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Künstliche Befruchtung als Reizthema: Neue Polen braucht das Land!

Künstliche Befruchtung als ReizthemaNeue Polen braucht das Land!

Polen schrumpft so stark wie nie. Um im Wahlkampf beim Volk zu punkten, machen sich nun selbst konservative Politiker plötzlich für künstliche Befruchtung stark.

Nie wurden in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg so wenige Kinder geboren wie 2022: Ein Junge geniesst den Schnee in Warschau. 

Nie wurden in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg so wenige Kinder geboren wie 2022: Ein Junge geniesst den Schnee in Warschau. 

Foto: EPA

Die jüngste Statistik wies einen neuen Tiefpunkt aus. In Polen leben nur noch 37,8 Millionen Menschen und es werden immer weniger. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gab es kein Jahr, in dem weniger Kinder geboren wurden als 2022.

Aktivistinnen haben dazu einen Vorschlag: «Ja zu In-vitro» heisst eine Petition, die bisher etwa 300’000 Menschen unterschrieben haben und die in dieser Woche dem polnischen Parlament, dem Sejm, vorgelegt werden soll. Gefordert wird eine staatliche finanzielle Unterstützung für Kinderwunschbehandlungen, einschliesslich der In-vitro-Fertilisation, bei der Eizelle und Samenzelle ausserhalb des Körpers im Reagenzglas verschmolzen werden. 500 Millionen Zloty jährlich, etwa 106 Millionen Franken, solle sich die Regierung diese Art Neubürgerprogramm kosten lassen.

Einzelne Städte bezahlen Behandlung

Das In-vitro-Gesetz geht in Polen zwar weiter als in anderen Ländern. Statt drei dürfen bis zu sechs Eizellen befruchtet werden – sogar noch mehr, wenn die Frau älter als 35 Jahre ist. Und das Paar muss nicht verheiratet sein. Aber eben alles selbst bezahlen. Es sei denn, es lebt zum Beispiel in Breslau, Warschau oder Bydgoszcz, wo die Städte die Behandlung subventionieren.

Trotz der liberalen Gesetzeslage lehnt die rechtsnationale PIS-Regierung künstliche Befruchtungen ab – ganz im Sinne ihrer wichtigsten Verbündeten, der katholischen Kirche. Vergangenen Sommer etwa wurden aus der Opposition Vorwürfe gegen den Bildungsminister laut, weil ein neues Schulbuch künstliche Befruchtung als «Menschenzucht» beschrieb und infrage gestellt wurde, dass irgendjemand «solche Kinder lieben» könne.

Der kinderlose und unverheiratete PIS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski sagte, die jungen Polinnen tränken einfach zu viel Alkohol.

Die Petition bezieht sich nun auf ein Programm, das es zwischen 2013 und 2016 schon gab,  aufgelegt von der Regierung unter Donald Tusk, der heute die Opposition anführt. Infolge dessen seien immerhin 22’000 Kinder geboren worden, sagen die Befürworter. Die PIS hatte nach ihrem Wahlsieg 2015 ein eigenes Programm für Paare mit Kinderwunsch aufgelegt, das die In-vitro-Behandlung nicht mehr unterstützt. Kaum waren die ersten drei Förderjahre herum, hatte eine Oppositionspolitikerin der PIS vorgerechnet, dass sich nur 294 Schwangerschaften ergeben hätten.

Macht sich im Wahlkampf nun für liberale Ansichten stark: Der polnische Oppositionschef Donald Tusk. 

Macht sich im Wahlkampf nun für liberale Ansichten stark: Der polnische Oppositionschef Donald Tusk. 

Foto: Wojtek Radwanski (AFP)

Initiiert wurde die aktuelle Petition denn auch von Tusks Partei. Das zeigt auch, woher der Wind eigentlich weht: Es geht weniger um die ja schon ältere Sorge, dass die Polen immer weniger werden, als vielmehr um die aktuelle Sorge, im Wahlkampf zu unterliegen. Und da ist es gerade der ultrakonservative Kurs der PIS, der christlich-konservativen Parteien wie der Bürgerplattform von Tusk plötzlich liberale Ansichten eingibt. Die Partei verspricht nun früher Undenkbares, nämlich, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche zu legalisieren. Abtreibungen sind in Polen seit 2020 nur noch in extremen Ausnahmen erlaubt. Zu mehr Geburten hat das bislang nicht geführt.

Der kinderlose und unverheiratete PIS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski gab vergangenen Herbst vor laufenden Kameras seine Erklärung für die sinkende Geburtenrate ab: Die jungen Polinnen tränken einfach zu viel Alkohol. Die Petenten halten ihre Antwort ebenfalls schlicht: «In-vitro bedeutet Menschen», lautet ihr Slogan. 

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