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Fusion des Duftstoffriesen Firmenich: Mit ihm endet die Geschichte einer der grössten Schweizer Familienfirmen

Fusion des Duftstoffriesen Firmenich Mit ihm endet die Geschichte einer der grössten Schweizer Familienfirmen

Nach 127 Jahren gibt Patrick Firmenich als Verwaltungsratspräsident die Eigenständigkeit des Traditionskonzerns auf. Der Rückzug in die zweite Reihe bringt der Familie viel Geld ein. 

Patrick Firmenich wird der letzte Verwaltungsratspräsident des eigenständigen Duftstoffriesen Firmenich sein. Nach einer Fusion mit der niederländischen DSM haben andere das Sagen. 

Patrick Firmenich wird der letzte Verwaltungsratspräsident des eigenständigen Duftstoffriesen Firmenich sein. Nach einer Fusion mit der niederländischen DSM haben andere das Sagen. 

Foto: Lucien Fortunati

Patrick Firmenich leitet als Verwaltungsratspräsident ein Milliardenunternehmen. Doch viele dürften seinen Namen nicht kennen – dabei stammt er aus einer Familie, die seit über 120 Jahren international an der Spitze mitmischt, wenn es um Duftstoffe geht. Auch das Unternehmen Firmenich selbst ist kaum bekannt, was auch mit der Tatsache zu tun hat, dass die Firma und die Familie dahinter sehr verschwiegen sind. 

Nun geht die Traditionsfirma mit dem holländischen Unternehmen DSM zusammen – Patrick Firmenich und damit die ganze Familie müssen Macht abgeben. Er wird Vize des neuen Konstrukts. Damit geht eine lange, unabhängige Unternehmensgeschichte zu Ende – auch wenn Firmenich selbst und der Familienname weiterhin präsent sein werden. 

1990 trat Patrick Firmenich als Vertreter der 4. Generation in das Familienunternehmen ein. Der 60-jährige Rechtsanwalt hat zwei Kinder. Er stieg auf, 2002 übernahm er den Posten als CEO. Den behielt er bis 2014 – er rutschte in den Verwaltungsrat nach, dessen Spitze er ab 2016 übernahm. Nun steht er ganz zuoberst, wenn das Familienunternehmen seine Unabhängigkeit aufgibt.

Vergangene Woche hatte die Firma kurz vor der Fusion noch einmal ein erfolgreiches Geschäftsjahr verkündet. 4,7 Milliarden Franken Umsatz mit einem deutlichen Plus zum Vorjahr. 

«Silicon Valley der Düfte»

Das Unternehmen gehört zu den führenden Duftstoffherstellern der Welt. Zusammen mit dem Weltmarktführer Givaudan bildet Firmenich das «Silicon Valley der Düfte» in der Nähe von Genf. Die beiden Schweizer Firmen beherrschen zusammen mit der amerikanischen IFF und Symrise aus Deutschland rund die Hälfte des gesamten weltweiten Markts. Firmenich ist punkto Umsatz die Nummer drei. 

Sei es in Duschgels, in Deos, in bekannten Parfüms wie denjenigen von Hugo Boss, aber auch in Esswaren wie Bonbons oder Joghurts: In etlichen Produkten sind Duftstoffe und Arome von Firmenich enthalten. Rund 4 Milliarden Menschen kommen laut «Forbes» jeden Tag mit den Produkten von Firmenich in Kontakt.

Nun wird Firmenich eigentlicher Juniorpartner – die von der Firma selber oft betonte Unabhängigkeit gibt es bald nicht mehr. Die Aktionäre von DSM werden über 65 Prozent der Aktien an der neuen Firma halten, Firmenichs Aktionäre, darunter etliche Familienmitglieder, den Rest. Und auch der Standort Genf wird seine Bedeutung verlieren. Das neue Unternehmen wird seinen Hauptsitz in Kaiseraugst AG haben. 

Trösten dürfen sich die Familienmitglieder mit der Tatsache, dass das Zusammengehen eine Barzahlung von 3,5 Milliarden Euro einbringt.

Das Zusammengehen kam überraschend – auch weil DSM nicht gerade viel mit den Produkten von Firmenich zu tun hat. DSM produziert heute unter anderem Nahrungsmittelzusätze. 

Trösten dürfen sich die Familienmitglieder mit der Tatsache, dass das Zusammengehen von Firmenich und DSM den Aktionären von Firmenich eine Barzahlung von 3,5 Milliarden Euro einbringt. Die «Bilanz» geht davon aus, dass das Vermögen der 45 Mitglieder zählenden Firmenich-Familie bereits heute um die 9,5 Milliarden Franken beträgt. 

1895 ging es los

Angefangen hat alles bereits 1895. Damals gründete Philippe Chuit, der Schwiegersohn von Charles Firmenich, ein Unternehmen, das synthetische Parfüms und Aromen herstellt. Treibende Kraft war danach Fred Firmenich, unter dem die Firma 1934 in Firmenich umgetauft wurde. 

Patrick Firmenich selbst wird es derweil kaum langweilig werden. Erstens hat er nach dem Zusammengehen mit DSM als Vizeverwaltungsratpräsident immer noch eine gewichtige Rolle in einem Unternehmen mit alsbald 28’000 Mitarbeitenden inne. Zudem sitzt er bei der UBS im Verwaltungsrat – er wurde 2021 in das Gremium gewählt. 

Philipp Felber-Eisele ist Wirtschaftsredaktor bei Tamedia. Er berichtet über Wirtschaftspolitik direkt aus Bundesbern. Der Germanist und Historiker ist seit 2019 bei Tamedia als Journalist tätig. Mehr Infos@felbereisele

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