Die Brandrede von Chef Meuthen ist bei vielen Parteimitgliedern schlecht angekommen. Am Sonntag gibt es Widerspruch auf offener Bühne. Der Bundestagsvorsitzende Alexander Gauland muss ins Spital.

Ein AfD-Parteimitglied trägt eine Gesichtsmaske mi dem Aufdruck «Meinungsfreiheit».
Reuters
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen hat auf dem Bundesparteitag heftige Kritik für seine Eröffnungsrede einstecken müssen. «Wir brauchen eine Führung, die mutig und die freundlich ist», beides sei bei Meuthen nicht zu erkennen, sagte Birgit Bessin, die am Sonntag auf dem Parteitag in Kalkar am Niederrhein für den Landesverband Brandenburg sprach. Meuthen habe die Bühne «zur Abrechnung» missbraucht, womöglich weil er sich mit seinen Vorschlägen für ein Rentenkonzept nicht habe durchsetzen können.
«Seid ihr denn des Wahnsinns?», fragte anschliessend der Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter aus Brandenburg. Anstatt eine öffentliche Debatte über den Parteivorsitzenden anzuzetteln, sollte mögliche Kritik intern besprochen werden.
Scharfe Kritik an Provokateuren
Am Samstag hatten die mehr als 500 Delegierten ein sozialpolitisches Konzept beschlossen, das einen flexibleren Renteneintritt vorsieht und Altersarmut von Menschen mit langjähriger Erwerbstätigkeit verhindern soll. Bei Nachwahlen zum Bundesvorstand setzten sich drei Kandidaten durch, die dem gemässigteren Lager zugerechnet werden, als dessen Sachwalter sich Meuthen selbst versteht.
In seiner Rede hatte Meuthen am Samstag scharfe Kritik an «Provokateuren» in den eigenen Reihen geübt und die Partei zu «Disziplin» ermahnt. Er warnte vor aggressivem Auftreten und enthemmter Sprache sowie davor, sich ohne Einschränkung mit der «Querdenker»-Bewegung gemein zu machen.
Von den 600 Delegierten waren am Sonntag vormittags laut Versammlungsleitung 483 Delegierte anwesend. Um eine Verbreitung des Coronavirus auf dem Parteitag zu verhindern, hatte das Ordnungsamt in Kalkar eine Maskenpflicht für jeden, der nicht am Mikrofon steht, angeordnet.
Gauland im Spital
Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, hat nach Angaben von Parteifreunden am Sonntag den Bundesparteitag verlassen. Wie ein Mitglied des Parteivorstandes der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, fühlte sich der 79-jährige am Morgen nicht gut. Es sei aber nichts Ernstes. Ein Sprecher sagte, dem Ehrenvorsitzenden sei in der Nase eine kleine Ader geplatzt. Nach Angaben aus Parteikreisen verliess Gauland das Gelände mit einem Krankenwagen in Begleitung von zwei Fahrzeugen mit Berliner Kennzeichen.
Gauland hatte am Samstag, dem ersten Tag des zweitägigen Bundesparteitages, scharfe Kritik am Parteivorsitzenden Jörg Meuthen geübt, nachdem dieser in einer Rede unter anderem Gaulands Wortwahl angegriffen hatte. Meuthen hatte gesagt, in Deutschland herrsche keine «Corona-Diktatur». Gauland hatte in einer Rede im Bundestag von einer «Corona-Diktatur auf Widerruf» gesprochen. In einem Interview sagte Gauland in Kalkar, er brauche nicht «irgendwelche Zensuren von Jörg Meuthen für die Fraktionsführung».