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Neue Partnerin der Swiss erlaubt Tattoos und Piercings – doch die Schweizer Airline bockt

Bilder der Wehmut: Die Swissair ist Geschichte

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Bilder der Wehmut: Die Swissair ist Geschichte

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Der für den (morgigen) Mittwoch angekündigte Streik bei der Lufthansa schlägt auch auf die Konzerntochter Swiss durch: Die Schweizer Airline streicht ein Dutzend Flüge. Davon sind rund 1000 Passagiere betroffen, wie Swiss-Sprecherin Karin Montani am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagte.

Air Baltic führt schon bald Flüge im Namen der Swiss durch. Das lettische Cockpit- und Kabinenpersonal darf sich optisch mehr erlauben als die Crew der Lufthansa-Tochter. Dabei geht es auch um Lippenstifte und Strümpfe.

Benjamin Weinmann / ch media

Sichtbare Tattoos am Arm und Piercings? Für Air Baltic kein Problem, für die Swiss schon.

Sichtbare Tattoos am Arm und Piercings? Für Air Baltic kein Problem, für die Swiss schon.Air Baltic

Die Zeiten ändern sich. Galten Tattoos, Piercings und extravagante Haarschnitts einst als verrucht und verpönt, ist der Körperschmuck in allen möglichen Stilrichtungen inzwischen im Mainstream angelangt. So auch an Bord von Airlines. Viele Fluggesellschaften haben in den vergangenen Jahren ihre strengen Uniformen gelockert, um die Individualität der Arbeitnehmenden zu fördern.

Nun macht auch Air Baltic einen Schritt in diese Richtung - jene Airline also, die erst kürzlich eine so genannte Wet-Lease-Partnerschaft mit der Swiss eingegangen ist und für die Lufthansa-Tochter im Winter zahlreiche Flüge durchführen wird. Die lettische Airline kündigt an, dass die Uniform-Kriterien für das Kabinen-, Cockpit- und Bodenpersonal per sofort gelockert werden. Neu seien die meisten Tattoos, Haarschnitte und Piercings erlaubt und können sichtbar während der Arbeit getragen werden.

Individualität demonstrieren

«Bis jetzt wandten wir die gleichen Regeln wie die Mehrheit der Airlines an», hält Personalchefin Al?na Aronberga in einer Mitteilung fest. Tattoos waren demnach nur erlaubt, wenn sie unter der Uniform versteckt werden konnten. «Jetzt haben wir diese Regeln deutlich gelockert, sodass es unseren Angestellten möglich ist, ihre Individualität in Form von Tattoos, Piercings und Haarstilen zu demonstrieren und gleichzeitig mit Stolz unsere Uniformen zu tragen.» Ziel sei es, noch diverser und inklusiver zu werden.

Hintergrund dieses Schachzugs dürfte aber auch die Personalknappheit in der europäischen Aviatik sein. Denn verbunden mit der Uniform-Meldung ist auch der Aufruf, man solle sich bei Interesse bei Air Baltic bewerben, da noch Stellen offen seien.

Lippenstift und Strümpfe bei Swiss Pflicht

Pikant ist die Meldung insbesondere für die Swiss. Denn sie wendet bis heute strenge Uniform-Regeln an. Zwar sind Tattoos und Piercings erlaubt, sie müssen laut Swiss-Sprecher Michael Stief aber durch ein Langarmhemd, lange Hosen oder ein Foulard abgedeckt sein. Von weiblichen Flight Attendants verlangt die Swiss zudem, dass sie Lippenstift benutzen und im Falle einer Uniform mit Rock Strümpfe tragen.

Die Swiss verlangt von ihren weiblichen Flight Attendants, dass sie Lippenstift tragen - und diesen auch selber bezahlen.

Die Swiss verlangt von ihren weiblichen Flight Attendants, dass sie Lippenstift tragen - und diesen auch selber bezahlen.Bild: KMB

Diese Handhabung hat in der Vergangenheit immer wieder zu Kritik seitens der Kabinen-Gewerkschaft Kapers geführt. Angesichts des Zeitgeistes müssten die Uniform und ihre Bedeutung dringend überdacht werden, so die Forderung. Vor drei Jahren erreichte die Gewerkschaft nach langem Kampf, dass Frauen Schnürschuhe tragen dürfen, so wie die männlichen Kollegen. Die Airline hatte sich anfänglich aus optischen Gründen gegen diese Forderung gewehrt, was Kapers als sexistisch einstufte.

Erst vor einem Jahr erlaubte die Swiss den sogenannten Man Bun oder Herrendutt, sowie den «Undercut», die Trendfrisur, bei der die Haare am unteren Teil des Kopfes nur wenige Millimeter lang sind, die obere Haarpracht aber länger ist.

Gleiche Regeln: Nein. Gleiches Schöggeli: Ja.

Hartnäckig gibt sich die Swiss aber nach wie vor bei der Lippenstift- und Strumpf-Pflicht für Frauen. Kapers verlangt, dass diese Vorschrift entweder aufgehoben wird, oder die dafür nötigen Ausgaben von der Airline bezahlt werden. Dies ist bis heute nicht der Fall, wie Swiss-Sprecher Stief bestätigt.

Muss die Air-Baltic-Crew somit auf den ausgelagerten Swiss-Flügen die strengeren Uniform-Regeln der Auftraggeberin aus der Schweiz einhalten? Schliesslich kaufen die Passagiere ein Swiss-Ticket. «Nein», sagt Sprecher Stief, «es gelten die Uniformregeln von Air Baltic.» Die Haltung ist allerdings nicht konsistent. Denn das Verpflegungsangebot soll das gleiche wie auf Europa-Flügen der Swiss sein. «Auch das Swiss-Schöggeli ist vorgesehen.»

Swiss-Reglement wird überarbeitet

Auf die Frage, ob das Uniformreglement in absehbarer Zeit ebenfalls gelockert wird, bleibt die Swiss vage: «Das Reglement wird regelmässig überarbeitet und um neue Bestimmungen ergänzt, um den sich verändernden Bedürfnissen und gesellschaftlichen Trends gerecht zu werden», sagt Stief. Dies sei auch derzeit der Fall. Mehr will die Airline aber nicht sagen.

Derweil versucht die Swiss den Vorwurf der Kapers zu kontern, wonach mit der Auslagerung der Flüge an Air Baltic Lohndumping betrieben wird. Die sei «nicht korrekt», sagt Stief. Die befristete Zusammenarbeit mit Air Baltic habe die Stabilisierung des Flugplans und die Erhöhung der Planungssicherheit für die Kundschaft zum Ziel. «Darüber hinaus soll damit eine zusätzliche Entlastung für die Kabinenmitarbeitenden einhergehen.» Die Air-Baltic-Crews würden Spesen für ihre Einsätze von und nach Zürich erhalten. Zudem würden die Angestellten für ihre Auslagen vor Ort, wie die Hotelübernachtung oder Uniformreinigung, von der Swiss entschädigt.

Laut Kapers beträgt der Lohn beim lettischen Kabinenpersonal zwischen 900 bis 1500 Euro. Gewerkschaftspräsidentin Sandrine Nikolic-Fuss bezeichnete die Kooperation als «beschämend für eine Premium-Airline». Bei der Swiss beträgt der Einstiegslohn für Flight Attendants 3400 Franken.