Switzerland
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Geldblog: Risiko bei Anleihen: Zweistelliges Minus trotz konservativer Strategie?

Geldblog: Risiko bei AnleihenZweistelliges Minus trotz konservativer Strategie?

Viele Privatinvestoren gehen von der falschen Annahme aus, dass es bei Obligationen kaum Kursschwankungen gibt. Was unser Geldblogger den Anlegern rät.

Turbulente Börsenzeiten: Derzeit ist das Anlegerleben schwer – und viele hinterfragen ihre Strategie.

Turbulente Börsenzeiten: Derzeit ist das Anlegerleben schwer – und viele hinterfragen ihre Strategie.

Illustration: Christina Baeriswyl

Ich habe Ende November 2021 beim VZ 29'300 Franken in ETFs investiert. Seitdem ist die Anlage 12,3 Prozent im Minus. Die jährlichen Gebühren betragen 0,55 Prozent und der Aktienanteil liegt bei 35 Prozent. Ich versuche auszuharren und brauche das Geld in den nächsten Jahren nicht. Dennoch bin ich sehr verunsichert und es interessiert mich, wie Sie zu dieser Anlage stehen. Leserfrage von A.N.

Ich habe mir Ihr Portfolio angeschaut und gesehen, dass Ihr Geld, wie von Ihnen vorgegeben, konservativ und breit diversifiziert in zehn verschiedene Exchange Traded Funds ETFs investiert wurde. Nur etwas mehr als ein Drittel des Geldes ist in Aktien-ETFs mit Fokus Schweiz, Welt und Schwellenländer angelegt. Fast 60 Prozent sind in Obligationen und 5 Prozent in Immobilienanlagen investiert. Auch da wurden ETFs genutzt und so wurde eine breite Diversifikation erreicht.

Bei den Obligationen sind besser rentierende Papiere von ausländischen Schuldnern in Fremdwährungen mit 33 Prozent stärker gewichtet als die Papiere von Schweizer Schuldnern mit 22 Prozent. Trotz dieser breiten Diversifikation und der vorsichtigen Strategie sitzen Sie nun auf Buchverlusten. Ich verstehe, dass Sie dies irritiert. Ähnlich geht es derzeit vielen anderen Anlegerinnen und Anlegern, die eben gerade nicht grosse Risiken eingehen wollten, weil sie sich vor hohen Verlusten fürchteten.

Allerdings ist es so, dass momentan selbst eine konservative Strategie mit einem geringen Aktienanteil und einem hohen Obligationenanteil nicht vor beträchtlichen Buchverlusten schützt. Der Grund dafür liegt bei den deutlichen Kursverlusten, die wir nicht nur bei den Aktien, sondern derzeit auch bei den vermeintlich sicheren Obligationen erleben. Viele Privatinvestoren gehen von der falschen Annahme aus, dass es bei Obligationen keine oder nur sehr schwache Kursschwankungen gibt, und sind nun plötzlich selbst auf ihrem Obligationenbestand mit zum Teil recht heftigen Buchverlusten konfrontiert.

Sie haben eine gute Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kurse Ihrer ETFs nach einiger Zeit wieder erholen werden.

Normalerweise geht die Entwicklung der Aktien und der Obligationen auseinander: Wenn die Aktien steigen, läuft es bei den Obligationen gut und umgekehrt. Im bislang sehr turbulenten Anlagejahr haben wir die besondere Situation, dass es sowohl bei den Aktien als auch bei den Obligationen zu markanten Rückschlägen gekommen ist. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die steigenden Zinsen. Diese sind nicht nur schlecht für die Aktien, sondern auch für viele Obligationen. Wenn die Zinsen in die Höhe gehen, sind bestehende Obligationen weniger attraktiv, weil die Investoren wissen, dass sie auf neuen Anleihen mehr Zins bekommen und daher diese gegenüber den bestehenden Papiere bevorzugen.

Grundsätzlich muss man sich bewusst sein, dass man auch mit einem hohen Obligationenanteil im Depot ein Anlagerisiko trägt und nicht nur mit Aktien. Solange der Zinserhöhungsprozess der internationalen Notenbanken läuft, der aufgrund der hohen Inflation in Europa und den USA an Tempo gewonnen hat, werden die Finanzmärkte turbulent bleiben und die Kurse von Aktien und Obligationen unter Druck bleiben. Als wäre dies nicht schon genug, sind die Börsen mit weiteren Unsicherheitsfaktoren wie dem Krieg in der Ukraine, den Lieferkettenproblemen, Konjunkturrisiken und einer aus dem Ruder gelaufenen Teuerung konfrontiert.

All diese Faktoren zusammen lasten schwer auf den Finanzmärkten. Leider dürfen Sie wohl kaum mit einer schnellen Erholung rechnen. Dennoch rate ich Ihnen, auszuharren, an Ihrer Strategie festzuhalten und die ETFs in Ihrem Depot nicht etwa zu verkaufen. Sie schreiben, dass Sie das investierte Geld vorderhand nicht brauchen. Das Geld wurde auch mit einem Anlagehorizont von mehreren Jahren angelegt. Wenn man aufgrund der momentanen Rückschläge und dem Schreck, den diese hervorrufen, verkauft, realisiert man seine Buchverluste. Davon rate ich Ihnen ab. Bei Ihrer Strategie sehe ich nicht ein grundsätzliches Problem. Sie haben eine gute Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kurse Ihrer ETFs nach einiger Zeit wieder erholen werden. Das braucht allerdings einiges an Geduld, da sich die Finanzmärkte wohl nicht so rasch beruhigen werden.  

Fehler gefunden? Jetzt melden.