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Diebstahl von Tieren: Warum werden Bienen gestohlen?

Diebstahl von TierenWarum werden Bienen gestohlen?

Wer Bienen stiehlt, muss Profi sein. Wem sie abhandenkommen, hat kaum eine Chance, sie zurückzubekommen. Was steckt hinter dem Bienenklau?

Wer Bienenvölker stiehlt, muss sich nicht nur mit den Tieren, sondern auch in der Szene auskennen.

Wer Bienenvölker stiehlt, muss sich nicht nur mit den Tieren, sondern auch in der Szene auskennen.

Foto: Getty Images

Diese Meldung sorgte für Aufsehen: Im April wurde einem Imker im freiburgischen Schmitten ein Kasten mit 40’000 Bienen gestohlen. Der Täter, ein anderer Imker, konnte ausfindig gemacht werden, und der Besitzer hat seine Bienen wieder zurückerhalten.

Der Diebstahl ist kein Einzelfall: 2019 wurden in Niederbipp vier Bienenvölker gestohlen und im aargauischen Muri zehn, gar zwanzig Völker waren es 2021 in Rufi im Kanton St. Gallen.

Wer stiehlt Bienen?

Für Martin Schwegler, Vorstandsmitglied von Bienen Schweiz, dem Branchenverband der Imkerinnen und Imker, ist klar: «Wer Bienen entwendet, muss im Umgang mit den Tieren ein Profi sein.» Die Person muss sich ausserdem in der Szene auskennen, um zu wissen, welche Völker für den Diebstahl geeignet sind. Es ergebe nämlich keinen Sinn, Bienen in Kästen zu stehlen, die ein anderes Wabenformat als das eigene aufweisen. Somit sind es Imker, die andere Imker bestehlen. Ein Dieb kundschafte zudem vorgängig den Standort der Bienenkästen aus, um in Erfahrung zu bringen, wann und wie er sich ungestört ans Werk machen könne. 

Warum werden die Tiere entwendet?

Ein Bienenvolk kostet rund 300 Franken. «Doch einen Markt für die Tiere gibt es nicht wirklich», sagt Martin Schwegler von Bienen Schweiz. Da nur mit gesunden und starken Völkern Honig geerntet werden kann, gibt ein Imker höchstens einem engen Imkerfreund eines ab. Und da längst nicht alle Bienenvölker den Winter überlebten oder sie im Frühling ihre Königin abstiessen, komme es halt vor, dass ein Imker sich auf illegale Weise ein neues Volk oder mindestens eine Königin beschaffen wolle. Die beste Zeit dazu ist im Frühling, wenn die Königin täglich bis zu 2000 Eier legt und das Volk wächst. Ein Bienenvolk mit viel Brut ist deshalb so wertvoll, da es sofort Ertrag bringen kann. «Damit kann der Imker ohne Zeitverlust und ohne viel Arbeit in die Honiggewinnung einsteigen», sagt Schwegler. 

Warum ein Imker einem anderen das antut, darüber kann man nur spekulieren. Schwegler vermutet Ehrgeiz oder Gier. «Manche wollen möglichst viel Honig gewinnen, diesen kann man für gutes Geld verkaufen.» Obwohl in der Schweiz die Imkerei grösstenteils nur als Hobby und nicht als Haupterwerb betrieben werde.

Martin Schwegler betont aber, dass Bienendiebstahl in der Schweiz eine Ausnahme sei. Verlässliche Zahlen gebe es keine, da nur vereinzelt Anzeige erstattet wird.

Wie können sich Imkerinnen und Imker schützen?

Auch wenn Bienendiebstähle in der Schweiz selten sind, machen sich Imkerinnen und Imker Sorgen. Denn sind die Bienen einmal weg, ist es fast unmöglich, sie wiederzufinden, geschweige denn das eigene Volk zu erkennen. Silvio Streiff, der bei Bienen Schweiz für die Zucht zuständig ist, rät deshalb als Erstes, die Kästen und Rahmen der Waben zu kennzeichnen. Weiter könne eine Wildtierkamera aufgestellt werden. Eine solche half in Schmitten, den Dieb ausfindig zu machen.

Zur Überwachung dienen auch Waagen, auf welchen die Bienenkästen stehen. Bei einer starken Gewichtsveränderung wird ein Alarm ausgelöst. Streiff weiss von Imkerinnen und Imkern, die Kästen gar mit einem GPS-Tracker versehen; solche Geräte können die geografische Position feststellen. Via Smartphone-App können sie so die Bewegung der Kästen nachverfolgen.

Wird ein Bienenvolk gestohlen, bedeutet dies für Imkerinnen und Imker einen finanziellen Verlust von mehreren Tausend Franken – dabei sind die Gewinne aus dem Honigverkauf eingerechnet. Bienenvölker könnten versichert werden, aber die meisten Imkerinnen und Imker würden darauf verzichten, weiss Martin Schwegler von Bienen Schweiz. «Denn es ist sehr schwer, nachzuweisen, dass ein Bienenvolk gestohlen wurde und nicht einfach gestorben und entsorgt worden ist.»

Wie ergeht es den Bienen?

Für die Imkerinnen und Imker ist ein Diebstahl schwer zu verkraften. Und wie ist das für die Tiere selbst, die sich plötzlich in einer anderen Umgebung befinden? Isabelle Bandi, Fachstellenleiterin Bienen am Inforama Rütti, sagt: «Für die Tiere ist es nicht so schlimm, die haben sich rasch am neuen Ort eingeflogen.» Bienen würden bisweilen auch von den Besitzern selber verschoben, das sei eine gängige Praxis. Gerade wenn an einem Standort die Blütezeit der Pflanzen vorbei sei. «Ich kenne Imker, die ihre Tiere vom Mittelland ins Tessin fahren, damit sie den Nektar anderer Blüten sammeln können», sagt Bandi. Dies ermögliche dann auch die Ernte anderer Honigsorten wie beispielsweise eines Akazien- oder Kastanienhonigs. Heikel sei einzig der Transport, dabei müssten die Kästen belüftet und die Tiere vor Hitze geschützt werden.  

Franziska Zaugg ist Redaktorin in den Ressorts Desk/Interaktion und Region Bern. Vor ihrer Ausbildung zur Journalistin hat sie eine Lehre als Dekorationsgestalterin gemacht.Mehr Infos@franziska_zaugg

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