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Bücherverbote in den USA: Amanda Gormans Gedicht wird als Gefahr für Kinder taxiert

Bücherverbote in den USAAmanda Gormans Gedicht wird als Gefahr für Kinder taxiert

Aufregung um Amanda Gormans gepriesenes Gedicht: Nach der Beschwerde einer Mutter hat ihm ein Schuldistrikt in Florida eine Altersbeschränkung verpasst.

Amanda Gorman trägt ihr Gedicht «The Hill We Climb» an der Feier zur Amtseinführung Joe Bidens vor.

Amanda Gorman trägt ihr Gedicht «The Hill We Climb» an der Feier zur Amtseinführung Joe Bidens vor.

Foto: Patrick Semansky (Keystone)

Bücherverbote: Darauf ist Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, besonders stolz. Er hat ein Gesetz eingeführt, das diese erleichtert. Eltern können sich beschweren, wenn ihnen die Schullektüre nicht passt. Das zuständige Schulkomitee stimmt dann jeweils darüber ab, ob die inkriminierte Lektüre tatsächlich die kindlichen Seelen verderben könnte – etwa weil sie von den Gräueln der Sklaverei berichtet oder von der Existenz queerer Menschen. Nun wurde, fast zeitgleich mit DeSantis’ offizieller Verkündigung seiner Präsidentschaftskandidatur, an einer Schule das Gedicht verboten, das Amanda Gorman für die Amtseinführung von Präsident Joe Biden 2021 geschrieben hat.

«The Hill We Climb» (in der zweisprachigen Ausgabe «Den Hügel hinauf») feiert, was die Kinder und Kindeskinder der Sklaven erreicht haben – und grundsätzlich die Idee eines geeinten, gerechten Amerika. «Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken», zitiert die heute 25-jährige Dichterin, die auf die orale Tradition der afroamerikanischen Poesie zurückgreift, dort die Bibel. Ihre Botschaft lautet, Amerikanerin zu sein, sei mehr als ein ererbter Stolz, sondern die Vergangenheit, «in die wir treten – und wie wir sie wiedergutmachen». Im Original: «Being American is more than a pride we inherit – it’s the past we step into, and how we repair it.»

Doch die Sache mit den Reparationen, mit der Schuld, welche die Nation im Lauf der Geschichte auf sich geladen hat, ist einer der Streitpunkte im derzeit alles beherrschenden, das Land spaltenden Kulturkrieg. So stellte die Mutter eines Kindes, das eine Volksschule in Miami Lakes besucht, den Antrag, das Langgedicht zu sperren. Es sei nicht edukativ, sondern propagiere indirekt Hassbotschaften. Das Gedicht «verursacht Verwirrung und indoktriniert die Schülerinnen und Schüler».

Die Beschwerdeführerin nennt die falsche Autorin (Oprah Winfrey schrieb das Vorwort zur Buchausgabe) und hält nichts von Rezensionen.

Die Beschwerdeführerin nennt die falsche Autorin (Oprah Winfrey schrieb das Vorwort zur Buchausgabe) und hält nichts von Rezensionen.

Foto: Florida Freedom to Read Project

Weil sie schon dabei war, forderte sie gleich auch den Bann für weitere Bücher. Am Ende gab die Kommission der Beschwerdeführerin in vier Fällen recht und sprach eine zumindest teilweise Zensur aus. Die Selektion der Bücher, die künftig neben «The Hill We Climb» in der Schulbibliothek weggeschlossen werden, spricht Bände: «The ABCs of Black History», «Cuban Kids» und «Love to Langston», eine illustrierte Biografie des afroamerikanischen Autors und Aktivisten Langston Hughes. Sie sind nun für Schülerinnen und Schüler unter der 6. Klasse unzugänglich.

Amanda Gorman zeigte sich auf den sozialen Medien schockiert über diese Aktion. Viele Kinder hätten ihr seit der Veröffentlichung von «The Hill We Climb» geschrieben, wie sehr das Gedicht sie ermutigt habe, ihre eigene Stimme zu finden. An einer seriösen Diskussion über das Werk habe die Beschwerdeführerin gar kein Interesse (diese nannte im Formular Oprah Winfrey als Autorin des Gedichts, obwohl Winfrey nur das Vorwort verfasst hatte).

Gorman warnt vor dem neuen Trend: 2022 habe es 40 Prozent mehr Anträge für Buchverbote gegeben als 2021; und die meisten der effektiv zensierten Bücher stammten aus der Feder von queeren oder nicht weissen Autorinnen und Autoren. Doch vereint werde man diesen Hügel überwinden, hofft Gorman und gibt sich kämpferisch. Die Zeichen dafür stehen allerdings nicht gut.

Alexandra Kedves arbeitet als Kulturredaktorin im Ressort Leben. Sie schreibt schwerpunktmässig über Theater sowie über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Konstanz, Oxford und Freiburg i Br.Mehr Infos

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