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Extremereignis in Indien und Pakistan: Klimawandel hat Hitzewelle 30-mal wahrscheinlicher gemacht

Extremereignis in Indien und PakistanKlimawandel hat Hitzewelle 30-mal wahrscheinlicher gemacht

Eine Analyse zeigt, dass die Erderwärmung stark zu dem aktuellen Ereignis beigetragen hat. Mit weiter steigenden Temperaturen dürfte solche Hitze immer häufiger werden.

Menschen kühlen sich im Meer bei Mumbai, Indien, ab. Aufgenommen am 19. Mai 2022. 

Menschen kühlen sich im Meer bei Mumbai, Indien, ab. Aufgenommen am 19. Mai 2022. 

Foto: Divyakant Solanki (Keystone)

Seit Anfang März ächzen vor allem Indien und Pakistan unter einer beispiellosen Hitzewelle. Der Klimawandel habe diese Extremtemperaturen rund 30-mal wahrscheinlicher gemacht, schätzen nun Klimaforscherinnen und -forscher, die sich in der World-Weather-Attribution-Initiative zusammengeschlossen haben.

Es ist schwer, präzise festzustellen, wie oft mit solchen immer noch seltenen Ereignissen zu rechnen ist, zumal viele Datenreihen nur wenige Jahrzehnte zurückreichen. Auf der Basis der verfügbaren Daten gehen die Forscher jedoch davon aus, dass eine Hitzewelle wie die aktuelle im heutigen Klima etwa alle hundert Jahre auftreten dürfte. Ohne die bisherige Erwärmung von rund 1,2 Grad Celsius wäre sie demnach praktisch unmöglich gewesen.

Vertrocknete Äcker, Brände und die Stromversorgung kurz vor dem Kollaps: Indien leidet unter der Hitze. Der westliche Bundesstaat Rajasthan ist dringend auf Wasserlieferungen angewiesen.

Video: Tamedia / AFP

Mit fortschreitender Erwärmung dürften solche Ereignisse jedoch häufiger auftreten, wie die Wissenschaftler betonen. Wenn sich das Klima etwa um 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erwärmt, wären derartige Hitzewellen nochmals 2- bis 20-mal wahrscheinlicher. Es könne allerdings sein, dass diese Zahlen die aktuelle und die künftige Wahrscheinlichkeit für solche Hitze noch unterschätzten.

Die Analyse konzentriert sich auf die maximalen täglichen Temperaturen in den Monaten März und April im Nordwesten Indiens und im Südosten Pakistans, den am schwersten betroffenen Regionen. Der März war in Indien der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 122 Jahren, im April nahm die Hitze noch zu.

In einigen indischen Bundesstaaten gingen die Weizenerträge deutlich zurück

Hitzewellen vor der Monsunsaison sind in der Region nicht ungewöhnlich. In diesem Fall waren die Temperaturen aber schon sehr früh im Jahr extrem, hinzu kamen deutlich unterdurchschnittliche Regenfälle. Beides zusammen hatte schwere Folgen für die öffentliche Gesundheit und die Landwirtschaft. Laut ersten Schätzungen gingen in den indischen Bundesstaaten Haryana, Uttar Pradesh und Punjab die Weizenerträge um 10 bis 35 Prozent zurück. Zu welcher Übersterblichkeit die Hitze geführt hat, lässt sich noch nicht sagen.

«In den Staaten, aus denen wir Daten haben, sind Hitzewellen die tödlichsten Extremwetterereignisse», sagt Friederike Otto vom Imperial College London, die an der Analyse beteiligt war. «Gleichzeitig nehmen sie in einer sich erwärmenden Welt am stärksten zu.»

Laut Co-Autor Mathias Hauser vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich ist es nicht immer einfach, den Anteil des Klimawandels an extremen Wetterereignissen zu beziffern, «weil immer eine grosse zufällige Komponente enthalten ist. Man kann daher nicht sagen: Ohne Klimawandel wäre das niemals passiert», sagt Hauser.

Was sich indes sagen lässt, ist, ob der Klimawandel das Ereignis wahrscheinlicher gemacht hat. «Dazu analysieren wir Simulationen von Klimamodellen, einmal mit einem tieferen CO₂-Wert in der Atmosphäre, also ohne Erderwärmung, und einmal mit dem heutigen CO₂-Wert», sagt Hauser, der für die Studie die Daten einiger Modellrechnungen analysiert hat. Aus der Differenz der Modellrechnungen mit und ohne Klimawandel lasse sich dann ermitteln, um wie viel wahrscheinlicher der Klimawandel ein Extremereignis wie die Hitze in Indien und Pakistan gemacht hat.

Joachim Laukenmann ist Redaktor im Team Wissen. Seine Schwerpunkte sind Physik, Astronomie, Mobilität, Energie und Klimawandel. Er hat Physik studiert und in Kosmologie promoviert. 2008 erhielt er den Alstom Journalistenpreis. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Wissenschaftsjournalismus.

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@JoLauki

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