Die Vorwürfe sind happig: Die BLS und die Verkehrsbetriebe Luzern AG hätten Bund und Kantone als Besteller des öffentlichen Verkehrs getäuscht, schreibt das Bundesamt für Verkehr.

Die BLS hat im Moment Mühe, die Kurve zu kriegen.
Adrian Moser
Gegen das Bahnunternehmen BLS und die Verkehrsbetriebe Luzern AG (VBL) läuft ein Strafverfahren. Die beiden Unternehmen hätten Bund und Kantone als Besteller des öffentlichen Verkehrs getäuscht und zu hohe Subventionen erwirkt. Die Besteller forderten dieses Geld zurück. Dies teilt das Bundesamt für Verkehr (BAV) am Dienstag mit. Das BAV hat Strafanzeige bei den kantonalen Staatsanwaltschaften eingereicht.
Bei der BLS hat gemäss der BAV-Mitteilung eine Untersuchung gezeigt, dass die Geschäftsleitung gegenüber Bund und Kantonen seit mehreren Jahren bewusst nicht alle Einnahmen im «Libero»-Tarifverbund offengelegt hat.
Am 20. November hat die Stadt Luzern einen Untersuchungsbericht zur Geschäftstätigkeit der Verkehrsbetriebe Luzern AG (VBL) im subventionierten Orts- und Regionalverkehr veröffentlicht. Dieser zeige, dass die Verantwortlichen der Luzerner Verkehrsbetriebe seit 2010 im subventionierten öffentlichen Verkehr Gewinne erzielten und diese gegenüber den Bestellern nicht auswiesen.
Beide Unternehmen haben gemäss BAV in der Folge zu viel Subventionen bezogen. In Absprache mit den öV-Verantwortlichen der Kantone Bern und Luzern reicht das BAV Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen der BLS und der Verkehrsbetriebe Luzern AG ein.
Betrugsvorwurf steht im Raum
Als Tatbestand steht in beiden Fällen Betrug im Vordergrund. Die Anzeigen werden bei den Staatsanwaltschaften der Kantone Bern und Luzern eingereicht. Zudem fordern Bund und Kantone bzw. der Verkehrsverbund Luzern die überhöhten Subventionsbezüge samt Strafzinsen zurück. Entsprechende Vereinbarungen sind unter Federführung der Kantone in Erarbeitung. Weiter hat das BAV die eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde gebeten, zu prüfen, ob die Revisionsstellen der BLS und der VBL ihre Pflichten in den vergangenen Jahren genügend wahrgenommen haben.
BLS bedauert das Strafverfahren
Die BLS hat ebenfalls am Dienstagvormittag eine Pressemitteilung veröffentlicht. Darin bedauert das Bahnunternehmen das vom BAV eingeleitete Strafverfahren und die vorgenommenen Vorverurteilungen. Die BLS werde die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden jedoch unterstützen, für Auskünfte zur Verfügung stehen und notwendiges Material transparent bereitstellen.
Die BLS bezieht sich auf eine Untersuchung der Firma PwC. Diese sei abgeschlossen und es liege ein Bericht dazu vor. Der Bericht enthalte keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Sachverhalte, heisst es in der Mitteilung der BLS.
Der Fokus in der vom BLS-Verwaltungsrat in Auftrag gegebenen Untersuchungen lauf auf den Verkäufen von Halbtax-Abos im Libero-Verbund. Diese waren über mehrere Jahre nicht vollumfänglich budgetiert worden. Die BLS nehme die Ergebnisse zur Kenntnis und führe die bereits eingeleiteten Optimierungsmassnahmen fort. Sie werde die anstehende strafrechtliche Aufarbeitung unterstützen, heisst es in der Mitteilung.
Wer wusste davon?
Die BLS publizierte am Dienstag eine Zusammenfassung des PwC-Berichts. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus konnte die BLS bereits am 4. September 2020 erläutern, als auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ihren Bericht veröffentlichte.
Die Ergebnisse deckten sich mehrheitlich mit den Analysen der BLS, heisst es in der Mitteilung. Neu sei die Erkenntnis, dass die mit den Ertragsschätzungen beauftragte Abteilung offenbar seit 2013 von nicht eingerechneten Halbtax-Erlösen gewusst habe.
Die Kritikpunkte der EFK und von PwC zu den mangelhaften Kontroll- und Überwachungsmechanismen habe die BLS aufgenommen und die nötigen Optimierungsmassnahmen bereits eingeleitet. Sie fühle sich mit der Finalisierung des PwC-Berichtes bekräftigt, diese Massnahmen nun fortzuführen. Die BLS betont in ihrer Mitteilung vom Dienstag nochmals, dass alle Erlöse aus dem Verkauf von Halbtax-Abos im Libero-Verbund immer korrekt in der Ist-Rechnung abgebildet wurden. Sie werde wie angekündigt die zu viel erhaltenen Abgeltungen an Bund und Kantone zurückerstatten.
Zu hohe Kosten eingeplant?
PwC vermutet zusätzlich, die BLS habe systematisch zu hohe Kosten und zu tiefe Erlöse eingeplant, um so ihre Pensionskasse zu sanieren. Diese Schlussfolgerung weist die BLS in aller Deutlichkeit zurück. Zwar wurden erwirtschaftete Überschüsse teilweise in die Pensionskasse eingebracht. Jedoch sei dies in voller Transparenz gegenüber den Kantonen und dem Bund geschehen, schreibt die BLS.
Regierungsrat fordert lückenlose Aufarbeitung
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat inzwischen ebenfalls reagiert. Er habe sich bereits über den Inhalt des von der BLS bei der Firma PwC in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht informieren lassen, schreibt der Regierungsrat in der Mitteilung. Auf der Basis dieser Informationen nehme er den Entscheid des Bundesamts für Verkehr, bei der kantonalen Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die BLS AG zu erstatten, zur Kenntnis.
Der Regierungsrat bekräftigt laut Mitteilung seine Haltung, dass die Sachverhalte rund um die zu viel bezogenen öffentlichen Gelder lückenlos aufgearbeitet und die Verantwortlichkeiten geklärt werden müssten. Die BLS habe bereits angekündigt, sämtliche unrechtmässig bezogenen Gelder zeitnah an den Kanton zurückzuerstatten. Die entsprechenden Arbeiten dazu seien angelaufen. Wie bereits angekündigt, werde der Regierungsrat den Bestellprozess der BLS untersuchen lassen; hierfür sei ein Auftrag erteilt worden.