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«Expedition in unbekanntes Gelände»: Roger Köppel geht auf Billig-Expansion nach Deutschland

«Expedition in unbekanntes Gelände» Roger Köppel geht auf Billig-Expansion nach Deutschland

Der «Weltwoche»-Chef will das deutsche Publikum mit einer E-Paper-Version des Wochenblatts erobern. Branchenkenner haben Fragezeichen.

Roger Köppel liest die «Weltwoche», das Blatt, das er verlegt, dessen Chefredaktor und Alleinbesitzer er ist. Jetzt will er mehr deutsche Leser gewinnen.

Roger Köppel liest die «Weltwoche», das Blatt, das er verlegt, dessen Chefredaktor und Alleinbesitzer er ist. Jetzt will er mehr deutsche Leser gewinnen.

Foto: Keystone

«Digitale Frischluft aus den Bergen» verspricht Roger Köppel in einer Medienmitteilung vom Freitag. Der Chefredaktor, Verleger, Verwaltungsratspräsident und Alleininhaber der «Weltwoche» kündigt darin eine Expansion auf dem deutschen Zeitungsmarkt an.

Ab sofort erscheint das Wochenblatt in einer Deutschland-Ausgabe. Diese wird allerdings nicht gedruckt, sondern nur als E-Paper und als Mobile App vertrieben. Erscheinungstag ist jeweils Freitag, einen Tag nach dem Schweizer Original.

Billiger als das Original

Ein Monatsabonnement der deutschen Ausgabe kostet umgerechnet 16 Franken. Zum Vergleich: Das digitale Abonnement der Schweizer Ausgabe kostet im Halbjahresabo 29 Franken pro Monat. Deutsche Leserinnen und Leser erhalten rund 50 Seiten «Weltwoche». Die letzte Schweizer Printausgabe hatte 84 Seiten.

Inhaltlich verspricht Köppel dem deutschen Publikum primär eines: Meinungsvielfalt. «Unsere Deutschland-Ausgabe verfolgt keine bestimmte politische Linie, sie will vor allem zum Selberdenken anregen.» Die Distanz und die «qualifizierte Ahnungslosigkeit des Schweizers, der auf Deutschland schaut», sei die Stärke der deutschen «Weltwoche».

«Eine Wundertüte voller Themen.» Titelblatt der ersten Deutschland-Ausgabe der «Weltwoche».

«Eine Wundertüte voller Themen.» Titelblatt der ersten Deutschland-Ausgabe der «Weltwoche».

Foto: «Weltwoche»

Stockt Köppel seine Redaktion für die Deutschland-Ausgabe auf? Er sagt: «Das wird man sehen, je nach Bedarf». Mit anderen Worten: Die «Expedition in unbekanntes Gelände» (Köppel über die Expansion) ist, mindestens vorerst, nicht mit journalistischen Investitionen verbunden.

Gerüchte um Investoren

Gerüchte, wonach der ehemalige Credit-Suisse-Manager Leonhard Fischer bei der «Weltwoche» als Investor eingestiegen sei, dementiert Köppel: «Fischer ist als Verwaltungsrat an Bord, aber nicht als Investor.» Der heute selbstständige deutsche Investmentbanker sei eine erfahrene und erfolgreiche Führungspersönlichkeit mit besten Verbindungen.

Als Ziel für die Expansion auf dem deutschen Markt gibt Köppel an, für sein Blatt «profitables Wachstum» zu erreichen. Optimistisch stimme ihn, dass die «Weltwoche» in Deutschland bereits steigende Leserzahlen verzeichne, sowohl online als auch in der gedruckten Version. Auch eine Expansion nach Österreich sei denkbar. «Ich habe gute Resonanz auf die monatliche Sendung ‹Der Pragmaticus›, die ich auf Servus TV in Wien moderiere.»

«Nur die Glücklichen und die Sparsamen werden überleben.»

Roger Köppel

Zudem erreichen laut Köppel die Onlinesendungen «Weltwoche daily» und «Weltwoche daily international» täglich «Hunderttausende» Zuschauer in der Schweiz, Deutschland und Österreich.

Abschied aus der Politik

Politisch tritt der Verleger kürzer. Bei den Wahlen am 22. Oktober kandidiert der SVP-Nationalrat nicht mehr. Die Politik sei für ihn ein Milizamt neben seinem Hauptberuf als Unternehmer und Journalist gewesen, sagt Köppel. «Die grenzüberschreitende digitale Expansion motiviert mich, jetzt wieder alles für die ‹Weltwoche› zu geben.»

Branchenkenner stehen den Expansionsplänen kritisch gegenüber, obwohl Deutschland ein grosser Lesermarkt bietet. «Das hätte vielleicht Sinn gemacht, als Köppel vor einigen Jahren in Deutschland auf dem Höhepunkt seiner Bekanntheit war und in vielen Talkshows auftrat», sagt ein Journalist, der lange mit dem «Weltwoche»-Verleger zusammengearbeitet hat. Heute sei Köppel in Deutschland viel weniger präsent.

Investitionen in Millionenhöhe wären nötig

Ein Verlagsexperte bezweifelt, dass ein E-Paper das richtige Vehikel für eine Expansion ist: «So stellen sich die Print-Journalisten die Digitalisierung vor. Aber vor allem jüngere Leserinnen und Leser kann man so nicht ansprechen.» Um den deutschen Markt in einer rechtsbürgerlichen Nische wirklich zu erobern, wären Investitionen in Millionenhöhe nötig.

Wie viel Geld Roger Köppel für die Deutschland-Expedition in die Hand nimmt, will er nicht bekannt geben. Er sagt nur so viel: «Nur die Glücklichen und die Sparsamen werden überleben.»

Edgar Schuler ist Inlandredaktor und verfasst regelmässig den Newsletter «Der Morgen».Mehr Infos

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