Zum ersten Mal hat ein Gericht in der Schweiz einen möglichen Tatort virtuell besucht, als 3-D-Simulation.

Neue Technologie im Gerichtssaal: Die Prozessteilnehmenden (oben rechts) verfolgen die 3-D-Tatrekonstruktion.
Illustration: Robert Honegger
Wie kann es passieren, dass eine Frau beide Kniescheiben und beide Oberschenkel bricht? Woher stammen die massiven Verletzungen im Gesicht? Ist es plausibel, dass der Beschuldigte, ihr Ehemann, sie geprügelt und angefahren hat, wie das die Staatsanwaltschaft glaubt? Oder könnte die Frau aus dem Fenster gestürzt sein, wie es der Beschuldigte behauptet? Am zweiten Prozesstag in Meilen legten Gutachter dar, was in Mallorca zwischen dem Paar geschehen sein könnte. Dabei trafen Erkenntnisse aus der Unfallchirurgie auf modernste Technik.
Michael Gabler, ausgebildeter Chirurg und langjähriger Unfallgutachter für die Suva, machte keinen Hehl aus seiner Verwirrung. Sein Fazit in Kürzestform: «Mir fehlt die Fantasie, mir ein Geschehen vorzustellen, das diese Verletzungen erklären könnte.» Gabler hatte im Auftrag der Verteidigung eine Stellungnahme zum Gutachten abgegeben, welches die Anklage vorgelegt hatte – eine eindeutige Entlastung für den Beschuldigten konnte er aber nicht bieten, auch wenn er das offizielle Gutachten als «spekulativ» bezeichnete.