicht beziffern. Jedenfalls bewegt sich bei Lidl an den Selbstbedienungskassen der Verlust durch Diebstahl «im tiefen Nachkomma-Bereich».

Nicht nur in Zürich beschäftigen Ladendiebe die Detailhändler. Jüngst berichtete «Argovia Today» über verschiedene Fälle von Self-Scanning-Betrügereien. So ergaunerte ein 30-jähriger Aargauer über einen Monat hinweg in der Migros Waren im Wert von 130 Franken. Seine Taktik: Er scannte seinen Einkauf am Self-Check-out, bevor er jedoch bezahlte, entfernte er einige der Produkte wieder.

Diese Trickserei kostete ihn 1040 Franken. Um 190 Franken erleichterte die Migros eine 35-jährige Aargauerin, die in Spreitenbach und Wohlen einkaufte. Sie stornierte die erfassten Artikel vor dem Bezahlen ebenfalls wieder und wurde mit 1000 Franken gebüsst.

Mehr Selbstbedienungskassen, mehr Diebstähle

Ob in diesen Fällen eine Schranke beim Ausgang des Self-Scanning-Bereichs die Trickser früher hätte stoppen können, ist fraglich. Klar ist: Gemäss Studien steigt die Zahl der Diebstähle, je mehr Selbstbedienungskassen in einem Laden stehen. Forscher, die Daten von 13 Supermarkt-Anbietern und Transaktionen im Wert von 72 Milliarden Euro analysiert hatten, kamen zum Schluss, dass 0,44 Prozent der Self-Check-out-Ware bewusst unterschlagen wird.

Die Forscher geben zu bedenken, dass in diesen Verlusten die möglichen Einsparungen durch Selbstbedienungskassen – etwa weniger Personalkosten – nicht einberechnet sind. Je nachdem, wie ein Geschäft die Technologie einsetzt und seine Personalplanung ausrichtet, lohnt sich Self-Scanning trotz höherem Diebstahl-Risiko. In der Schweiz betonen Migros und Coop stets, dass man in den Verkaufsstellen mit Selbstbedienungskassen nicht weniger Personal beschäftige als vor deren Einführung.

Offen ist, wie sich das Schrankensystem auf die Nachfrage nach Kassenbons auf Papier auswirkt, deren Verwendung die Migros eigentlich aus ökologischen Gründen verringern möchte. Um durch die Schranke zu gelangen, dürften viele Kundinnen und Kunden aus Bequemlichkeit auf den Papier-Kassenzettel zurückgreifen. Obwohl der QR-Code dafür auch auf dem Beleg in der Migros-App mitgeliefert würde.

Keine Pläne für Schranken bei den Selbstbedienungskassen hat Coop. «Der allergrösste Teil unserer Kundinnen und Kunden ist ehrlich», sagt Sprecher Kevin Blättler. (aargauerzeitung.ch)