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Einen passenderen Namen gibt's nicht – Chris Moneymaker löst einen Poker-Boom aus

Diese Sportler haben den perfekten Namen für ihre Sportart

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Diese Sportler haben den perfekten Namen für ihre Sportart

quelle: ap / peter dejong

Jassen ist unnötig kompliziert und unlogisch. Und ich mag es

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20. Mai 2010: Das Schweizer Team erleidet in Mannheim eine der bittersten Niederlagen der Neuzeit. Es folgt eine der heftigsten und spektakulärsten Massenschlägereien. Das 0:1 im WM-Viertelfinal gegen Deutschland ist eine verpasste Chance und ein Weckruf zugleich.

Für das Schweizer Nationalteam war es das erste Turnier unter Sean Simpson, nachdem die Ära Ralph Krueger nach den Olympischen Winterspielen in Vancouver ziemlich abrupt zu Ende gegangen war. Das WM-Debüt als Headcoach stand für Simpson unter besonderen Vorzeichen, nachdem der Kanadier nur wenige Tage nach dem Ausscheiden mit den ZSC Lions in den Playoff-Viertelfinals seinen neuen Job angetreten hatte.

Amateur Moneymaker im Heads-Up gegen Profispieler Farha.

Amateur Moneymaker im Heads-Up gegen Profispieler Farha.Bild: AP NY

Unvergessen

24. Mai 2003: In Las Vegas schlägt die grosse Stunde des Poker-Amateurs Chris Moneymaker. Mit seinem Triumph am Main Event der World Series of Poker (WSOP), der Poker-WM, löste der 27-jährige Amerikaner einen Boom aus – den Moneymaker-Effekt.

Jonas Schneeberger / Keystone-SDA

Chris Moneymaker, der Buchhalter aus Tennessee, schreckte im Mai 2003 nicht zurück – vor nichts und niemandem. 837 der 838 Gegner waren an diesem fünften Turniertag des bislang grössten Main Events eliminiert, einer blieb übrig, und das war mit Sam Farha einer der bekannten und renommierten der damals noch einigermassen überschaubaren Szene.

Nicht weniger als 2,5 Millionen Dollar standen im ungleichen Duell zwischen dem unerfahrenen 27-jährigen Amateur und dem 43-jährigen Profi nebst dem offiziellen Titel als Weltmeister auf dem Spiel, so viel wie noch nie in der damals 33-jährigen Geschichte des Main Events.

Im Heads-Up, dem Duell eins gegen eins, ging es also um Millionen, und man hätte annehmen können, dass sich jetzt endlich die Routine des Profis auszahlen würde, der zwar nur die Hälfte der Spielchips von Moneymaker ins Finale brachte, aber ein massives Plus an Erfahrung. Doch der Nobody, der zum ersten Mal überhaupt ein Live-Turnier spielte, zeigte sich von der ungewohnten Atmosphäre und dem auf dem Tisch liegenden Berg aus Dollarscheinen unbeeindruckt. Chris Moneymaker siegte und schrieb damit jene Cinderella-Story, die sein Leben über Nacht veränderte und die Popularität des Pokerspiels auf ein neues Level hievte.

Gleich in der ersten Final-Hand knöpfte Moneymaker seinem Gegner mit einem denkwürdigen Bluff eine Vielzahl an Chips ab. Mit einem blossen König als höchste Karte zwang er den minutenlang zögernden Farha zum Laydown, dem Verwerfen seiner Karten. Dabei hätte dieser den Durchgang mit seinem Neunerpärchen gewonnen und damit die Führung übernommen. Stattdessen lag der Profi mit 1,8 zu 6,6 Millionen Chips zurück, was sich als vorentscheidend erwies. Auch darum sprach ESPN-Kommentator Norman Chad vom «Bluff des Jahrhunderts».

Als Online-Qualifikant von ganz unten auf den Thron

Die Meldung über den Triumph des unscheinbaren Amateurs mit dem klingenden Namen ging um die Welt, zumal sie eine weitere ungewöhnliche Geschichte enthielt. Moneymaker, der gut genährte Buchhalter mit Baseballcap, Sonnenbrille und Dreitagebart im Henriquatre-Schnitt, der tatsächlich so heisst, war nicht nur ein Amateur wie viele andere, die sich versuchten. Er war sogar ein Online-Qualifikant – einer also, der sich die Teilnahme am Main Event nicht für die üblichen 10'000 Dollar erkaufte, sondern sie am PC für einen Bruchteil des Betrages über Qualifikationsturniere, sogenannte Satellites, erspielte. In seinem Fall betrug das Startkapital 39 Dollar. Die Wahrscheinlichkeit, es damit ans wichtigste Live-Turnier zu schaffen, ist verschwindend klein.

Den Effekt, den Moneymaker mit seinem Erfolg im Sog des aufkommenden Onlinespiels und den an den Live-Spieltischen für die TV-Zuschauer montierten Hole-Card-Kameras auslöste, konnte man in der Folge an den steigenden Teilnehmerzahlen und Preisgeldern ablesen. War die Zahl der Spieler am Main Event seit 1970 stetig von anfangs 6 auf gut 800 im Jahr 2003 gewachsen, verdreifachte sie sich in der Folge innert zwölf Monaten. Bis 2006 stieg das Preisgeld für den Sieger auf 12 Millionen Dollar an, seither bewegt es sich um die 10-Millionen-Marke.

Moneymaker kurz bevor ihm die 2,5 Millionen Dollar Preisgeld gehören.

Moneymaker kurz bevor ihm die 2,5 Millionen Dollar Preisgeld gehören.Bild: AP NY

Boom in der Schweiz abgeflacht – auch wegen der Gesetze

Chris Moneymaker seinerseits kehrte als Poker-Weltmeister nicht mehr in seinen alten Beruf zurück. Er liess sich als Werbeträger verschiedener Firmen verpflichten, veröffentlichte eine Autobiografie und tritt seither als Profi bei grösseren Turnieren an. Er sammelte bislang rund vier Millionen Dollar Preisgeld, konnte an seinen grössten Erfolg aber nur ansatzweise anknüpfen.

Seinen Job als Buchhalter hängte Moneymaker an den Nagel.

Seinen Job als Buchhalter hängte Moneymaker an den Nagel.Bild: AP

In der Schweiz ist der Zugang zum Online-Poker eingeschränkt. Als Folge einer Anfang 2019 vollzogenen Anpassung des Geldspielgesetzes und neuer Bestimmungen zu Netzsperren dürfen Online-Geldspiele nur noch mit Bewilligung und von Anbietern mit Sitz in der Schweiz durchgeführt werden. Auch in den USA gibt es seit 2006 massive Einschränkungen, seit 2011 dürfen die Betreiber keine Online-Geldspiele mehr anbieten.

Unvergessen

In der Rubrik «Unvergessen» blicken wir am Jahrestag auf ein grosses Ereignis der Sportgeschichte zurück: Ob hervorragende Leistung, bewegendes Drama oder witzige Anekdote – alles ist dabei.