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Neue Daten: Gas aus der Nordsee und aus Übersee hilft, Speicher zu füllen

Neue DatenGas aus der Nordsee und aus Übersee hilft, Speicher zu füllen

Europa will weg von russischem Gas – das ist der Plan. Die USA sind dabei zum wichtigsten Lieferanten von Flüssiggas aufgestiegen. Doch der Run auf Flüssiggas bringt neue Probleme mit sich.

Auf solchen Schiffen wird Flüssiggas nach Europa verfrachtet.

Auf solchen Schiffen wird Flüssiggas nach Europa verfrachtet.

Foto: Keystone

Es ist die grosse Frage: Hat Europa für den nächsten Winter genügend Gas? Um diese Frage am Ende mit Ja zu beantworten, haben die europäischen Länder ihre Beschaffungsstrategie geändert – weg von der russischen Abhängigkeit. Nun zeigt ein Blick in neuste Daten, wie die Abkehr vom russischen Gas vorangeht. 

Dass die EU sich auf anderen Wegen Gas organisiert, ist dringend. Denn ständig droht der Gasfluss aus Russland zu versiegen. Die Folgen einer Mangellage wäre verheerend, allenfalls droht deswegen gar eine Strommangellage. Eine Rezession, gerade in Deutschland, das sehr stark von russischem Gas abhängig ist, wäre möglich. 

Entsprechend haben die Länder fieberhaft nach neuen Quellen gesucht. Denn bis November sollen die Gasspeicher so gut gefüllt sein, um durch den Winter zu kommen. Die deutschen Gasspeicherbetreiber zeigen sich derweil zuversichtlich, dass dies tatsächlich funktioniert. Momentan sind die Speicher in der gesamten EU zu über 70 Prozent gefüllt. 

Das hat damit zu tun, dass es die Gasversorger in Europa tatsächlich geschafft haben, einen Teil des russischen Gases durch andere Quellen zu ersetzen. Der Anteil an Flüssiggas ist deutlich gestiegen. Und auch Gas aus der Nordsee ist deutlich wichtiger geworden als noch letzten Oktober – oder auch kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar.

Daten des Verbands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas zeigen: Letzten Oktober war Gas aus dem Osten – sprich aus Russland – am wichtigsten für die Versorgung der EU. Mittlerweile ist Russland bloss noch die drittwichtigste Bezugsquelle. Gerade die Flüssiggaslieferungen nach Europa konnten über die Monate kontinuierlich ausgebaut werden. Das zeigen die tatsächlichen Liefermengen. Am 1. Oktober kam Flüssiggas in der Menge von 1866 Gigawattstunden in der EU an. Am 7. August waren es über 3000. Lieferungen aus dem Osten gingen von 3550 auf noch 1250 zurück. 

Entsprechend hat sich auch die prozentuale Verteilung deutlich verschoben, wie die Grafik zeigt. Flüssiggas ist deutlich wichtiger geworden, als es noch im letzten Oktober war. 

Bei der Suche nach alternativen Lieferanten für Flüssiggas setzten viele die Hoffnung auf Katar. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte unter grossem Medienecho Gespräche mit der katarischen Regierung geführt. Wie der deutsche «Tagesspiegel» nun berichtet, ist bisher noch kein Flüssiggas von Katar nach Deutschland verschifft worden. Die Gespräche fanden bereits vor fünf Monaten statt. 

Sparen für den Winter

Neben der Akquise von anderen Gaslieferanten setzt die EU auf Sparbemühungen. Ziel sind Einsparungen von 15 Prozent. Seit dieser Woche sind diese Pläne in Kraft. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen für die jeweiligen Mitgliedsländer der EU.

Deutschland hingegen will und muss mehr sparen – was damit zu tun hat, dass das Land stark von den russischen Gaslieferungen abhängig ist. Um Gas zu sparen, hat Deutschland zum Beispiel ein Kohlekraftwerk reaktiviert, das zuvor als Reserve gehalten wurde.

In der Schweiz sind solche Einsparziele derzeit nicht in Kraft. Im August will der Bund eine sogenannte Sensibilisierungskampagne starten, die zum Energiesparen führen soll. Zudem kündigte Simonetta Sommaruga an, dass der Bundesrat über Sparbemühungen diskutieren wolle. Konkret ist aber noch nichts. 

Im deutschen Brunsbüttel soll Anfang des kommenden Jahres ein schwimmender LNG-Terminal in Betrieb genommen werden. Nötig ist dazu der Bau einer 2,5 Kilometer langen Pipeline. 

Im deutschen Brunsbüttel soll Anfang des kommenden Jahres ein schwimmender LNG-Terminal in Betrieb genommen werden. Nötig ist dazu der Bau einer 2,5 Kilometer langen Pipeline. 

Foto: Keystone

Der Wechsel auf Flüssiggas bringt andere Probleme mit sich. Einerseits sind Länder wie Deutschland, Frankreich, Irland und Spanien fieberhaft daran, ihre Infrastruktur auszubauen, um Flüssiggas zu importieren. Andererseits ist der europäische Drang nach neuen Quellen eine Schwierigkeit für andere Regionen. So schreibt «Focus», dass wegen des Runs auf LNG etwa in Pakistan der Strom ausgehe. Denn die Preise sind stark erhöht, seit sich Europa mit dem Gas eindeckt.

USA werden wichtigste Lieferantin

Andere Länder, die schon länger mit Flüssiggas ihren Energiebedarf etwa zur Stromproduktion decken, haben es nun schwerer, an den Energieträger zu kommen. Offenbar gibt es gar Firmen, die Strafzahlungen in Kauf nehmen und ihre Lieferungen trotz Verträgen mit anderen Ländern nach Europa umleiten, wie Reuters schreibt.

Die USA sind dabei zum wichtigsten Lieferanten von Flüssiggas aufgestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres lieferten die USA mehr Flüssiggas nach Europa als im gesamten Jahr zuvor. 

Ohne Risiken war und ist die Abkehr von russischem Gas nicht. Das zeigt etwa der Blick in die USA. Dort ist derzeit eine wichtige Flüssiggasanlage in Reparatur, weil es zu einer Explosion kam. Auch in Norwegen gab es Probleme wegen eines Brands .

Philipp Felber-Eisele ist Wirtschaftsredaktor bei Tamedia. Er berichtet über Wirtschaftspolitik direkt aus Bundesbern. Der Germanist und Historiker ist seit 2019 bei Tamedia als Journalist tätig. Mehr Infos@felbereisele

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